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12.12.18
11:03 Uhr
B 90/Grüne

Rasmus Andresen zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2019

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 3+23+36+37+48+55 – Haushaltsplan für das Pressesprecherin Haushaltsjahr 2019 Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der haushaltspolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Rasmus Andresen: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 446.18 / 12.12.2018


Dieser Haushalt setzt auf Bildungsgerechtigkeit
Sehr geehrte Damen und Herren,
2234: Eine der wichtigsten Zahlen der diesjährigen Haushaltsberatungen findet man nicht im Haushalt. 2234 Schüler*innen verlassen unsere Schulen jährlich ohne Schul- abschluss. 2234 Schüler*innen, die mit sehr schlechten Zukunftsperspektiven ins Leben entlassen werden. Jede*r einzelne ist eine*r zu viel.
Deutschland ist eines der Länder, in denen der Bildungserfolg zu stark von der Postleit- zahl abhängt. Das wollen wir ändern. Eine gute Unterrichtsversorgung ist dafür die Grundlage. Wir gehen in der Jamaika-Koalition den Weg der Küstenkoalition weiter und schaffen in 2019 im nächsten Schritt 234 neue Lehrer*innenstellen und weitere 90 Stel- len für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst. Davon profitieren alle Schulen.
Es gibt aber Schulen, die aufgrund ihrer Lage und Profile besonders stark herausgefor- dert sind. An Ihnen entscheidet sich die Zukunft unserer Gesellschaft. Diese Schulen sind viel zu lang vernachlässigt worden. Das ändern wir mit dem Bildungsbonus. Er ist das Herzstück unseres Landeshaushalts 2019. Für uns Grüne ist es das wichtigste bil- dungspolitische Projekt in dieser Wahlperiode. Ab dem Schuljahr 2019/2020 stellen wir acht Millionen Euro oder umgerechnet 160 Lehrer*innenstellen zur Verfügung, um allen Schüler*innen unabhängig von Herkunft und Wohnort gleiche Zukunftschancen zu er- möglichen. Die Schulen können je nach Bedarf und Konzept selbst entscheiden, ob Sie mehr Lehrkräfte einstellen oder das Geld beispielsweise in Schulsozialarbeit investieren wollen.
Jamaika setzt auf Bildungsgerechtigkeit. Das zeigen wir auch an anderen Stellen im Haushalt. Es ist zutiefst ungerecht, dass Physiotherapeut*innen, Logopäd*innen und Ergotherapeut*innen für ihre Ausbildung bis zu 400 Euro monatlich an Gebühren zahlen
Seite 1 von 5 müssen. Anstatt junge Menschen durch Schulgeld von der Ausbildung abzuhalten, müssen wir um jede einzelne Person werben. Wir brauchen mehr Logopäd*innen, Ergo- therapeut*innen oder Physiotherapeut*innen, nicht weniger. Deshalb beschließen wir heute die Gebührenfreiheit für die Gesundheitsfachberufe zum 1.1.2019.
Eine unserer wichtigsten politischen Aufgaben ist es, für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu sorgen. Die 31 Familienbildungsstätten in unserem Land leisten dafür existenziell wichtige Arbeit. Sie helfen jungen Familien in Krisensituationen oder sind Raum für generationenübergreifende Begegnungen. Die Mitarbeiter*innen in den Fami- lienbildungsstätten haben unsere Rückendeckung verdient. Wir meinen es Ernst und stocken die Förderung um 442.000 Euro auf.
Manchmal sind es aber auch kleine Summen, die Großes bewegen. Wir fördern eine Reihe von kleinen Einrichtungen, die für unsere Gesellschaft unverzichtbar geworden sind. Dazu gehören beispielsweise die Fachberatungsstelle Essstörungen Stormarn, die Präventionsarbeit von Pro Familia, und das Musikprojekt in sozialen Brennpunkten Mu- siculum.
Deutlich mehr Mittel benötigen wir für unser Universitätsklinikum. Ein gut ausgestattetes UKSH ist für unsere Gesundheitsversorgung unverzichtbar. Auch wenn es bei uns viele Irritationen darüber gegeben hat, dass die Innenausstattung des UKSH bei den Bauplä- nen bisher nur ungenügend berücksichtigt wurde, muss das UKSH angemessen aus- gestattet sein.
Bei einigen unserer Haushaltsanträge ist es in den letzten Wochen zum Urhe- ber*innenstreit mit SPD und SSW gekommen. Die Wahrheit ist, dass sowohl die Akti- vist*innen für die Schulgeldfreiheit als auch die Familienbildungsstätten auf alle Fraktio- nen zugekommen sind und bei allen gute Überzeugungsarbeit geleistet haben. Das Pri- vileg der Opposition ist, im Tempo schneller und in der Summe höher zu sein als die Regierungsfraktionen. Das Privileg der Regierungsfraktionen ist, am Schluss entschei- den zu können. Für alle außerhalb des Plenarsaals sind das politische Sandkastenspie- le. Wichtig ist, dass das Geld kommt und die Einrichtungen für ihre wichtige Arbeit ge- stärkt werden. Darüber sollten wir uns gemeinsam freuen.
Die Klimakonferenz in Kattowice zeigt: Uns bleiben nur noch wenige Jahre um ernsthaft unser Klima und unsere Umwelt zu schützen. Deshalb ist es wichtig, dass wir Schritt für Schritt auf allen Ebenen unseren Beitrag dazu leisten. Deshalb begrüßen wir Grüne, dass europaweit viele junge Menschen für Klimagerechtigkeit streiken und auf die Stra- ße gehen. Freitagmorgen ab 8 Uhr auch hier vorm Landeshaus. Es liegt an uns zu han- deln. Schleswig-Holstein ist Klimaschutzland. Mit unserem neuen Umweltminister Jan- Philipp Albrecht wird die Energiewende in den nächsten Jahren umgesetzt und der Na- turschutz aufgewertet: sachlich, dialogbereit und zielsicher. Der Landeshaushalt erhält für dieses Ziel viele konkrete Maßnahmen. Von der Energiewende bis zum Gewässer- schutz.
Für konkreten Umweltschutz ist gute Umweltbildung entscheidend. Deshalb stocken wir die Anzahl der Plätze für das Freiwillige ökologische Jahr von 150 auf 170 auf und er- höhen die Platzpauschale. Mit der Fachklasse Ökolandbau fördern wir das Verständnis für eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft und unterstützen die ökologische Agrar- wende.
Über unsere Fraktionsanträge tun wir auch dem Wald etwas Gutes: Denn Wälder sind nicht nur wichtige Erholungsräume, sondern für den Klimaschutz und die biologische
2 Vielfalt unersetzlich. Wir steigen in den Vertragsnaturschutz im Privatwald ein. Die Ver- tragsnaturschutzprogramme in der Landwirtschaft sind eine Erfolgsgeschichte. Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass sich diese Erfolgsgeschichte im Wald fortsetzen wird. Für die Pflege und Betreuung von verletzten Wildtieren stellen wir 200.000 Euro in den Haushalt.
Unser Klima wird aber nur erfolgreich geschützt, wenn wir es schaffen, mehr Mobilität von der Straße auf die Schiene und Radwege zu verlagern. Wir investieren deshalb über das Sondervermögen Moin.SH in den kommenden Jahren knapp 100 Millionen Euro in Schienenprojekte und umweltfreundlichere Antriebstechnologie. Eine wichtige Grundlage ist dafür ein Gutachten zur Entwicklung der Bahninfrastruktur. Gerade ange- sichts der aktuellen Verspätungswellen und maroden Bahninfrastruktur ist es wichtig, nicht nur an aktuellen Schrauben herumzudoktern, sondern das schleswig-holsteinische Bahnnetz grundsätzlich nachhaltig aufzustellen.
Neben konkreten Maßnahmen auf Landesebene wollen wir die Kommunen dabei unter- stützen, gemeinsam Fahrradkonzepte zu erarbeiten. Nur wenn vor Ort die Radpolitik aufgewertet wird, kann die Mobilitätswende erfolgreich sein. Wir unterstützen deshalb Kommunen wie Geesthacht und Bürgermeister Schulze bei ihrem Engagement und wünschen uns mehr kommunale Initiativen für den Radverkehr. Für den Austausch der Kommunen ist der Verein Rad.SH wichtig. Wir unterstützen die Aktivitäten des Vereins 2019 mit 70.000 Euro und wünschen uns, dass sich viele Kommunen intensiv beteili- gen.
Aktuelle Berichte über steigenden Antisemitismus und Rassismus zeigen, dass der Schutz von Minderheiten und eine aktive Antidiskriminierungspolitik weiter wichtig sind. Dass es in unseren Reihen Abgeordnete gibt, die diesen demokratischen Konsens ver- lassen, ist beschämend. Und ganz ehrlich, verbleibende Abgeordnete der AfD: Der Rauswurf Ihrer Landesvorsitzenden Sayn-Wittgenstein war doch nur ein Feigenblatt. Sie wollen behaupten können, dass Sie etwas gegen extrem Rechte in den eigenen Reihen unternehmen. Die Unterstützung eines Holocaust-Leugner-Vereins ist völlig in- akzeptabel, überraschend war die Meldung dazu aber nicht. Ihre Haushaltsanträge, Herr Nobis, beweisen uns aber, dass Sie auch ohne Ihre Landesvorsitzende gegen Minderheiten hetzen und unsere Verfassung mit Füßen treten. Die Beratung für trauma- tisierte Geflüchtete, die Sozial- und Bildungsberatung für hier lebende Sinti und Roma, der Landesbeauftragte für Asyl und Migration, Gleichstellungsprojekte und die Unter- stützung für Lesben, Schwule, Bi, Trans und Inter: Alles wird einfach weggestrichen. Ih- re Politik bleibt extrem rechts und einfach nur widerlich.
Wir hingegen stärken unsere offene Demokratie und setzen uns für Menschenrechte ein. Wir schaffen ein humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders Schutzbedürftige und schaffen eine Clearingstelle für Menschen ohne Papiere. Wir unterstützen das Pro- jekt Myriam für gewaltbetroffene geflüchtete Frauen. Wir stärken unseren Flüchtlings- beauftragten Stefan Schmidt und stärken mit Zebra e.V. einen Verein, der die Opfer von Angriffen rechter Gewalt unterstützt.
Durch kulturelle Arbeit wird unsere Gesellschaft zusammengehalten und belebt. Die vie- len Kulturschaffenden im Land leisten wertvolle Arbeit. Wir geben viel zu wenig Geld für Kulturarbeit im Land aus. Nach dem Investitionsprogramm für die Soziokultur gehen wir mit 50.000 Euro für die Projektförderung der freien Theater einen nächsten wichtigen Schritt. Wir wollen in den nächsten Jahren weitere Schritte gehen, gerade für die freie Kulturszene. Unser Ziel ist es, den Kulturetat insgesamt zu erhöhen.

3 Wir haben als Jamaika Koalition starke Schwerpunkte, die unser Land fit für die Zukunft machen. Und auch aus der Opposition gibt es eine Reihe guter Vorschläge. Trotzdem gibt es in ihren Anträgen Mythen, Frau Raudies, die ich hier nicht so stehen lassen kann.
Mythos 1: Die Neuverschuldung sinkt im SPD-Vorschlag im Vergleich zu Jamaika um 35 Millionen Euro.
Die Wahrheit ist: Die Gegenfinanzierungen der SPD sind in Teilen unseriös. Einnahmen durch Gebühren, Geldbußen oder die Kirchensteuer einfach zu erhöhen ist zwar tech- nisch möglich, aber keine echte Gegenfinanzierung. Dasselbe gilt für das Schönrech- nen bei den gesetzlichen Leistungen. Sie wissen genau, dass die Leistungen finanziert werden müssen, auch wenn Sie die Titel zusammenstreichen. In unserer gemeinsamen Regierungszeit haben wir über genau dieselben Taschenspielertricks von der damali- gen Opposition noch den Kopf geschüttelt.
Mythos 2: Die SPD ist die Weihnachtsgeld- und Beamt*innenpartei.
Die Wahrheit ist: Zur Gegenfinanzierung des Weihnachtsgeldes nutzen Sie die Perso- nalvorsorge. Die Personalvorsorge ist allerdings so hoch angesetzt, um die Übernahme der Tarifabschlüsse für Beamt*innen im kommenden Jahr sicherstellen. Liebe Be- amt*innen, Augen auf bei den SPD-Versprechen. Das Geld, was Ihnen beim Weih- nachtsgeld versprochen wird, fehlt Ihnen am Ende beim Tarifabschluss.
Mythos 3: Die SPD setzt auf Kita Qualität und Beitragsfreiheit.
Die Wahrheit ist: Während Frau Midyatli im September noch erklärt hat, dass aufgrund der guten Haushaltslage eine bessere Kita-Qualität und Beitragsfreiheit finanziert wer- den kann, hat sich nun ihr Kurs geändert. Sie nehmen 14 Millionen Euro aus dem Kita- Qualitätsgesetz und stecken es in die Beitragsfreiheit von der überdurchschnittlich hohe Einkommen profitieren. Von einem schlechteren Personalschlüssel, der die Konse- quenz aus ihrem Antrag ist, leiden alle Kinder und vor allem die vielen Erzieher*innen.
Wir stimmen als Koalition guten Anträgen aus der Opposition auch zu. Dem SSW ge- bührt der Dank für seine konstruktive Zusammenarbeit und zwei Haushaltsanträge, bei denen ihr uns im positiven Sinne getrieben habt. Das gilt für die Unterstützung der Kul- turarbeit der dänischen Minderheit und eine weitere Aufstockung der Mittel für die Tier- heime.
Die Haushaltsberatungen finden unter veränderten Vorzeichen statt. Erstmals sind die Auswirkungen der HSH Nordbank direkt im Haushalt zu spüren. 450 Millionen Euro ist extrem viel Geld. Gleichzeitig zeigen die letzte Steuerschätzung und die Lage im Euro- raum, dass auch die seit Jahren sehr gute Konjunktur nicht unendlich positiv weiterlau- fen wird.
Es ist das gute Recht des Landesrechnungshofs, vor diesem Hintergrund und steigen- der Pensionsverpflichtungen, uns zu Ausgabendisziplin zu ermahnen. Wir denken Fi- nanzpolitik aber nicht nur in Beton und Schuldenabbau. Wir Grüne wollen eine intakte, soziale Infrastruktur sowie ökologische und finanzpolitische Nachhaltigkeit. Das bedeu- tet auch, dass wir weiter mehr Geld in Bildung investieren wollen.
Der Landeshaushalt 2019 ist ein Zukunftshaushalt. Wir Grüne bedanken uns bei unse- ren Koalitionspartner*innen, unserer Finanzministerin Monika Heinold plus Team, sowie
4 den Kolleg*innen der demokratischen Opposition für ihre Zusammenarbeit und entstan- dene Kontroversen. Es bringt Spaß, unser Land zu gestalten.
Vielen Dank.
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