Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
13.12.18
15:41 Uhr
SSW

Lars Harms: Reichsbürger sind Feinde der Demokratie

Presseinformation Kiel, den 13.12.2018

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 14 „Reichsbürger*innenbewegung“ in Schleswig-Holstein Drs. 19/1069

„Die Reichsbürgerszene ist keine lustige, kleine Gruppierung harmloser und
etwas spinnerter Menschen.“


Die Zahl der als Reichbürger identifizierten Personen in Schleswig-Holstein ist seit dem
Beginn der Beobachtung durch den Verfassungsschutz stetig gestiegen.
2015 sollten es 24 Personen sein, 2016 dann 54. 2017 schon 230 und mit Stand vom 30.
September 2018 288 Personen. Zusätzlich 30 Personen als Verdachtsfälle. Die einzige
frohe Botschaft der Anfrage ist die, dass derzeit keiner dieser Fälle als Gefährder
eingestuft wird.
Das Problembewusstsein scheint geweckt zu sein und man kann nur hoffen, dass die
kommunalen Behörden, staatlichen Stellen, gesellschaftlichen Organisationen und
Bürgerinnen und Bürger hellhörig bleiben und Hinweise weiterleiten, wenn sie bei 2
anderen Personen Nähe zur Reichsbürgerszene vermuten. Das genaue Hinsehen, das
können wir nicht nur unseren Behörden überlassen. Da sind wir alle gefragt.
Ich bin, wenn ich das einmal so sagen darf, nach er Lektüre dieser Anfrage erneut froh
über die vom SSW angestoßene Debatte über die Waffenkontrollen in diesem Jahr.
Und wenn bei verdachtsunabhängigen Kontrollen dann zufälligerweise auffällt, dass
die Flagge des Deutschen Kaiserreichs im hoch umzäunten Garten weht, macht es
wohl Sinn, mal genauer hinzusehen.
Von unseren identifizierten 288 Reichbürgern haben 20 Personen waffenrechtliche
Erlaubnisse und insgesamt 46 Waffen. In 10 Fällen wurde die Erlaubnis bereits
widerrufen. Laut Antwort der Landesregierung prüfen die Waffenbehörden in den
übrigen 10 Fällen, ob die vorliegenden Erkenntnisse ausreichen, um die
waffenrechtlichen Erlaubnisse nach den Vorschriften des Waffengesetzes widerrufen
zu können. Wobei mir der gesunde Menschenverstand sagt, dass Menschen, die sich
nicht zu unseren demokratischen Werten bekennen und meinen, sich von unserer
Verfassung abwenden zu können; Menschen die sogar denken, sie könnten die
Existenz der Bundesrepublik leugnen, in keinem Fall im Besitz von Waffen sein sollten.
Die Reichsbürgerszene ist keine lustige, kleine Gruppierung harmloser und etwas
spinnerter Menschen. Ideologisch ist eine Verbindung zwischen Reichbürgerszene und
rechtsextremen Milieu naheliegend. Reichsbürger stellen nicht nur latent eine ernst zu
nehmende Bedrohung für unsere Gesellschaft dar.
Der Übergang von Verschwörungstheorien im Internet hin zu einer verzerrten
Realitätswahrnehmung und dem Suchen nach vermeintlichen Antworten in
menschenverachtenden Ideologien vollzieht sich in manchen Fällen durchaus 3
erkennbar. Bei Tendenzen dieser Art müssen wir auch als Zivilbevölkerung den Ernst
der Lage erkennen und einschreiten.
Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Hemmschwelle in vielen Bereichen gesunken
ist. Leute trauen sich bedauerlicherweise wieder Dinge zu sagen, die früher nicht
gingen. Teilweise hören wir aus der Mitte der Gesellschaft rechtsextreme Äußerungen
ohne wenigstens den Anflug von Scham. Hier müssen wir laut und deutlich
widersprechen!
Das kann beschwerlich sein. Reichsbürger argumentieren mit Verschwörungstheorien.
Oft sind sie aus einer biographischen oder finanziellen Lebenskrise heraus in ihrer
Parallelwelt gelandet. Und dann wird der Staat für persönliche Schicksale
verantwortlich gemacht. Sie haben ein Faible für das historische Deutsche Reich, eben
weil es das nicht mehr gibt. Sie argumentieren mit dem Grundgesetz und lehnen es
doch ab.
Reichsbürgerbewegungen scheinen manchmal etwas schwer zu greifen. Ihr sind
zahlreiche organisierte Gruppierungen, aber eben auch Einzelpersonen zuzuordnen.
Unterm Strich eint sie die Ablehnung der Bundesrepublik als Staat und die Vorstellung,
Gesetze und staatliche Repräsentantinnen und Repräsentanten nicht anerkennen zu
müssen – schlicht:
Sie sind Feinde der Demokratie. Damit dürfen wir sie nicht durchkommen lassen.
Demokratische Werte – freie Wahlen, Gewaltenteilung, Minderheitenschutz, Achtung
der Menschenrechte – dafür lohnt es sich nun wirklich zu streiten!


Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html