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07.09.18
12:59 Uhr
B 90/Grüne

Marlies Fritzen zum Schutz vor Wölfen

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 22 – Schutz vor Wölfen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die umwelt- und jagdpolitische Sprecherin Zentrale: 0431 / 988 – 1500 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Marlies Fritzen: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 327.18 / 07.09.2018

Wir brauchen eine sachliche Debatte und fachliche Entscheidungen
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren,
im Umgang mit dem Wolf haben wir in den letzten Jahren einiges dazugelernt und werden sicher in den nächsten Jahren noch weitere Erfahrungen sammeln. Es ist eine Heraus- forderung, wenn Wölfe zurückkehren in eine Region, in der sie über einen langen Zeit- raum ausgestorben waren.
Schleswig-Holstein hat sich darauf vorbereitet, schon bevor es 2007 den ersten Wolfs- nachweis im Land gab. Im Austausch mit anderen Regionen haben wir ein Wolfsmanage- ment entwickelt, das von Anfang an nicht starr war, sondern flexibel an sich verändernde Situationen angepasst wird.
Die Rückkehr des Wolfes geht schneller von statten, als es viele, auch Expert*innen, vor ein paar Jahren noch geglaubt hatten. Sie passen sich an die Bedingungen unserer dicht besiedelten, von vielen Verkehrswegen zerschnittenen Kulturlandschaft an.
Bisher wurden ausschließlich Einzeltiere in Schleswig-Holstein nachgewiesen. Der Wolf ist also bisher immer nur auf Durchreise, oder Stippvisite. Es ist aber nicht auszuschlie- ßen, dass sich Paare oder ein Rudel ansiedelt und sich Wölfe auch in Schleswig-Holstein erfolgreich vermehren.
Für den Artenschutz wäre das ein Erfolg. Das ist die eine Seite der Medaille.
Viele Tierhalter*innen im Land haben dagegen eine andere Perspektive. Sie sorgen sich um den Schutz ihrer Weidetiere und wollen den Wolf nicht in unserem Land haben.

Seite 1 von 2 Nun können wir uns dies nicht einfach so aussuchen. Der Wolf ist streng geschützt und wir sind durch internationales Recht an diesen Schutz gebunden. Wir haben es hier also mit einem klassischen Zielkonflikt zu tun.
Das Wolfsmanagement ist die richtige Antwort darauf. Wir müssen auf die Rückkehr des Wolfes reagieren. Dazu gehören Präventionsmaßnahmen zum Herdenschutz genauso wie Entschädigungen.
Dazu gehört unter besonderen Umständen, in denen Gefahr für Menschen bestehen, auch die so genannte Entnahme eines Tieres, also das Erschießen eines verhaltensauf- fälligen Wolfes. Dies ist nach geltender Rechtslage möglich und wurde auch bereits prak- tiziert.
Immer ist eine Einzelfallentscheidung nötig, weil kein Fall dem anderen gleicht. Örtliche Gegebenheiten und Weidemanagement unterscheiden sich ebenso wie nicht jeder Wolf gleich ein vermeintlicher „Problemwolf“ ist.
Man kann auch nicht nach wissenschaftlichen Standards landesweit einheitliche „Ober- grenzen“ festlegen. Welche sollten das sein, ab wann ist ein Wolf zu viel? Die Frage würde auf Eiderstedt anders zu beantworten sein als im Herzogtum Lauenburg. Was heißt „Obergrenze“ in einem Land in dem es bislang keinen einzigen residenten Wolf gibt?
Und vor allem widerspricht diese Forderung diametral dem geltenden Artenschutz, wo- nach wir noch lange nicht von einem guten Erhaltungszustand der Population sprechen können.
Die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht mit ganzjährigem Schutz ist aus meiner Sicht wenig hilfreich. Was sollte dies bringen? Hege des Wolfes durch Jäger*innen? Sie be- obachten also und melden ihre Sichtungen? Das passiert auch heute schon.
Im konkreten Fall eines möglicherweise notwendigen Abschusses verlängert es nur die Verwaltungsverfahren. Es muss nämlich nicht nur die Jagdbehörde, sondern am Ende wie auch heute schon die oberste Naturschutzbehörde eine Ausnahmegenehmigung er- teilen.
Zwei Genehmigungen brauchen länger als eine und das, wenn entweder Gefahr im Ver- zug ist oder ein notwendiger Fangschuss einen verletzten Wolf töten muss, um Tierleid zu beenden.
Populistische Angstmacherei ist auch hier keine Lösung. Wir brauchen eine sachliche Debatte und fachliche Entscheidungen.
Wir müssen unser Wolfsmanagement immer weiter entwickeln. Wir müssen den Tierhal- ter*innen helfen, durch Präventionsmaßnahmen und angepasste Weidekonzepte ihre Herden besser zu schützen. Und wir müssen lernen, mit der Rückkehr des Wolfes zu leben.
Das ist keine leichte Aufgabe. Für die Wolfsbetreuer*innen nicht und schon gar nicht für die Weidetierhalter*innen, die gerissene oder verletzte Tiere auffinden. Aber nur gemein- sam können wir angemessene Entscheidungen treffen, die den Anforderungen des Ar- tenschutzes und den berechtigten Sorgen der Tierhalter*innen angemessen sind. ***
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