Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
08.11.18
17:12 Uhr
AfD

Dr. Frank Brodehl: Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein darf sich nicht fremd im eigenen Land fühlen

PRESSEINFORMATION



(Es gilt das gesprochene Wort!)

Dr. Frank Brodehl zum Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Vertrag über die Förderung jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein (TOP 3, 25):

„Jüdisches Leben in Schleswig-Holstein darf sich nicht fremd im eigenen Land fühlen“ Kiel, 8. November 2018 In der heutigen Landtagsdebatte über den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zur Förderung jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein und den Antrag „Antisemitismus bereits in der Schule vorbeugen“ erklärt Dr. Frank Brodehl, bildungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, in seiner Rede:
„Es ist für unsere Fraktion das erste Mal in diesem Hause, dass über die Themen Anti- semitismus und jüdisches Leben gesprochen wird. Ich möchte das zum Anlass nehmen, zunächst etwas Grundsätzliches voranzustellen.
• Die AfD-Fraktion verurteilt ohne jedes Wenn und Aber jedwede Form der Verharmlosung oder der Relativierung der Shoa. Die industriell betriebene Ver- nichtung von deutschen und von europäischen Juden durch Nazi-Deutschland steht in der Menschheitsgeschichte einzigartig da. Die unvorstellbar große Opferzahl ist das eine, das dahinterstehende Leid eines jeden Einzelnen das andere.
• Aus den bitteren Erfahrungen der NS-Zeit erwächst uns auch heute noch eine Verantwortung. Eine Verantwortung, die aus unserer Sicht ein eindeutiges und frühzeitiges Einschreiten gegen Diskriminierung oder Herabwürdigung jüdischen Lebens in allen seinen Erscheinungsformen nach sich ziehen muss: gegen ‚Judenfeindschaft‘, gegen ‚Antizionismus‘, gegen ‚Antijudaismus‘, gegen ‚Anti- semitismus‘, gegen ‚BDS - Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen‘. Oder, positiv formuliert, eine Verantwortung für das Wieder-Gedeihen jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein.

Pressekontakt: AfD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag • Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel • Tel.: +49-(0)431-988-1656 • Mobil: +49-(0)176-419-692-54 • E-Mail: presse@afd.ltsh.de



Bevor ich zum Staatsvertrag komme, zunächst zum Antrag von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: Antisemitismus muss überall in der Gesellschaft vorgebeugt werden, dies schließt Schule und Unterricht mit ein.
Beantragt ist, in einen Dialog mit den Jüdischen Landesverbänden zu treten, um gemein- sam über Maßnahmen zu beraten, wie dem Antisemitismus besser als bislang vorgebeugt werden kann. Unter den genannten Maßnahmen ist mir der deutsch- israelitische Jugendaustausch besonders wichtig. Dieser sollte unbedingt intensiviert werden. Die Freundschaft zwischen Israel und Deutschland darf nicht einschlafen, Freundschaft muss gepflegt werden: Oder anders, philosophischer – mit den Worten Martin Bubers – formuliert, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“.
Natürlich ist mir bewusst, dass die im Antrag aufgeführten Beratungsinhalte nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Ich nutze dennoch die Gelegenheit einer Ergänzung: Wenn es um die Frage geht, mit welchen Maßnahmen antisemitische Einstellungen an unseren Schulen verhindert werden können, dann sollte dabei der Bereich der Ursachenforschung nicht ausgespart bleiben. Welche Formen des Anti- semitismus finden in unseren Bildungseinrichtungen statt, worin liegt er begründet? Wird schnell genug reagiert oder wird nur verwaltet?
Wenn wir Antworten auf diese Fragen finden, dann wird Prävention auch effektiver sein können. Es reicht meines Erachtens nicht, auf die Daten der geplanten bundesweiten Datenbank zu antisemitischen Vorfällen an Schulen zu warten; diese können nur eine Basis bilden. Ich möchte deshalb anregen, dass auch das Kapitel Forschung beim angekündigten Austausch zwischen Land und den Jüdischen Landesverbänden eine Rolle spielen wird.
Der Austausch selbst ist längst überfällig. Und dies gilt ebenso für den „Vertrag über die Förderung jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein“; andere Bundesländer sind hier schon früher aktiv geworden.
Zweifelsfrei besitzt unser Land ein reiches kulturelles jüdisches Erbe. Es ist gut, sich daran zu erinnern. Es ist aber ebenso wichtig, daran zu erinnern, dass es wieder eine

Pressekontakt: AfD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag • Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel • Tel.: +49-(0)431-988-1656 • Mobil: +49-(0)176-419-692-54 • E-Mail: presse@afd.ltsh.de



jüdische Gegenwart gibt. Mit seinen positiven Seiten, aber leider auch mit kaum zu ertragenden Schattenseiten: Polizeischutz und die Sicherung von Synagogenbesuchern durch Zäune haben auch in Schleswig-Holstein Einzug gehalten. Sicherheit ist wichtig, aber dies darf nicht Teil der Normalität jüdischen Lebens werden – an so etwas dürfen wir uns nicht gewöhnen! Und zwar vollkommen unabhängig davon, von wem hier Gewalt und Gewaltandrohungen ausgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit dem Reich Karls des Großen waren Juden immer ein Teil Deutschlands. Das Zusammenleben ist meistens – keineswegs immer – schwierig gewesen. Überwogen haben Ausgrenzung und Verfolgung; Theodor Hertzl resignierte darüber und zog seine Konsequenz. Andere betonten umso mehr den Willen zur Assimilation und versicherten den Deutschen, sie seien nicht anders als sie, um nicht als fremd zu gelten.
Für den Dichter und Shoa-Überlebenden H.G. Adler gab es nicht nur dieses Entweder- oder. Adler erinnerte an die vielbeschriebene deutsch-jüdische Symbiose und äußert mit Blick auf den Religionsphilosophen Martin Buber, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:
„Hier erblicken wir, so dürfen wir sagen, die edelste Frucht deutsch-jüdischer Symbiose, ein Judentum, das sich nicht verleugnet, weder haltlos noch unwürdig preisgibt, sondern im eigenen Grunde geborgen und doch weltoffen ist, dem Deutschtum zugetan, von seinem Geiste getränkt, und beides einer höheren Gemeinschaft unterzuordnen trachtet: der Menschheit.“
Diese Zeilen, meine Damen und Herren, von H.G. Adler in den 1950er Jahren verfasst, sind heute aktueller denn je. Jüdisches Leben in Deutschland soll sichtbar sein, es darf sich nicht fremd im eigenen Land fühlen. Der Vertrag soll und wird hierbei seine positive Wirkung entfalten – und dies geht weit über die formalen Einzelheiten, die er regelt, oder die finanziellen Landesleistungen hinaus.
Lassen Sie mich mit einer Begebenheit schließen, die mir die besondere Verbindung zwischen Deutschen und Juden schon sehr früh bewusst gemacht hat: Eine Tante von mir, Jahrgang 1920, bereiste in den 1980er Jahren Israel. Während eines Besuches in


Pressekontakt: AfD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag • Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel • Tel.: +49-(0)431-988-1656 • Mobil: +49-(0)176-419-692-54 • E-Mail: presse@afd.ltsh.de



einem Thermalbad trafen sich ihre Blicke mit denen einer etwa gleichaltrigen Frau, die dort ebenfalls im Wasser saß. Nach einigen Augenblicken hob diese ihren Unterarm, auf dem eine eintätowierte Häftlingsnummer sichtbar wurde. Beide Frauen nahmen sich darauf wortlos in die Arme und weinten.“



Weitere Informationen:

• Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Vertrag über die Förderung des jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein vom 21.08.2018 (Drucksache 19/880):
https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/00800/drucksache-19-00880.pdf
• Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses vom 17.09.2018 zum „Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Vertrag über die Förderung des jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein“ (Drucksache 19/985): http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/00900/drucksache-19-00985.pdf

• Antrag von Jamaika, SPD und SSW „Antisemitismus bereits in Schulen vorbeugen“ vom 06.11.2018 (Drucksache 19/1019 neu): http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/01000/drucksache-19-01019.pdf



Pressekontakt: AfD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag • Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel • Tel.: +49-(0)431-988-1656 • Mobil: +49-(0)176-419-692-54 • E-Mail: presse@afd.ltsh.de