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05.09.18
11:22 Uhr
Landtag

Landtagsdebatte zum Asylrecht - Zuwanderungsbeauftragter begrüßt eingebrachten Antrag zur Bundesratsinitiative

Nr. 131 / 5. September 2018

Landtagsdebatte zum Asylrecht – Zuwanderungsbeauftragter begrüßt eingebrachten Antrag zur Bundesratsinitiative
Der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig- Holstein Stefan Schmidt hat sich positiv über den zur heutigen Plenarsitzung eingebrachten SPD-Antrag zum Thema Bleibeperspektive geäußert. Die Fraktion bittet den Landtag um Rückendeckung für eine Bundesratsinitiative, ausgebildete und im Beruf stehende Asylbewerber nicht abschieben zu lassen. Ministerpräsident Daniel Günther forderte jüngst den sogenannten „Spurwechsel“ für beruflich integrierte Geflüchtete mit unsicherem Aufenthalt. „Jetzt kann die Landespolitik Worten Taten folgen lassen“, sagte Schmidt.
„Schleswig-Holstein sollte sich im Bundesrat für ein klar und einheitlich geregeltes Bleiberecht für Geflüchtete in der Beschäftigung und Ausbildung einsetzen“, so der Zuwanderungsbeauftragte. Dazu gehöre die konsequente Umsetzung der bereits 2016 mit dem Bundesintegrationsgesetz eingeführten altersunabhängigen Duldung für einen Asylsuchenden, der eine Ausbildung „aufnimmt oder aufnehmen wird“ (3+2-Regel). Darüber hinaus sei ein durchlässiges Aufenthaltsrecht, der sogenannte Spurwechsel, in dem von einem Asylverfahren, einer Duldung oder einem Aufenthalt zu humanitären Zwecken in einen Aufenthalt zum Zwecke der Ausbildung, des Studiums oder der Beschäftigung gewechselt werden kann, sinnvoll und zielführend.
„Alle Forderungen haben die gleiche Zielsetzung: die Förderung der beruflichen Integration erwerbsfähiger Geflüchteter auf dem deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Nur wenn wir den Menschen Bleibeperspektiven ermöglichen, können wir Arbeitsmarktintegration ernsthaft planen und intensivieren“, betonte Schmidt. „Meines Wissens nach wird die Gruppe der Geflüchteten im aktuellen Eckpunktepapier-Entwurf des Bundesinnenministeriums zum Zuwanderungsgesetz nicht klar benannt. Deshalb brauchen wir unabhängig davon eine Regelung für gut integrierte Geflüchtete“, forderte Schmidt. Ob dies Teil eines Bundeszuwanderungsgesetzes werde, sei nicht entscheidend. „Entscheidend ist, dass Integrationsleistung mit Bleibeperspektive belohnt wird und hier Sicherheit für alle Beteiligten geschaffen wird.“
Der Beauftragte bezog sich auf den Koalitionsvertrag von 2017. „Ich möchte an die Versprechungen auf Seite 86 erinnern. Wenn die dortigen Planungen zum Bleiberecht von 2

Geflüchteten in Ausbildung und Beschäftigung von der Landesregierung umgesetzt würden, wären wir schon viele Schritte weiter in Sachen Rechts- und Planungssicherheit. Dies sollte neben den SPD-Forderungen Teil einer Bundesratsinitiative sein.“
Schmidt führte aus, dass Ausländerbehörden, Arbeitsverwaltung, Kommunen, Kammern, Unternehmen und Geflüchtete selbst ein deutliches Zeichen vom Gesetzgeber brauchten, das zeige, dass Integration gewollt sei. „Viele Geflüchtete haben Deutsch erlernt, Schule, Sprachkurse und Qualifizierungsmaßnahmen besucht. Für sie ist es selbstverständlich, sich hier möglichst schnell von Sozialleistungen lösen zu wollen und sich selbst zu finanzieren. Denn das ist neben dem Spracherwerb der große Schritt, um Teil dieser Gesellschaft zu werden und hier anzukommen“, unterstrich der Zuwanderungsbeauftragte. „Wir erwarten von den bei uns aufgenommenen Menschen, sich hier innerhalb kürzester Zeit erfolgreich sprachlich und beruflich zu integrieren. Wir erwarten, dass sie die Werte unseres demokratischen Systems adaptieren, in dem es nicht zuletzt darum geht, gleichberechtigt und selbstbestimmt in dieser Gesellschaft zu leben. Wir schaffen 2016 mit dem Bundesintegrationsgesetz die Ausbildungsduldung und legen die Vorrangprüfung in den meisten Arbeitsagenturbezirken auf Eis. Alles deutet daraufhin, dass wir Integration wollen und erwarten. Und dann schieben wir Menschen und ihre Familien ab, die hier gesellschaftlich und beruflich angekommen sind. Wie passt das zusammen? Wir sollten uns dessen bewusst sein und endlich verantwortlich handeln und auch verantwortlich debattieren.“
Schmidt äußerte weiterhin: „Den Politikerinnen und Politikern, die nicht in der Lage sind, diese Frage menschlich und völkerrechtlich zu betrachten, sage ich: betrachten Sie es wenigstens volkwirtschaftlich. Viele Unternehmen fühlen sich betrogen. Man kann Unternehmen nicht erst darum bitten, sich Geflüchteten zu öffnen, dem bürokratischen Aufwand zu stellen und ihre Belegschaften auf das Arbeiten in interkulturellen Teams einzustimmen – nur um die Menschen dann kurz vor Antritt ihrer Ausbildung oder aus der Beschäftigung heraus abzuschieben. Das muss endlich aufhören.“ Auch deswegen sei das geforderte Abschiebemoratorium richtig. Angesichts des derzeitigen Auszubildenden- und Fachkräftemangels in Deutschland sei ein solcher Schritt sowohl aus integrationspolitischer als auch aus wirtschaftspolitischer Sicht notwendig und überfällig.
Er fordere die Landesregierung auf, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Abschiebung gut integrierter Menschen zu vermeiden, konstatierte der Zuwanderungsbeauftragte. „Teil davon kann auch sein, einen Landesabschiebestopp für die Gruppe der Personen in Vorqualifizierung, Ausbildung, Beschäftigung oder Studium zu erlassen. Anzustreben ist aber mindestens die Vereinbarung aus dem Jamaika-Koalitionsvertrag zur Erteilung einer Anspruchsduldung, ‚sobald der unterschriebene Ausbildungsvertrag ordentlich bei der jeweiligen Kammer eingetragen ist und nicht erst ab tatsächlichem Beginn der Ausbildung‘“, so Schmidt, der auf die Seite 86 des Koalitionsvertrages verwies. Dazu müsse der Landeserlasses vom 14. Februar 2017 zur Ausbildungsduldung entsprechend geändert werden.