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20. Juni 2019 – Juni-Plenum: Rettungsgassen

Scharfe Kritik am „Egoismus“ am Steuer

Die Videos von Autofahrern, die in einem Stau kehrtmachen und die Rettungsgasse blockieren, haben im Mai die Öffentlichkeit schockiert. Die SPD will dies schärfer sanktionieren – steht damit im Landtag aber fast allein da.

Rettungsgasse Wendemanöver
Auslöser der Debatte: Im Mai sollen mehrere Autofahrer nach einem Verkehrsunfall auf der Autobahn 1 bei Lübeck im entstandenen Stau gewendet und durch die Rettungsgasse zurückgefahren sein. Foto: dpa, Daniel Reinhardt

Nach einem schweren Unfall auf der A 1 bei Lübeck im Mai haben angeblich rund 40 Autofahrer im entstandenen Stau gewendet und sind durch die Rettungsgasse zurückgefahren. Die SPD fordert nun härtere Strafen für solche Wendemanöver. Der Abgeordnete Kai Vogel prangerte das „katastrophale Fehlverhalten“ der Autofahrer an. Wer so egoistisch handle, behindere die Einsatzkräfte und gefährde Leben. Dies müsse mit einem Fahrverbot bestraft werden, forderte Vogel.  

„Die jetzigen Bußgelder wirken kaum“, betonte der Sozialdemokrat. In Deutschland beginne der Strafenkatalog bei 75 Euro, in Österreich seien es hingegen mehr als 700 Euro. Selbst das Ignorieren einer roten Ampel werde derzeit strenger geahndet. „Die SPD fordert etwas, das bereits der geltenden Rechtslage entspricht“, entgegnete Claus Christian Claussen (CDU). Es seien aktuell Bußgelder bis zu 320 Euro möglich, dazu ein Monat Fahrverbot sowie Punkte in Flensburg. Bei Gefährdung von Leib und Leben sei sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Auch Claussen prangerte den „zunehmenden und radikalen Egoismus“ auf den Straßen an – „aber mit einer Erhöhung der Bußgelder kommen wir nicht weiter.“

„Viele handeln aus Unwissenheit“

Burkhard Peters (Grüne) wies darauf hin, dass nur in 15 Prozent der Fälle spontan eine Rettungsgasse gebildet werde. „Vielen scheint nicht bewusst zu sein, dass auch bei den üblichen Staus, auch ohne Unfall, eine Gasse zu bilden ist“, merkte Peters an. Auf dreispurigen Autobahnen seien Autofahrer aus Unwissenheit überfordert, wie die Gasse korrekt gebildet werden soll, hat Jörg Hansen (FDP) beobachtet.

Claus Schaffer (AfD) hielt den Sozialdemokraten „populistisches Getöse“ vor: „Wir haben kein Normendefizit sondern höchstens ein Vollzugsdefizit.“ Flemming Meyer (SSW) bekundete hingegen Sympathie für den SPD-Vorstoß: „Man geht davon aus, dass Einsatzkräfte den Unfallort in einer Rettungsgasse bis zu vier Minuten schneller erreichen als über den Standstreifen. Dadurch können die Überlebenschancen der Unfallopfer um bis zu 40 Prozent erhöht werden.“

„Strafen erst kürzlich verschärft“

Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) wies darauf hin, dass der Bußgeldkatalog bereits 2017 „massiv verschärft“ worden sei. Für die nicht rechtzeitige Bildung einer Rettungsgasse droht nun eine Strafzahlung von 200 statt von 20 Euro. „Aber das ist bis heute in so manchem Kopf nicht angekommen“, klagte der Minister. Autofahrer müssten über die Folgen ihres Handelns aufgeklärt werden – die Formel „mehr Sicherheit durch höhere Strafen“ treffe hingegen nicht zu, sagte Buchholz.

Am gestrigen Mittwoch wurde bekannt, dass die Polizei zehn Autofahrer ermittelt hat, die im Mai in der Rettungsgasse gewendet hatten. Die Fahrer erhalten ein Bußgeld von 400 Euro – doppelt so viel wie üblich –  sowie einen Monat Regelfahrverbot. 

Der Wirtschafts- und der Innen- und Rechtsausschuss beraten das Thema weiter.

In einem Antrag fordert die SPD härtere Strafen für Wendemanöver in Rettungsgassen auf Autobahnen. Ein solches Vergehen sei kein Kavaliersdelikt, heißt es. Damit würden die Rettungsdienste gefährdet und die schnelle Versorgung der Unfallopfer behindert. „Wer sich so verhält, muss mit einem Fahrverbot bestraft werden und darf nicht nur mit einer Geldstrafe davonkommen“, so der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Kai Vogel.

Die SPD fordert zudem, dass sich die Landesregierung im Bundesrat „für ein deutlich höheres Bußgeld bei Verstößen gegen die Pflicht zur Bildung von Rettungsgassen nach Unfällen einsetzt“. Zusätzlich sollen nach dem Willen der Opposition präventiv neben den Randstreifen aller Autobahnen in Schleswig-Holstein künftig Hinweistafeln in regelmäßigen Abständen von 50 Kilometern auf die Notwendigkeit der Bildung von Rettungsgassen hinweisen.

Am gestrigen Mittwoch wurde bekannt, dass die Polizei zehn Autofahrer ermittelt hat, die Wendemanöver gemacht haben. Die Fahrer erhalten ein Bußgeld von 400 Euro – doppelt so viel wie üblich –  sowie einen Monat Regelfahrverbot.

Verkehrsminister skeptisch

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte, das Wenden in Rettungsgassen könne bereits jetzt unter Umständen als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gewertet werden und ein zeitweises Fahrverbot nach sich ziehen. Er sei skeptisch, ob reflexartige Forderungen nach höheren Strafen der richtige Weg seien. Buchholz wies daraufhin, dass er sich aber bereits bei der Frühjahrs-Verkehrsministerkonferenz für eine Reform des Bußgeldkatalogs ausgesprochen habe.

Nach einem schweren Auffahrunfall auf der Autobahn 1 bei Lübeck im Mai ermittelt die Polizei gegen Autofahrer, die offenbar im entstandenen Stau gewendet haben. Bei der Polizei waren demnach zahlreiche Hinweise auf Fahrer eingegangen, die durch die Rettungsgasse zum Kreuz Lübeck zurückgefahren seien. Unter den Hinweisen waren den Angaben zufolge auch Videosequenzen.

(Stand: 20. Juni 2019)

Antrag

Fahrverbot beim Wenden in der Rettungsgasse
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1532