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28. August 2019 – August-Plenum

Diskussion um Mietpreisbremse geht weiter

Zankapfel Mietpreisbremse: Das Instrument spaltet weiter den Kieler Landtag. Koalition und Opposition setzen unterschiedliche Akzente beim Thema bezahlbares Wohnen.

Mietwohnung Miete Wohnraum Kiel Illustration
Wie geht es weiter mit der Mietpreisbremse? Die SPD sieht Gesprächsbedarf. Foto: dpa, Frank Molter

Die Landesregierung wird sich im Bundesrat für härtere Maßnahmen gegen Mietwucher einsetzen. Das kündigte der für den Wohnungsbau zuständige Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einer von der SPD auf die Tagesordnung gesetzten Aktuellen Stunde an. Für die SPD reicht das nicht aus. Schleswig-Holstein halte „am Irrweg fest und will das Kind mit dem Bade ausschütten“, nahm Oppositionsführer Ralf Stegner die Ankündigung der Jamaika-Koalition aufs Korn, die Mietpreisbremse im Land im November auslaufen zu lassen.

Die Abkehr von der Mietpreisbremse sei, so Stegner, „ein trauriger Kniefall vor Spekulanten und Renditejägern“. CDU und FDP fehle „der soziale Kompass“, die Grünen ließen sich „an die Wand spielen“. Die stetig steigenden Mietpreise nannte der SPD-Fraktionschef „eines der größten sozialen Probleme unserer Zeit“ und Ausdruck eines „defekten Marktes“.

Jamaika setzt auf Neubau

Der Wohnungsmangel könne nur durch den Neubau und nicht durch „partielle Regelungen der Miete in bestimmten Orten“ verbessert werden, hielt Wohnungsbau-Minister Grote dagegen. Die weitere Verschärfung der Mietpreisbremse auf Bundesebene nannte er „aufs Prinzip Hoffnung gesetzt“. Es sei falsch zu glauben, man müsse an einem Instrument nur lange genug Änderungen vornehmen, dann würde es irgendwann etwas Positives hervorbringen. Das Grundproblem werde damit nicht gelöst. Grote: Im Wirtschaftsstrafrecht gebe es bereits Möglichkeiten, gegen Mietwucher vorzugehen. Das müsse konsequenter genutzt werden. Ziel sei eine Regelung gegen schwarze Schafe und nicht gegen Vermieter, betonte der Minister.

Hintergrund: In Berlin haben die Regierungspartner CDU und SPD vergangene Woche beschlossen, die 2015 ins Leben gerufene Mietpreisbremse um fünf Jahre bis zum Jahr 2025 zu verlängern und in Teilen zu verschärfen. Die Position der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein, neuen Wohnraum zu schaffen statt Mietpreise zu begrenzen, unterstrich Peter Lehnert (CDU). Es werde in Kürze einen Wohnentwicklungsplan geben und ein Wohnungsbauprogramm mit 800 Millionen Euro umgesetzt, kündigte er an. Er verwies darauf, dass es schleswig-holsteinische Sozialdemokraten gewesen seien, die in ihrer Regierungszeit zehntausende landeseigene Wohnungen „zu Schleuderpreisen“ an große Immobilienkonzerne verkauft habe.

Liberale fordern Prämien und Freibeträge

Auch die Fraktionsvorsitzender Grünen, Eka von Kalben, nannte die Mietpreisbremse „ein stumpfes Schwert“. Wenn es genügend Wohnraum gebe, könnten Mieten auch nicht steigen. Christopher Vogt (FDP) erklärte, die Mietpreisbremsen hätten „noch nie“ in Deutschland zu guten Ergebnissen geführt. „Der Staat allein wird das Problem nicht lösen.“ Die Liberalen seien nicht unbedingt für eine Senkung der Grunderwerbssteuer, eher für Prämien oder Freibeträge für junge Familien. Auch AfD-Fraktionschef Jörg Nobis sprach sich für mehr Neubau aus. Mit „bürokratischen Fesseln“ würden gerade kleine und mittelständische Vermieter „drangsaliert“. Die Energiewende treibe zudem die Mietnebenkosten nach oben, so Nobis.

14 Prozent der Bevölkerung in Schleswig-Holstein, die von einer Mietpreisbremse profitieren, werden von der Jamaika-Koalition „vor den Kopf gestoßen“, ereiferte sich Lars Harms (SSW). Die angekündigte Erhöhung des Wohngelds bringe bei steigenden Mieten ohne Begrenzung nichts. „Da freut sich der Vermieter, dass er das Geld auch noch einstreichen kann“, so Harms. Das geplante Neubauprogramm sei gut für künftige Generationen, helfe aber nicht akut, kritisierte Harms.

Während die Koalitionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP die Mietpreisbremse und Kappungsgrenzen-Verordnung in Schleswig-Holstein zum 30. November auslaufen lassen wollen, vereinbarten in Berlin die Regierungspartner CDU und SPD vergangene Woche, die 2015 ins Leben gerufene Mietpreisbremse um fünf Jahre bis zum Jahr 2025 zu verlängern und in Teilen zu verschärfen. Die SPD-Fraktion im Norden reagierte sofort und beantragte eine Aktuelle Stunde zum Thema: „Mieterinnen und Mieter wirksam schützen – Verbesserungen beim Mietpreisschutz auch in Schleswig-Holstein konsequent umsetzen.“

Insbesondere Union und FDP im Landtag hatten in der März-Sitzung hervorgehoben, die Mietpreisbremse sei wirkungslos verpufft. Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) erklärte, die Vorschriften würden mehr das Gefühl vermitteln, es werde etwas getan, als dass sie wirksam etwas nutzten. Die SPD konterte mit einem – später mehrheitlich abgelehnten – Antrag: „Keine Rolle rückwärts beim Mieterschutz“.

Verfassungsrichter sehen keine Beanstandung

Den jüngsten Berliner Plänen zufolge, darf die Miete bei neuen Verträgen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt nicht mehr als zehn Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen. Bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse soll zu viel gezahlte Miete für einen Zeitraum von 2,5 Jahren nach Vertragsschluss auch rückwirkend zurückgefordert werden können. Zudem sollen Mietpreisspiegel, wie sie die meisten großen Städte in Deutschland erstellen, nicht mehr mit vier Jahre zurückliegenden Vergleichen arbeiten (typische Mieten in bestimmten Lagen und je nach Ausstattung des Hauses), sondern es soll sechs Jahre zurückgeschaut werden.

Ebenfalls vergangene Woche hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die 2015 eingeführte Mietpreisbremse verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Sie verstoße weder gegen die Eigentumsgarantie noch gegen die Vertragsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz, urteilten die Verfassungsrichter.

(Stand: 26. August 2019)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juni 2019 (Volksinitiative)
März 2019 
November 2018 

Aktuelle Stunde

„Mieterinnen und Mieter wirksam schützen – Verbesserungen beim Mietpreisschutz auch in Schleswig-Holstein konsequent umsetzen!“ 
Bekanntmachung des Landtagspräsidenten – Drucksache 19/1653

Stichwort: Aktuelle Stunde

Über eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse kann eine Aktuelle Stunde von einer Fraktion oder von mindestens fünf Abgeordneten beantragt werden. Der Antrag muss spätestens zwei Tage vor Sitzungsbeginn gestellt werden.

Bei einer Aktuellen Stunde beraten die Abgeordneten ohne feste Rednerliste über einen landespolitischen Gegenstand von aktueller Bedeutung. Die Redezeit ist auf fünf Minuten pro Beitrag begrenzt. Die Reden sollen frei gehalten werden. Die Gesamtredezeit der Abgeordneten darf 60 Minuten nicht überschreiten; hinzu kommt das Zeitkonto der Landesregierung von maximal 30 Minuten. Werden zwei Anträge ein einer Aktuellen Stunde behandelt, ist die Dauer auf eineinhalb Stunden beschränkt.

Mit einer Aktuellen Stunde wird kein konkreter Beschluss herbeigeführt; sie dient vorrangig dem Meinungsaustausch und der Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit.