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13. Dezember 2018 – Top 15: Steuern in Kommunen

Grundsteuerreform: Einnahmen der Kommunen erhalten

Klare Ansage aus dem Plenum: Die von Karlsruhe geforderte Reform zur Grundsteuererhebung soll den Kommunen bundesweit mindestens 14 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Dafür soll sich die Landesregierung einsetzen.

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Die Landesregierung setzt auf eine möglichst einfache Grundbesteuerung. Foto: dpa, Jens Büttner

Bei der anstehenden Reform der Grundsteuer müssen die Einnahmen der Kommunen langfristig gesichert werden. Das fordert der Landtag einstimmig. Dafür soll sich die Landesregierung bei den Verhandlungen in Berlin einsetzen. Umstritten blieb im Landtag jedoch, wie die Neugestaltung konkret aussehen soll. Bundesweit geht es um 35 Millionen Immobilien und um ein Steueraufkommen von 14 Milliarden Euro pro Jahr. Schleswig-Holsteins Kommunen nehmen jährlich etwa 450 Millionen Euro ein.

Diese wichtige Einnahmequelle müsse erhalten bleiben, damit die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können, so der Appell aus dem Landtag. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte zu, sich für die „Aufkommensneutralität“ der Reform einzusetzen: Sprich: Unter dem Strich soll die gleich Summe stehen wie bisher. „Es geht um viel für unsere Kommunen“, betonte Heinold und forderte den Berliner Gesetzgeber auf: „Bitte einigt euch!“

„Vereinfachtes Verfahren“ stößt auf Kritik

Die AfD hatte die Debatte angestoßen. Der Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis schlug ein „vereinfachtes Verfahren“ vor. Die Berechnung der Steuersätze will die AfD an die Grundstücksgröße koppeln. Der Vorschlag des Bundes, auch Mieteinnahmen zu berücksichtigen, würde zu erheblicher Mehrbelastung für Hausbesitzer in Ballungsgebieten führen, mahnte Nobis. Beate Raudies (SPD) sprach sich gegen dieses „vereinfachte Verfahren“ aus. Es sei eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, nicht nur die Fläche, sondern auch den Wert des Bodens und der Gebäude zu berücksichtigen. 

Ole Plambeck (CDU) warnte vor einer „weiteren Verteuerung des Wohnens“, weil Vermieter eine höhere Grundsteuer auf die Mieter abwälzen könnten. Auch Lasse Petersdotter (Grüne) will „das Vermögen und nicht das Vermieten besteuern“, und Lars Harms (SSW) mahnte: „Eine Erhöhung der Steuer führt immer auch zu höheren Wohnkosten.“ Annabell Krämer (FDP) ergriff dagegen Partei für die Hausbesitzer. Ziel der Steuerreform dürfe keine „Umverteilung“ sein, denn es gehe nicht um eine „Sozialsteuer“. Sie kündigte an: „Mit uns wird es keine Steuererhöhung durch die Hintertür geben.“

Bisherige Berechnungsgrundlage verfassungswidrig

Auslöser der Diskussion ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2018. Karlsruhe hat die bisherige Berechnungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, diese bis Ende 2019 zu überarbeiten. Derzeit wird sie im Westen nach dem Einheitswert des Jahres 1964 und im Osten nach dem Einheitswert des Jahres 1935 ermittelt. Die Hebesätze schwanken von Bundesland zu Bundesland zwischen 340 und 900 Prozent. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, so die Karlsruher Richter in der Urteilsbegründung.

Die AfD will die vom Bundesverfassungsgericht wegen völlig veralteter Bemessungsgrundlagen gekippte Grundsteuererhebung schnellstmöglich neu regeln. Die Zeit drängt, da Bundestag und Bundesrat bis Ende 2019 über ein neues Berechnungsmodell entscheiden müssen. Die Oppositionsfraktion schlägt vor, die Berechnung künftig an die Grundstücksgrößen zu koppeln. Eine Wertermittlung für jedes einzelne Grundstück, etwa in Bezug auf den durchschnittlichen aktuellen Verkaufspreis, sei zu zeitaufwändig und zu kostenintensiv, argumentiert die AfD.

CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW haben ein Alternativpapier vorgelegt. Darin wird die Landesregierung grundsätzlich aufgefordert, sich für eine fristgemäße Neuregelung einzusetzen, die auch künftig das jährliche Grundsteuer-Aufkommen von derzeit bundesweit 14 Milliarden sichert. Grundsätzlich angestrebt wird eine möglichst einfache Grundbesteuerung, die keine flächendeckend höhere Belastung für Bürger bedeutet. Welche Werte sich für einzelne Grundstücke und Bauten am Ende ergeben – also höhere oder niedrigere Abgaben für Hausbesitzer und Mieter – ist immer noch nicht klar. Hintergrund: Die Grundsteuer, die etwa für ein Mietshaus anfällt, wird anteilsmäßig über die Betriebskosten abgerechnet. Wenn sie erhöht wird, steigt also auch die Miete.

Bundesfinanzminister legt wertabhängiges Modell vor

In Berlin favorisiert Finanzminister Olaf Scholz (SPD) derzeit ein sogenanntes wertabhängiges Modell. Er will bei der notwendigen Neuordnung der Grundsteuer-Erhebung stärker den Wert und die anfallenden Nettokaltmieten jeder Immobilie berücksichtigen, weshalb regionale Unterschiede stärker zunehmen könnten. Die Bemessungsgrundlage soll sich künftig aus Nettokaltmiete, Wohnfläche, Baujahr, Grundstücksfläche und Bodenrichtwert zusammensetzen.

Um Mietsteigerungen vor allem in Ballungsräumen abzufedern, will Scholz die sogenannte Steuermesszahl senken und setzt darauf, dass die Kommunen ihre Hebesätze durch individuelle Erhöhungen oder Senkungen so anpassen, dass die Einnahmen und Belastungen der Bürger in etwa gleich bleiben. Wenn etwa der von den Städten und Gemeinden individuell festzulegende Hebesatz so bleiben würde wie derzeit, könnte die Grundsteuer um mehrere Prozentpunkte steigen, in Großstädten um bis zu 20 Prozent.

Sorge um 450 Millionen Euro für die Kommunen

In Kiel drückt Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold bei der angemahnten Reform der Grundsteuer aufs Gaspedal. Wenn es nicht zu einer zeitnahen Entscheidung komme, „verlieren die Kommunen in Schleswig-Holstein rund 450 Millionen Euro, auf die sie zwingend angewiesen sind, um ihre Aufgaben zu finanzieren“, sagte sie Ende November. Das dürfe auf keinen Fall passieren. Wie Scholz, befürworte sie ebenfalls ein wertabhängiges Modell: „Denn eine Wohnung auf dem Kieler Ostufer muss niedriger besteuert werden als eine Wohnung auf Sylt“, so Heinold. Dennoch werfe der Vorschlag von Scholz eine Reihe von Fragen auf, die nun zügig geprüft werden müssten.

Auslöser der aktuellen Diskussion ist ein Urteil aus Karlsruhe von Anfang April, das die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, diese bis Ende 2019 zu überarbeiten. Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen von Städten und Gemeinden. Derzeit wird die Grundsteuer im Westen nach einem Einheitswert des Jahres 1964 und im Osten nach dem Einheitswert des Jahres 1935 ermittelt – die Hebesätze schwanken von Bundesland zu Bundesland zwischen 340 und 900 Prozent. Diese Einheitsbewertung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, so Karlsruhe in der Urteilsbegründung.

Übergangsfrist gilt bis Ende 2024

Den Finanzämtern und Kommunen hat das Bundesverfassungsgericht für eine Neuregelung eine Übergangsfrist eingeräumt. Bis Ende 2024 darf die Grundsteuer noch nach den alten Grundstückswerten erhoben werden. Hintergrund für diese Zeitspanne ist die zu erwartende langwierige Werteermittlung, da die Grundstücke neu eingeschätzt werden müssen.

Aus einer jüngst bekanntgewordenen Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young geht hervor, dass Schleswig-Holsteiner in Deutschland derzeit die niedrigste Grundsteuer auf Immobilien zahlen. Der durchschnittliche Hebesatz der Kommunen im nördlichsten Bundesland liegt bei der Grundsteuer B mit 324 Prozent (2017) trotz eines Zuwachses um fünf Punkte weit hinter dem Wert von Spitzenreiter Nordrhein-Westfalen mit 534 Prozent. Fünf von deutschlandweit zwölf Gemeinden erheben im Norden gar keine Grundsteuer: Friedrichsgabekoog, Hillgroven, Norderfriedrichskoog, Südermarsch und Wesselburener Deichhausen. Am meisten verlangt Glücksburg mit 700 Prozent. Bundesweit fallen rund 35 Millionen Grundstücke unter die Grundsteuer.

(Stand: 10. Dezember 2018)

Anträge

Grundsteuer-Aufkommen der Gemeinden sichern
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/693

Alternativantrag der Fraktionen der CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/706

Alternativantrag der Fraktionen der CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/1131