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16. Juni 2021 – Juni-Plenum

Große Schuldebatte: Von digitalem Gerät bis zu Schulschwänzern

Mehr digitale Angebote, mehr demokratische Teilhabe, mehr Wachsamkeit bei Gewalt: Schulen sollen nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie fit für die Zukunft gemacht werden.

von der Heide, Tobias CDU Plenartagung
Tobias von der Heide, schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, zur Digititaliesierung an Schulen: „Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben.“ Foto: Michael August

Mit einem ein Bündel an Beschlüssen vor, das der Landtag mit Jamaika-Mehrheit verabschiedet hat, sollen Schleswig-Holsteins Schulen nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie fit für die Zukunft gemacht werden. Die Themen: Mehr digitale Angebote, mehr demokratische Teilhabe und eine größere Wachsamkeit bei psychischer, sexueller und körperlicher Gewalt. Auch das Schulgesetz wurde ergänzt – allerdings nach Auffassung von SPD und SSW nicht weitreichend genug. Die beiden Oppositionsparteien stimmten gegen die diversen Vorlagen der Koalition.

Es gehe darum, „die richtigen Rückschlüsse aus der Pandemie für dieses Jahrzehnt zu ziehen“, betonte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Es gebe bereits technische Lösungen für den Distanzunterricht, eine landesweite Lernplattform sowie digitale Endgeräte für alle Lehrkräfte, so die Ministerin. Zudem habe das Land 69.000 Leihgeräte für bedürftige Schüler bereitgestellt und 250 zusätzliche Lehrerstellen für die Digitalisierung eingerichtet.

80 Prozent der Schulen im Lande seien ans Glasfasernetz angeschlossen, merkte Tobias von der Heide (CDU) an, und es seien 190 Millionen Euro aus dem Digitalpakt des Bundes in Netzwerkzugänge in den Klassenräumen geflossen: „Wir haben die Chance zur Digitalisierung unserer Schulen ergriffen.“

Diskussion um Distanzunterricht

Martin Habersaat (SPD) vermisste bei Jamaika hingegen den „Mut, die wirklich wichtigen Themen anzufassen“. So gebe es im Schulgesetz nach wie vor keine Regelungen für den Distanzunterricht. Dabei sei das Lernen in der eigenen Wohnung seit Corona „Teil der Schulpflicht und der Dienstpflicht“. Manche Schulen hätten „tolle Erfahrungen mit Wechselunterricht gemacht“, so Habersaat, dies sollte weiter möglich sein, forderte er.

Jette Waldinger-Thiering (SSW) regte an, die Lernmittelfreiheit auf digitale Endgeräte auszuweiten und per Gesetz festzulegen, in welcher Form Distanzunterricht weiterhin gegeben werden kann. Der Christdemokrat von der Heide war dagegen: Distanzunterricht sei der falsche Weg, denn er fördere die Bildungsungerechtigkeit.

Möglicher Unterrichtsverweis verlängert

Weitere Punkte im reformierten Schulgesetz: Auch Fünft- und Sechstklässler können künftig in Schulkonferenzen mit beratender Stimme mitwirken. Schulen sollen Präventions- und Interventionskonzepte erarbeiten, um Gewalt zu erkennen und so gut es geht zu verhindern. Bei Fehlverhalten können Schüler künftig drei statt bislang zwei Wochen des Unterrichts verwiesen werden. Außerdem werden schulinterne Bewerbungen auf Schulleiterposten in Zukunft erst bei einer wiederholten Ausschreibung berücksichtigt. Ziel sei es, „frischen Wind“ von außen reinzuholen, so Ines Strehlau (Grüne).

Anita Klahn (FDP) betonte, dass das Prinzip der freien Schulwahl weitgehend erhalten bleibe. Nur, wenn einzelne Schulen überfüllt sind, werde dies eingeschränkt. Im Schulgesetz wird die Formulierung „pädagogischer Auftrag“ ersetzt durch die Worte „Bildungs- und Erziehungsauftrag“. Dies sei eine „gute Nachricht“, so Volker Schnurrbusch (AfD). Der fraktionslose Abgeordnete Frank Brodehl (fraktionslos) forderte vergeblich eine Prämie und weniger Unterrichtsstunden für Klassenlehrer, denn diese hätten „eine besonders hohe Verantwortung“.

Konzept gegen „Schul-Absentismus“

Auf Bestreben der Koalitionsfraktionen hin sollen die Schulen fortan gemeinsam mit Behörden und Erziehungsberatern den „Absentismus“ bekämpfen – also das Schwänzen, das Fehlen aufgrund einer „Schulphobie“ oder das „Zurückhalten“ der Kinder durch ihre Eltern. Per Antrag wurde die Landesregierung aufgefordert, ein Rahmenkonzept zu dem Thema vorzulegen.

In einer großen Schuldebatte wollen die 73 Abgeordneten schulgesetzliche Änderungen beschließen sowie die Ausstattung mit digitalen Geräten für den Unterricht erörtern. Weiterhin geht es um Fragen, wie mit Schule schwänzenden Kindern umzugehen ist und wie stark Klassenlehrer gefordert sind.

Schulgesetz:
Jamaika will einige Regelungen ändern, die sich „in der schulischen Praxis als problematisch“ erwiesen hätten. So soll etwa der Erziehungsauftrag der Schule durch „sprachliche Präsenz“ betont werden. Änderungen soll es auch bei schulinternen Bewerbungen von Schulleitern geben ‒ sie sollen grundsätzlich erst bei einer wiederholten Ausschreibung berücksichtigt werden. Zudem ist vorgesehen, dass Schüler der Klassen fünf und sechs künftig in Schulkonferenzen mit beratender Stimme mitwirken können. Ferner soll der Katalog der Ordnungsmaßnahmen überarbeitet werden, um sachgerechter, flexibler und abgestimmter „auf das Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern“ reagieren zu können, wie es in dem Gesetzentwurf heißt.

Eine Beschlussfassung des Bildungsausschusses zu dem Gesetzentwurf steht noch aus, da der Ausschuss erst eine Stunde vor Beginn der Debatte zusammenkommen wird.

Klassenlehrer:
Ein Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Frank Brodehl fordert die Landesregierung dazu auf, „konkrete Vorschläge zu erarbeiten, um Leistungen der Lehrkräfte, die als Klassenlehrer bzw. Klassenlehrerin tätig sind, künftig zu honorieren“. Er schlägt vor, dass eine Anerkennung beispielsweise in Form einer „Klassenleiterprämie oder einer Abminderungsstunde“ erfolgen könne.

Digitalisierung:
Die Koalition fordert in einem Antrag dazu auf, „mit Auslaufen des DigitalPakts Schule 2024 eine nachhaltige Strukturierung und Finanzierung der Bildungsdigitalisierung zwischen Bund, Land und Schulträgern erreicht zu haben und damit digitale Schule nachhaltig ausgestattet zu haben“. In der Begründung verweisen CDU, Grüne und FDP darauf, dass es in den vergangenen Jahren bereits „gute erste Anreize zur Weiterentwicklung der digitalen Schule“ gegeben habe, diese Maßnahmen jedoch im Kontext mit der Corona-Pandemie „für die aktuellen Herausforderungen bei der Digitalisierung von Schule und Unterricht noch nicht ausreichend sind“.

Laut einem Regierungsbericht, der mit beraten wird, stehen von 2019 bis 2024 Finanzmittel in Höhe von insgesamt rund 300 Millionen Euro, unter anderem über Bund-Länder-Vereinbarungen und Landesprogramme, für Digitalisierungsmaßnahmen zur Verfügung beziehungsweise seien bereits entsprechend verwendet worden.

Eine Auflistung der Aktivitäten zum Stand der Digitalisierung an den Schulen schließt mit dem Ausblick: „Die ministerielle Arbeitsgruppe Handlungsplan Digitale Schule tagt auch weiterhin in regelmäßigen Abständen, um die weiterhin große Vielzahl an Themen zur Bildungsdigitalisierung lösungsorientiert und abteilungsübergreifend zu bearbeiten. Die sich daraus ergebenden organisatorischen Anpassungen innerhalb des Ministeriums und des IQSH sind im vergangenen Jahr begonnen worden und werden mit Besetzung der im Haushalt 2021 bewilligten zusätzlichen Stellen fortgesetzt. Die vollständige Auswertung zur Erhebung des IQSH bezüglich der IT-Ausstattung und Medienbildung an Schulen wird dem diesjährigen Bericht zur Unterrichtsversorgung beigefügt.“

Angekündigt wurde bereits von der Landesregierung, dass Informatik vom Schuljahr 2022/2023 an Pflichtfach an den Gymnasien und in den Gemeinschaftsschulen werden soll. Vorgesehen sind laut Bildungsministerium für die 7. und 8. Klassen jeweils zwei Stunden in der Woche.

„Schule schwänzen“:
Die Koalitionsfraktionen wollen bis Jahresende 2021 ein „Rahmenkonzept zum Schulabsentismus“ auf dem Tisch liegen haben. Es soll Schulleitungen und Lehrkräften „Hilfestellung zu Prävention, Intervention und Reintegration bei drohendem oder bereits vorliegendem Schulabsentismus an die Hand geben“. In diesem Zusammenhang sei auch zu prüfen, „wie Schulen in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und stützenden Systemen, wie beispielsweise dem schulpsychologischen Dienst, den Allgemeinen Sozialen Diensten, Polizei- und Ordnungsämtern, Erziehungsberatung, Jugendämtern und Schulaufsicht kooperieren können“, fordern CDU, Grüne und FDP.

(Stand: 14. Juni)

Meldung Erste Lesung (Schulgesetz):
Januar 2021 (ohne Aussprache)
Meldung bei Antragstellung (Bericht zur Digitalisierung Schule):
Oktober 2020 (ohne Aussprache)
Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2021 (Corona-Unterricht/Digitalpakt)
Januar 2021 (Corona-Unterricht/Strategie)
Oktober 2020 (Corona-Unterricht)
März 2019 (Digitalpakt)

Zweite Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drs. 19/2679
(Ausschussüberweisung am 28. Januar 2021)
Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses – Drucksache 19/3091
Änderungsantzrag von SPD und SSW – Drucksache 19/3119

Antrag

Die Tätigkeit von Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern ist unverzichtbar - das sollte endlich auch in Schleswig-Holstein honoriert werden
Antrag des Abgeordneten Dr. Frank Brodehl (fraktionslos) – Drucksache 19/3066

Antrag

Bildungsdigitalisierung in Schleswig-Holstein – Digitale Infrastruktur und technische Ausstattung in Schulen nachhaltig gestalten
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen, FDP – Drucksache 19/3100

Antrag

Konzept gegen Schulabsentismus
Antrag der Fraktionen von CDU, B´90/Die Grünen, FDP – Drucksache 19/3101

Regierungsbericht

Fortschrittsbericht zum Stand der Digitalisierung an den Schulen in Schleswig-Holstein
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/3060
(Federführend ist das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur)