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12.12.18
12:00 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 3,23,36,37,48,55: Spürbare Entlastungen: Wir bringen Schleswig-Holstein voran!

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 12. Dezember 2018



TOP 3, 23, 36, 37, 48 und 55: Haushaltsberatungen 2019 (Drs 19/950, 19/951, 19/1079, ÄndA19/1096, ÄndA 19/1097, ÄndA 19/1098, ÄndA 19/1099 und ÄndA 19/1127)



Beate Raudies:
Spürbare Entlastungen: Wir bringen Schleswig-Holstein voran!

Zunächst möchte ich mich dem Dank des Finanzausschussvorsitzenden an die Ministerien und an die Landtagsverwaltung für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit in den Haushaltsberatungen anschließen. Angesichts der Kürze der Zeit, die uns auch dieses Mal zur Verfügung stand, war es nicht selbstverständlich, dass alle Fragen so schnell und kompetent beantwortet werden konnten. Hierfür vielen herzlichen Dank.
Und dieser Dank geht ausdrücklich auch, und das sei mir gestattet, an den stellvertretenden Vorsitzenden Lasse Petersdotter, der die Herausforderung, die Haushaltsberatungen zu leiten, souverän gemeistert hat.
Jamaika legt nun den zweiten Haushalt vor, und wieder ist es ein Haushalt der Superlative: Nie wurde mehr Geld für Investitionen in die Zukunft des Landes verplant, nie gab es mehr Geld für Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung usw. Ja, Jamaika gibt Geld aus – mit vollen Händen, ohne Rücksicht auf Verluste. Wir finden nur, dass Sie es nicht für die richtigen, die wirklich wichtigen Dinge ausgeben. Bei den Menschen in Schleswig-Holstein kommt zu wenig von diesem Segen an. 2



Die Kassen des Landes sind so gut gefüllt wie nie. Seit 2010 haben sich die Einnahmen des Landes um 4,8 Milliarden Euro verbessert. Alleine gegenüber dem Ansatz von 2018 fließen rund 600 Millionen Euro mehr in die Landeskasse. Die Zinsausgaben sind dagegen von einst einer Milliarde auf unter 500 Millionen Euro gesunken. Also: Geld ist genug da! Die Sondervermögen, insbesondere IMPULS, sind prall gefüllt, nicht zuletzt mit den Überschüssen aus der vergangenen Legislatur. IMPULS ist nicht nur ausfinanziert, sondern sogar überzeichnet. Damit das nicht so auffällt, planen Sie jetzt zusätzliche Mittel zur Bedarfsanpassung ein, also etwa für Kostensteigerungen und verteilen kleinere und größere Geschenke. IMPULS ist inzwischen der reinste Selbstbedienungsladen für Sie geworden. Hoffen wir, dass später das Geld für wirklich wichtige Investitionen nicht fehlt! Wissen Sie eigentlich noch, welche Idee mal hinter IMPULS stand? Haushaltsüberschüsse überjährig zu nutzen und damit zusätzliche Investitionen anzuschieben. Deswegen war der Bestand des Sondervermögens ursprünglich auf 450 Mio. Euro gedeckelt. Damit war sichergestellt, dass etwaige Haushaltsüberschüsse auch für die Schuldentilgung zur Verfügung stehen. Und heute? IMPULS – einst von der CDU / FDP- Opposition belächelt, ja verspottet, macht Investitionen jenseits der Milliardengrenze und eine beispiellose Investitionsquote möglich. Was diese Quote, die Sie wie eine Mantra vor sich hertragen, wirklich wert ist, zeigt aber doch die Tatsache, dass die Übernahme der Garantielasten aus der HSH Nordbank die Quote 2018 auf sagenhafte 27,6 Prozent gehoben hat. Und Ihre knapp 10% Investitionsquote (ohne HSH) aus dem Entwurf werden sich erst einmal in der Praxis beweisen müssen. Denn es fehlt an der realen Umsetzbarkeit. Angesichts steigender Baukosten, Fachkräftemangel auf allen Ebenen und einer hohen Auslastung der Bauwirtschaft muss man langsam mal fragen, was am Ende tatsächlich auf der Straße ankommt… Es fehlen baureife Projekte, das Geld fließt nicht ab. So planen Sie etwa für die Sanierung der Landesstraßen 2019 mehr als 60 Millionen Euro ein, aber nur etwas mehr als die Hälfte, nämlich 32 Millionen Euro, sind mit konkreten Maßnahmen belegt. Ob also die Mittel 2019 vollständig verausgabt werden können, ist doch eher zweifelhaft - Task Force hin oder her! Selbst die Finanzministerin hat schon eingestanden, dass sie nicht weiß, ob überhaupt alle Mittel verbaut werden können. Hinzu kommt: 180 Millionen Euro zusätzlich plant die Ministerin in den kommenden Jahren inzwischen ein für Baukostensteigerungen - die sie selber befeuert. Die Beseitigung des Sanierungsstaus ist zweifellos wichtig. Und auch wir unterstützen das Vorhaben, dies mithilfe von Sondervermögen zu tun. Es macht aber keinen Sinn, einem Sondervermögen unbegrenzt Geld zuzuführen, das absehbar nicht ausgegeben werden kann.
Schon heute sind Teile der IMPULS-Gelder fest angelegt, weil nicht mit einem Mittelabfluss zu rechnen ist. Solange wir für dieses Geld höhere Zinsen erzielen, als wir für neue Kredite zahlen müssen, ist das vielleicht noch ein gutes Geschäft. Ob dieses Verhalten volkswirtschaftlich sinnvoll ist, steht zumindest in Frage. Das findet im Übrigen auch der Landesrechnungshof. 3



Haben Sie eigentlich gelesen, was die Präsidentin Frau Schäfer Ihnen ins Stammbuch schreibt? „Zu einer generationengerechten Haushaltspolitik gehört neben der Vorsorge für die marode Infrastruktur auch eine deutlich höhere Tilgung der Altschulden. Beides ist gleichzeitig möglich, dank der guten Einnahmen und der niedrigen Zinsen.“ In Zeiten von Haushaltsüberschüssen, angesichts von 26,4 Mrd. Euro Altschulden und den hinzukommenden Belastungen aus der HSH Nordbank wird es dringend Zeit, sich auch über ein höheres Engagement bei der Schuldentilgung Gedanken zu machen. Und auch wenn 90% des Zinsänderungsrisikos durch Zinssicherungsgeschäfte abgedeckt werden, ist die Verschuldung des Landes inzwischen besorgniserregend hoch. Das vom Landtag im Frühjahr beschlossene Ziel eines Schuldentilgungsplanes ist daher genau richtig. Der Haushaltsentwurf 2019 war in diesem Punkt schon wenig ambitioniert, aber mit der Nachschiebeliste setzt die Regierung noch eins drauf! Jetzt soll die Neuverschuldung um fast 350 Millionen Euro steigen! Und auch die Koalitionsfraktionen sind sich nicht zu fein, ihre Haushaltsanträge durch neue Schulden gegenzufinanzieren, anstatt mal den Haushalt nach Einsparmöglichkeiten zu durchsuchen!
Die gute Finanzsituation ist ein Glücksfall für unser Land, aber auch eine Herausforderung. Die anstehenden Aufgaben – die Digitalisierung, der demografische Wandel, der Fachkräftemangel, der Investitionsstau in der öffentlichen Infrastruktur oder der Abbau der Altschulden – erfordern auch politisches Handeln und Entscheidungen. Sie versuchen derzeit, es allen recht zu machen – außer vielleicht den Beschäftigten des Landes. Geradezu als Hohn müssen die Landesbediensteten doch Ihren Versuch verstehen, die Vorsorge für Tariferhöhungen als den Einstieg in eine Besoldungsstrukturreform zu verkaufen. Und wieso Sie angesichts 2017 nicht verausgabter Personalmittel von mehr als 73 Millionen Euro zu der Auffassung kommen, eine bessere Besoldung für die BeamtInnen des Landes sei nicht dauerhaft finanzierbar ist, ist mir wirklich schleierhaft. Konflikte zwischen den Koalitionspartnern oder mit den Kommunen werden mit viel Geld zugeschüttet. Beim Lesen der Nachschiebeliste konnte man den Eindruck gewinnen, die Koalitionsabgeordneten hätten „Wünsch dir was“ gespielt.
Millionen werden eingestellt für Projekte, deren Konzeption zumindest fragwürdig ist:
• 500 T€ für kommunale E-Sport-Häuser: Das Konzept soll die Landesregierung erst noch erarbeiten – wenn sich denn Innenministerium und Staatskanzlei einig werden, wer den Gutachtenauftrag vergibt und bezahlt.
• 500.000 Euro für die Luftreinhaltung an Verkehrsschwerpunkten: An Bundes-, Landes- oder Gemeindestraßen? Nur in Kiel, oder auch in anderen Orten im Land? Egal, sieht erstmal nach „anpacken“ aus und übertüncht die internen Konflikte! 4



• 2 Millionen Euro für Investitionszuschüsse an Altenpflegeschulen: Im Finanzausschuss konnte das Ministerium nicht einmal über etwaige Bedarfe Auskunft geben
• 2 Millionen Euro für die Förderung des emissionsfreien ÖPNV: Gut gemeint! Aber von 2 Millionen Euro wären gerade einmal zwei Fahrzeuge finanzierbar , und eine einzige Ladestation für E-Busse kostet mehrere hunderttausend Euro. Auch im Sondervermögen MOIN.SH versauern die Millionen, warum nutzen Sie dieses Geld nicht?
Sie geben das Geld mit vollen Händen aus… Aber für das UKSH haben sie nicht einen zusätzlichen Cent übrig. Diese Prioritätensetzung möge doch jeder für sich bewerten! Und was macht die Finanzministerin? Frau Heinold versucht verzweifelt, das Geld zusammen zuhalten. Darum die vielen Vorsorgetitel - für Einnahmeausfälle, für Ausgabensteigerungen… Alleine im Kapital 11.11 verplanen Sie - ohne Personalkosten - dafür mehr als 88 Millionen Euro, mit zum Teil doch verblüffenden Begründungen. Vorsorge an sich ist ja nicht verkehrt, aber Vorsorge um der Vorsorge Willen? Wie seriös ist das denn?
Erlauben Sie mir an dieser Stelle ein weiteres Zitat: LRH Frau Schäfer: „Mit einer höheren Ausgabendisziplin hätte die Landesregierung auch einen Haushalt ohne oder mit einer deutlich geringeren Neuverschuldung vorlegen können.“ Bitteschön – da sind wir gerne behilflich! Wir zeigen, dass die von der Frau Finanzministerin wie selbstverständlich mit der Nachschiebeliste verkündete Neuverschuldung nicht in Stein gemeißelt ist. Unsere Haushaltsanträge beinhalten eine um rund 36 Millionen Euro geringere Neuverschuldung. Alle Anträge sind gegenfinanziert. Ich bin gespannt, ob der Oberbuchhalter der Koalition, Herr Koch, sich nachher wieder im Klein- Klein verliert. Und ich bin schon sehr neugierig, Herr Koch, wie Sie uns erklären werden, warum Sie für Ihre Haushaltsanträge die Nettokreditaufnahme erhöhen müssen. Wer ist denn hier unsolide?
Auch in Zeiten voller Kassen gilt es, Prioritäten zu setzen. Unsere Prioritäten – das werden wir heute deutlich machen – sind andere als die der Jamaika-Koalition. Unser Haushalt steht auf soliden Beinen und ist somit eine echte Alternative zu den ambitionslosen Plänen der Landesregierung.