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28. Januar 2021 – Januar-Plenum

Appell an Berlin: „Rasches Geld für die Unternehmen“

Die Corona-Hilfen für die Wirtschaft kommen nur schleppend an, deswegen hagelt es Vorwürfe an den Bund. Die SPD sieht auch das Land in der Pflicht und verlangt zudem einen gesetzlichen Deckel für Dispo-Zinsen.

Buchholz, Bernd Wirtschaftsminister FDP Plenum
Wirtschaftminister Buchholz (FDP): „Mit jedem weiteren Tag des Lockdowns wird die Situation für viele Unternehmen immer dramatischer.“ Foto: Thomas Eisenkrätzer

Der Bund hat Hilfsprogramme aufgelegt, um strauchelnden Unternehmen in der Corona-Pandemie unter die Arme zu greifen. Das Geld kommt jedoch nur schleppend an. Grund ist ein Software-Fehler. Vor diesem Hintergrund richtet die schleswig-holsteinische Landespolitik heftige Vorwürfe an die Bundesregierung. Die Arbeit an der Software im Bundeswirtschaftsministerium habe zweieinhalb Monate gedauert, klagte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Die Bearbeitungsrichtlinien des Bundesfinanzministeriums seien „bürokratischer Wahnsinn“. Von einem „Wumms“, wie vom Berliner SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigt, könne „keine Rede sein“.

Auch Ole Plambeck (CDU) beklagte die „viel zu große Bürokratie rund um die verschiedenen Hilfen“. Berlin habe „zu viele Förderprogramme mit unterschiedlichen Kriterien“ aufgelegt. Und Lars Harms (SSW) stellte fest: „Das Management des Bundes war eine Vollkatastrophe.“ Dass es über Wochen nicht gelungen sei, eine funktionierende Software zu erstellen, sei „inakzeptabel“ und ein „Fiasko“. Demgegenüber sei Schleswig-Holstein bei der Umsetzung der Hilfen „fix dabei“, betonte Minister Buchholz. Von 8.000 Anträgen zu den Novemberhilfen seien binnen zehn Tagen 5.000 „endbearbeitet“ worden. Insgesamt seien mehr als 45 Millionen Euro an Abschlagszahlungen ausgezahlt worden. Dies sei ein „sensationelles Ergebnis“.

Einigkeit bei Hilfen für Solo-Selbstständige

Serpil Midyatli (SPD) rief die Landesregierung auf, „in Vorleistung zu gehen“ und Gelder aus der landeseigenen Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft (MBG) oder dem Beteiligungsfond als Zuschüsse zu zahlen, bis das Geld aus Berlin vollständig da ist. Das Land dürfe „nicht in das Antragsverfahren reingrätschen“, erwiderte Joschka Knuth (Grüne), und Kay Richert (FDP) sah keinen Sinn darin, ein „paralleles Antragsverfahren“ einzurichten. Volker Schnurrbusch (AfD-Zusammenschluss) forderte ebenfalls Maßnahmen von der Landesregierung: „Beenden Sie die unlogische und unwirksame Lockdown-Politik!“

Auf Antrag von CDU, Grünen und FDP ruft der Landtag den Bund zudem einstimmig auf, Soloselbständige besser zu unterstützen. Einzelunternehmer oder Freiberufler würden derzeit nur wenig von den Programmen profitieren. Zwar habe der Bund sein Hilfsvolumen in diesem Bereich bereits von 5.000 auf 7.500 Euro pro Person aufgestockt, so der Liberale Richert. Dennoch gelte für viele Menschen: „Schmuck und Auto sind verkauft, das Lebenswerk liegt in Trümmern.“ Er sprach sich für einen „Unternehmerlohn“, rückwirkend ab März 2020, in Höhe von 18.000 Euro im Jahr aus.

Überziehungskredite teilweise „unanständig“

Die SPD forderte zudem einen gesetzlichen Deckel für Dispo-Zinsen. Die Zinsen auf Überziehungskredite sollen nach Vorstellung der Sozialdemokraten nur noch sechs Punkte über dem Basiszinssatz liegen, der zurzeit bei nahe null Prozent liegt. Zurzeit würden einige Banken aber bis zu 14 Prozent verlangen, so die Sozialdemokratin Beate Raudies. Dies sei eine große Belastung für Menschen, für die „am Ende vom Geld noch viel Monat übrig ist“.

Der Koalitionspolitiker Lasse Petersdotter von den Grünen begrüßte den SPD-Vorstoß und verwies darauf, dass 15 Prozent der Bevölkerung „teilweise knietief“ in Dispo-Zinsen steckten. Das sei „mehr als unanständig“. Der Christdemokrat Plambeck warnte hingegen vor einem „drastischen Eingriff in den Markt“ und warf der SPD „mangelnden Sachverstand“ vor.

Das Thema beschäftigt nun den Finanzausschuss.

Auf Antrag der Koalition berichtet Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) über die Auszahlung der Wirtschaftshilfen im Lande. Der Bund hat mit den November- und Dezemberhilfen sowie den Überbrückungshilfen mehrere Programme aufgelegt. Das Geld kommt Berichten zufolge jedoch nur schleppend an. Grund ist ein Software-Fehler. Dadurch wurden nach Angaben des Ministeriums bei der Schlusszahlung zuvor geleistete Abschlagszahlungen zum Teil nicht berücksichtigt. Teil der Debatte ist zudem ein Antrag der SPD, der auf faire Dispositionszinsen von Krediten abzielt.

Bis der Fehler an der Software des Bundes Mitte Januar bemerkt wurde, seien einschließlich Abschlagszahlungen rund 10.000 Anträge bearbeitet worden, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Das entspreche einer Auszahlung von rund 13 Millionen Euro. Beantragt worden seien fast 160 Millionen Euro. Der Fehler habe bisher nicht behoben werden können, hieß es in der Woche vor der Plenarsitzung. Mit den Hilfsprogrammen unterstützt die Bundesregierung Betriebe, Soloselbstständige, Vereine und andere Einrichtungen, die von den Einschränkungen besonders betroffen sind. Im Grundsatz gibt es Zuschüsse von bis zu 75 Prozent des Umsatzes bezogen auf den gleichen Vorjahresmonat.

SPD will Dispo-Zinsen senken

CDU, Grüne und FDP rufen den Bund zudem auf, Soloselbständigen besser unter die Arme zu greifen. Einzelunternehmer oder Freiberufler würden derzeit nur wenig von den Hilfsprogrammen profitieren. Grund: Die Programme sollen Fixkosten erstatten, etwa Miete oder den Lohn der Angestellten. Solche Kosten fallen aber bei vielen Soloselbständigen nicht an. Andererseits sei die gesetzliche Grundsicherung, die die Einzelunternehmer beantragen können, vielfach nicht ausreichend, weil beispielsweise die Krankenversicherung nur teilweise übernommen werde.

Die SPD fordert zudem einen gesetzlichen Deckel für Dispo-Zinsen. Die Zinsen auf Überziehungskredite sollen nach Vorstellung der Sozialdemokraten nur noch sechs Punkte über dem Basiszinssatz liegen, der zurzeit bei nahe null Prozent liegt. Aktuell fallen Berichten zufolge jedoch im Durchschnitt knapp zehn Prozent Dispo-Zinsen an, bei einigen Banken sogar deutlich mehr. Die Dispositionskredite könnten für viele Haushalte „dauerhaft zur Schuldenfalle werden“, befürchtet die SPD-Fraktion. Deswegen sollen die Banken ihre Kunden auch besser informieren und ihnen die Möglichkeit bieten, im Notfall einen regulären Kredit mit niedrigeren Zinsen abzuschließen. Laut Medienberichten haben etwa 15 Prozent der Haushalte in Deutschland rote Zahlen auf dem Konto.

Aktuelle Zahlen

An Betriebe und Soloselbstständige in Schleswig-Holstein sind bisher rund 130 Millionen Euro November- und Dezemberhilfen in der Corona Krise geflossen. Das teilte die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn am Montag mit, die Parlamentarische Staatssekretärin für Haushalt im Bundesfinanzministerium ist. Demnach bekamen bisher rund 8000 Betriebe und 2700 Soloselbstständige zusammen Novemberhilfen in Höhe von 84,4 Millionen Euro. An Dezemberhilfen seien bisher 45,5 Millionen Euro Abschläge an 4890 Betriebe und 1740 Selbstständige geflossen.

Und: Unternehmen in Schleswig-Holstein kommen jetzt leichter an Geld aus dem Härtefallfonds des Landes. Die Landesregierung habe angesichts der verlängerten Corona-Maßnahmen und zunehmender Liquiditätsengpässe von stark betroffenen Einzelhändlern die Zugangsschwelle gesenkt, teilte das Wirtschaftsministerium am Dienstag mit.

Vom 1. Februar an sei ein Betrieb antragsberechtigt, wenn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum der durchschnittliche Umsatz zwischen November 2020 und Januar 2021 um 30 Prozent eingebrochen ist. Alternativ reiche ein Umsatzrückgang um 50 Prozent in einem einzelnen dieser Monate. „Damit werden künftig nahezu alle von den Schließungen betroffenen Unternehmen in Schleswig-Holstein Zugriff auf den mit knapp 100 Millionen Euro hinterlegten Härtefallfonds haben“, sagte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) mit.

Den zweigeteilten Härtefallfonds hatte das Land zusammen mit der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft (MBG) im Spätsommer des vergangenen Jahres eingerichtet. Er richtet sich an Unternehmen, die bei den Überbrückungshilfen sowie bei den November- und Dezemberhilfen des Bundes nicht oder nur gering zum Zuge kommen.

(Stand: 26. Januar)

Vorherige Debatte zum Thema:
November 2021 (Wirtschaftshilfen)

Antrag

Mündlicher Bericht zur Abwicklung der Wirtschaftshilfen
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2711

Antrag

Dispositionszinsen gesetzlich begrenzen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/2712

Antrag

Hilfen des Bundes für Soloselbständige müssen verbessert werden
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/2714