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05.07.18
17:14 Uhr
SSW

Lars Harms: Hier können wir wirklich etwas zur Integration beitragen

Presseinformation Kiel, den 05.07.2018

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 26 Landesaufnahmeprogramm kommt Drs. 19/830

„Das Landesaufnahmeprogramm sollte möglichst offen ausgestaltet sein und vor allem schnell kommen.“

Ich freue mich über diesen Antrag, der ja auch eine Reaktion auf die von uns gestellte
kleine Anfrage zum Thema ist. Hoffentlich kommt das Landesaufnahmeprogramm
dann nun endlich. Denn man fragt sich doch, warum so etwas Wichtiges, das im
Koalitionsvertrag ja nun schon seit einem Jahr vereinbart war und tatsächlich gar nicht
mal so viele Menschen betrifft, so lange dauert, bis es auf den Weg gebracht wird.



Während wir uns ablenken lassen von rechten Parolen aus Bayern und Berlin, laufen
wir Gefahr, dass der Fokus der Debatte nicht darauf liegt, was sich tatsächlich immer
noch auf dem Mittelmeer abspielt. Menschen versuchen sich auf nicht seetüchtigen
Schlauchbooten nach Europa zu retten. Und das unter Einsatz ihres Lebens! 2
Wie dramatisch die Lage im Akutfall ist, haben wir ja alle zuletzt am Beispiel der
Lifeline mitverfolgen können. Italien, Malta und Spanien hatten es abgelehnt, das
Schiff in ihre Häfen einfahren zu lassen und das obwohl die Lage an Bord immer
brenzliger wurde. Tagelang wurde das Schiff auf dem Mittelmeer blockiert.
Jetzt ist es so, dass das Schiff im Hafen von Malta festgehalten wird, während die
maltesische Polizei bei Gericht die Beschlagnahmung des Rettungsschiffs "Lifeline"
beantragt hat und deren Kapitän vor Gericht geladen wird. Die „Lifeline“ wird von der
Polizei als Tatwerkzeug behandelt und darf den maltesischen Hafen seit dem 27.06., als
sie dort ankam, mit rund 230 Menschen, die die Besatzung vor dem Ertrinken gerettet
hat, nicht verlassen.
Der Kapitän muss sich allen Ernstes dafür rechtfertigen, Leben gerettet zu haben.
Die Rechnung ist einfach: je mehr Rettungsschiffe auf dem Wasser sind, desto weniger
Tote gibt es. Seit die Schiffe festgesetzt sind, sind wieder mehr als 200 Menschen
ertrunken. Egal welche Aufnahmeregelungen im Einzelnen in Europa getroffen
werden, die Rettung der Menschen muss absoluten Vorrang haben.
Deswegen fand ich das Vorhaben Schleswig-Holsteins, hier direkte Hilfe zuzusagen
und zur Aufnahme Geflüchteter dieses Schiffes bereit zu sein, gut. Aber da hat ja das
Bundesinnenministerium den Riegel vorgeschoben.
Die betroffenen Personengruppen bei den besonders Schutzbedürftigen ist ja schon
von der EU vorgegeben. Schwangere, unbegleitete Minderjährige, Menschen mit
Behinderung oder mit schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen, Opfer
des Menschenhandels, Menschen die gefoltert worden sind, beispielsweise. 3
Ich werde immer wieder von Menschen aus der Flüchtlingshilfe darauf hingewiesen,
dass auch Geflüchtete, die hier eigentlich gut integriert sind, irgendwann verzweifeln,
weil sie ihre Familienmitglieder nicht nachholen können. Und wer versteht das nicht.
Wenn nun 500 Menschen zusätzlich zu den sonstigen Aufnahmeverpflichtungen des
Landes nach Quote aufgenommen werden, wünschen wir vom SSW uns, besonders
Familienzusammenführungen zu berücksichtigen.
Damit meinen wir auch die Angehörigen subsidiär Geschützter, denn das Kontingent,
das ab August für diese Personengruppe vorgesehen ist, reicht bei weitem nicht aus.
Hier können wir wirklich etwas zur Integration beitragen, in dem wir die
Familienangehörigen von zu uns geflüchteten Menschen hierherholen. Da gibt es
manchmal ganz simple Problemstellungen, die schier unüberwindlich scheinen, aber
mit ein bisschen Pragmatismus im Rahmen eines solchen Sonderprogramms gelöst
werden können. Da gibt es die Familien mit minderjährigen und volljährigen Kindern.
Die Volljährigen dürfen dann nicht nach Deutschland – was für ein Unsinn. Solche Fälle
schweben uns vor, wenn es darum geht, hier schnell zu helfen. Denn auch besonders
gut integrierte Menschen, die hier beispielsweise schon in Ausbildung, Studium oder
Arbeit sind, verlässt der Mut, wenn sie ohne ihre Familien bleiben. Und niemandem ist
geholfen, wenn die Sorgen und die Angst um die Familie dazu führen, dass sie
irgendwann in andere Länder gehen.
Deshalb sollte das Landesaufnahmeprogramm möglichst offen ausgestaltet sein und
vor allem schnell kommen. Die Menschen wollen nämlich nicht ewig auf ihre
Familienmitglieder warten.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html