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23.01.19
17:49 Uhr
B 90/Grüne

Aminata Touré zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 14 und TOP 23 – Gewalt gegenüber Frauen entschlos- Pressesprecherin sen entgegen treten / Geschlechtssensible Asylverfahren um- Claudia Jacob setzen – geschlechtsspezifische Gewalt als Verfolgungsgrund Landeshaus anerkennen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfrakti- Zentrale: 0431 / 988 – 1500 on von Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Aminata Touré: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 022.19 / 23.01.2019

Gewalt gegen Frauen ist eine Frage der Sicherheitspo- litik, nicht der Sozialpolitik Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleg*innen und Kollegen, liebe Gäste auf der Tri- büne,
beim Thema „Gewalt gegen Frauen verhindern“ ist man sich politisch immer schnell ei- nig. Alle sagen: „Wir müssen etwas dagegen tun!“ Deshalb komme ich direkt zu den po- litisch trennenden Punkten. Wir diskutieren zwei Themen: „Gewalt gegen Frauen ver- hindern“ und „geschlechtssensible Asylverfahren“.
Wie gehen wir damit um, dass die Bundesregierung der Istanbulkonvention – also dem Übereinkommen des Europarats, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt einzu- dämmen zwar zugestimmt hat, aber mit Vorbehalt beim Artikel 59? Worum geht es beim Artikel 59? Der Europarat fordert dazu auf, Frauen im Asylverfahren Schutz zu gewähren und diesen vor allem unabhängig von ihren Ehegatten. Weshalb ist diese Forderung wichtig? Weil es nicht sein kann, dass das Asylverfahren einer Frau, die durch ihren Ehemann häusliche Gewalt erfährt, an sein Verfahren gekoppelt ist.
Die Bundesregierung argumentiert, dass diese Situation im deutschen Recht schon längst geregelt ist. Da könnte man sagen, dann sind wir doch gut davor. Wenn man sich aber näher mit dem Thema beschäftigt, wird man Stellungnahmen finden, wie die vom Deutschen Juristinnenbund oder dem des Instituts für Menschenrechte, die aus guten Gründen fordern, dass man diesen Vorbehalt zurücknehmen sollte, da das deutsche Recht eben nicht alle Punkte bereits abdeckt.
Wenn man sich dann andere Inhalte der Istanbulkonvention anguckt, bei denen es nicht um Frauen im Asylverfahren geht, könnte man ebenfalls sagen: Es gibt keinen Rege- lungsbedarf, ist bereits geltendes Recht in Deutschland. Man gewinnt den Eindruck, so- bald es um asylpolitische Fragen geht, wird der Ton härter, das Verständnis geringer
Seite 1 von 3 und der Blick kälter. Wenn man sich dafür ausspricht, Gewalt gegen Frauen zu be- kämpfen, sollte es für alle Frauen, jeglicher Herkunft gelten.
Möglicherweise hat die SPD diesen Antrag ganz bewusst gestellt. Sie haben es auf Bundesebene ja auch nicht geschafft, die CDU zu überzeugen, diesen Vorbehalt bei Ar- tikel 59 raus zu verhandeln. Und es ist schon fast schmeichelhaft, dass sie in bundes- politischen Angelegenheiten immer auf uns Grüne auf Landesebene setzen, wenn ihre Kolleg*innen auf Bundesebene scheitern.
Und ich hätte es sehr gut gefunden, wenn wir uns als Jamaika-Koalition dafür ausge- sprochen hätten, den Vorbehalt zurück zu nehmen oder zumindest zu prüfen. Es hätte uns gut gestanden, eine klare Haltung zu zeigen. Gerade wir, die wir ein humanitäres Aufnahmeprogramm für vor allem 500 Frauen und Kinder auf den Weg gebracht haben. In genau dieser Grundhaltung hätten wir uns positionieren können. Aber das ist mit CDU und FDP nicht zu machen, was uns Grüne enttäuscht
Wir haben dem Antrag der SPD, der sich vor allem auf bundespolitische Themen be- zieht, mit konkreten landespolitischen Maßnahmen geantwortet. Wir können in der Fra- ge der Gewaltschutzkonzepte auf kommunaler Ebene in Flüchtlingsunterkünften mehr tun und diese einführen, so wie im Koalitionsvertrag vereinbart.
Wir können uns für die erleichterte Kreisverteilung von Frauen im Asylverfahren in Frauenhäuser einsetzen. Warum ist das notwendig? Eine Frau im Asylverfahren, die ei- ne Wohnsitzauflage hat und in Plön lebt, aber der einzige Frauenhausplatz in Neumü- nster frei ist, weil unsere Frauenhäuser chronisch überbelegt sind, der kann verwehrt werden, diesen Platz anzunehmen. Und es wird auch zum Problem für die Frauen- hausmitarbeiter*innen, da sie sich auch mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Wir sind also gut darin beraten, diesen Erlass auf den Weg zu bringen.
Wir haben als Land den Landesverband Frauenberatungsstellen mit der Umsetzung der Istanbulkonvention beauftragt und viel Geld bereitgestellt. Wir sind uns aber als Parla- ment bewusst, dass wir deshalb nicht aus der Pflicht sind. Wir haben bereits sechs Mil- lionen Euro für die Sanierung von Frauenhäusern bereitgestellt, 30 weitere Notfallplätze geschaffen, bis wir die Finanzierung 2020 grundsätzlich neu diskutieren werden.
Von den 16 Frauenhäusern in Schleswig-Holstein habe ich bereits 15 besucht und mir überall angehört, wo die Probleme liegen und wo wir als Politik und Gesellschaft besser werden müssen. Die Studie des Bundesfrauenministeriums zeigt: An jedem dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet in Deutschland.
Und deshalb möchte ich zum Schluss noch etwas deutlich sagen:
Ich möchte, dass wir als politisch Verantwortliche mehr tun, als uns immer einig darüber zu sein, dass es ganz schrecklich ist und Gewalt gegen Frauen bekämpft werden muss. Es müssen drastischere Lösungen aus der Politik her.
Wir wollen, dass das Thema neben sozialpolitischen Gesichtspunkten stärker als si- cherheitspolitisch relevantes Thema diskutiert wird. Es geht nämlich um nicht weniger als 90 Prozent der Fälle in denen Frauen Gewalt erleben – sei es zu Hause, auf der Straße, im Arbeitsumfeld oder sonst wo. Wir wollen dass das Gleichstellungsministeri- um – Frau Sütterlin-Waack – sich zusammen mit dem Innenministerium – Herrn Grote – Gedanken macht, welche neuen Konzepte her müssen.

2 Ich bitte Sie, unserem gemeinsamen Antrag und dem Alternativantrag der Koalitions- fraktionen zuzustimmen. ***



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