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15. Februar 2019 – Top 31: Cannabis

Keine Legalisierung in Sicht

Ein vom SSW vorgeschlagenes Modellprojekt zur kontrollierten Freigabe von Cannabis bringt Streit in die Jamaika-Koalition. Nun soll weiter geprüft werden.

Meyer Flemming SSW Februar 2019
Der SSW-Abgeordnete Flemming Meyer kritisiert die bisherige Drogenpolitik als „kläglich gescheitert“. Foto: Michael August

Der Landtag ist uneins, ob Cannabis unter strenger Kontrolle legalisiert werden soll. Auch innerhalb der Jamaika-Koalition gibt es dazu unterschiedliche Ansichten. Während CDU und AfD ein vom SSW gefordertes Modellprojekt in der Debatte klar ablehnten, forderten alle anderen Fraktionen eine möglichst schnelle Umsetzung. Dennoch stimmten auch Grüne und FDP für einen Alternativantrag der Regierungskoalition, der die Landesregierung auffordert, zunächst die Möglichkeiten für einen Modellversuch weiter zu prüfen. Der SSW-Antrag wurde abgelehnt. Er fand nur die Zustimmung der SPD.

„Wir wollen mit unserem Antrag weder den Absatz von Cannabis ankurbeln, noch Menschen zum Kiffen verleiten“, betonte  Flemming Meyer (SSW). Es gehe vielmehr um den Schutz derjenigen, die Cannabis konsumieren, eine wirksamere Prävention und eine Aufklärung über die  verbundenen Risiken. Die bisherige Drogenpolitik mit Kriminalisierung und Strafverfolgung sei  „längst gescheitert“, konstatierte Meyer.

FDP: „Illegalität verstärkt Weg zu härteren Drogen“

Ähnlich äußerten sich auch SPD, Grüne und FDP. Kriminalisierung habe „keine präventive Wirkung entfalten können“, erklärte SPD-Gesundheitsexperte Bernd Heinemann. Der Konsum von Cannabis steige in Deutschland weiter und binde Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte. „Die Entlastung an dieser Stelle würde Ressourcen für wirksame Prävention, Aufklärung sowie für einen konzentrierten Kampf gegen den illegalen Drogenhandel frei machen“, sagte Heinemann.

Auch Dennys Bornhöft (FDP) unterstrich, das Verbot von Cannabis sei gescheitert. Jeder siebte Minderjährige habe heute schon zu der Droge gegriffen. Die Illegalität verstärke „den Weg zu härteren Drogen“. Bornhöft outete sich: „Auch wenn ich anders aussehe, ich habe noch nie in meinem Leben gekifft und ich werde es niemals tun.“

CDU: „Cannabis ist Einstiegsdroge“

Das sah Andrea Tschacher (CDU) ganz anders: Cannabis an sich sei „eine Einstiegsdroge“, deren Konsum den Weg zu harten Drogen ebne. „Die Legalisierung von Cannabis würde – so wie es auch bei Tabak und Alkohol der Fall ist – den Konsum bei Jugendlichen erleichtern“, merkte sie an. Genau an dieser Stelle widersprach Burkhard Peters (Grüne): „Die eigentlichen Einstiegsdrogen sind Tabak und Alkohol“, sagte er. Mit dem Verbot von Cannabis gebe der Staat die Kontrolle über den Jugendschutz und die Reinheit der Droge auf. „Der gigantische Drogenhandel wird in den Schwarzmarkt verdrängt. Und Verbraucher- und Jugendschutz gibt es auf dem Schwarzmarkt nicht“, betonte er.

Claus Schaffer (AfD) erklärte, der „bocklose Kiffer, der sich das Gehirn weggeraucht hat“, sei Realität. Seine Fraktion lehne daher eine Freigabe strikt ab. Nur weil ein polizeilicher Erfolg bei den Delikten nicht erkennbar sei und keine Strafe folge, dürfe Cannabis nicht legalisiert werden. Die Landesregierung würde sich wünschen, dass die Bundesregierung den Weg für ein Modellprojekt frei macht, sagte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Derzeit sei so ein Projekt aber „nicht einfach umzusetzen“. Für sein Haus sei eine Prüfung daher auch noch nicht abgeschlossen.

Schleswig-Holstein soll nach Ansicht des SSW ab 2020 einen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis starten. Die Abgeordneten der Partei der dänischen Minderheit erinnern mit ihrem Antrag die Jamaika-Koalition an deren Koalitionsvertrag. Dort hatten sich CDU, Grüne und FDP auf einen entsprechenden Versuch geeinigt. Passiert sei aber noch nichts, moniert der SSW.

Die bisherige Drogenpolitik, die auf Kriminalisierung und Strafverfolgung setze, sei „kläglich gescheitert“, heißt es in dem SSW-Antrag. Sie sei zu teuer und ineffektiv. Daher bestehe Handlungsbedarf. Denn der Cannabis-Konsum steige – ebenso wie der THC-Gehalt in den gehandelten Produkten. Daran würden auch Verbote und Strafen nichts ändern. Das habe die Erfahrung gezeigt. Eine kontrollierte Abgabe mit entsprechender Aufsicht könne hingegen eine sinnvolle Alternative sein, auch um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

Landesregierung weist Kritik zurück

Die Landesregierung weist laut Medienberichten den Vorwurf der Verzögerung zurück. Schleswig-Holstein habe sich auf Bundesebene bereits dafür eingesetzt, die rechtlichen Voraussetzungen für Modellversuche zu schaffen. Die gelte es abzuwarten. Schleswig-Holstein hatte sich schon 2017 gemeinsam mit anderen Ländern im Bundesrat für die Möglichkeit wissenschaftlich begleiteter Versuchsprojekte mit kontrollierter Cannabisabgabe und für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes eingesetzt. Dies sei jedoch abgelehnt worden, teilte das Ministerium mit.

Im Landtag war zuletzt 2016 ein Antrag der Piraten zur Legalisierung von Cannabis verraucht. In namentlicher Abstimmung lehnten damals alle Abgeordneten der anderen Fraktionen eine Bundesratsinitiative für eine bundeseinheitliche Freigabe der Droge an Erwachsene ab. Vor allem CDU und SPD kritisierten „Freizeitkiffen“ werde auf diese Art „hoffähig“ gemacht.

Cannabis-Anbau auch in Schleswig-Holstein

Kürzlich hat der kanadische Konzern Nuuvera in Neumünster ein 8000 Quadratmeter großes Grundstück für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken gekauft und wartet derzeit auf die Lizenz aus dem laufenden Ausschreibungsverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Parallel entsteht in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) eine Art Hochsicherheitsdepot für die Lagerung von fünf Tonnen der Hanfpflanze aus Importen.

(Stand: 11. Februar 2019)

Antrag

Modellprojekt zur kontrollierten Freigabe von Cannabis umsetzen
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/1241

Alternativantrag

...der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/1272