Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
14.02.19
16:25 Uhr
SSW

Lars Harms: Abschiebehaft ist keine humane Flüchtlingspolitik

Presseinformation Kiel, den 14.02.2019

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 27 Humanitäre Grundsätze der Flüchtlingspolitik auch in der Gesetzgebung zur Abschiebungshaft erhalten Drs. 19/1237

„Der SSW lehnt Abschiebehaftanstalten nach wie vor insgesamt ab.“

Vorrausschieben möchte ich eines: Der SSW lehnt die Einrichtung einer Abschiebehaftanstalt nach wie vor insgesamt ab. Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören in keine Haftanstalt. Straffällig gewordene Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis sollten direkt aus der Strafhaft heraus abgeschoben werden und nicht noch den Zwischenstopp Abschiebehafteinrichtung einlegen. Und für die sogenannten Gefährder haben wir unsere vier Plätze in Neumünster. Also reden wir vor allem über Menschen, die nichts Schwerwiegendes verbrochen haben. Und für die gibt es mildere Mittel als die Abschiebehaft.

Abschiebehaft ist eine freiwillige Maßnahme des Landes, Schleswig-Holstein ist bundesrechtlich dazu nicht verpflichtet. Und deswegen muss ich ehrlich sagen, dass ich noch mit diesem Antrag hadere. Für mich steht fest: Abschiebehaft ist keine humane Flüchtlingspolitik! Generell nicht und nie. Und da wirkt es wie ein paradoxes Zugeständnis, wenn, wie es die Überschrift des Antrags fordert, die humanitären Grundsätze der schleswig- holsteinischen Flüchtlingspolitik auch in der Gesetzgebung zur Abschiebungshaft erhalten 2
werden sollen. Entweder humanitäre Grundsätze oder Abschiebehaft. Beides zusammen geht nach meinem Verständnis nicht.

Nun bin ich Realpolitiker. Mir ist klar, dass die Einrichtung einer Abschiebehaftanstalt, so wenig mir das passt, mit der allergrößten Wahrscheinlichkeit in Glücksstadt zustande kommen wird. Deswegen könnte man sagen, Aufgabe der Opposition muss jetzt sein, Nachbesserungen für den Gesetzesentwurf über den Vollzug der Abschiebungshaft einzubringen, wenn es die Landesregierung oder die regierungstragenden Fraktionen nicht selber tun.

Aus der Anhörung heraus ließen sich jetzt schon viele Aspekte thematisieren. Am wichtigsten wäre es mir persönlich, dass Menschen, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen, nicht zusammen mit Straftätern untergebracht werden. Oder dass insgesamt keine Haftbefehle für besonders schutzbedürftige Gruppen, wie Kinder oder schwangere Frauen, geschrieben werden. Dass die Geflüchteten ihre Smartphones behalten dürfen, genauso wie ihr Bargeld. Dass ein uneingeschränkter Zugang für die Seelsorge sichergestellt wird. Dass der Einschluss in der Nachtzeit ausgeschlossen wird. Oder, dass auch eine Selbstversorgung der Untergebrachten ermöglicht wird.

Der Satz im Aufenthaltsgesetz, den die SPD nun streichen lassen möchte, besagt, dass Minderjährige und Familien mit Minderjährigen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist. Unserer Auffassung nach ist dieser Satz damit so eng gefasst, dass man ihn nicht missverstehen kann. Er ist dafür da, Familien zusammen zu halten und unbegleitete Minderjährige aus der Abschiebehaft raus zu halten.

Eines muss ich den regierungstragenden Fraktionen zugutehalten: Aus der Anhörung zur Abschiebehaft heraus habe ich keinen Zweifel an der Handhabe der Landesregierung, dass Kinder und Minderjährige nicht in die Abschiebehafteinrichtung kommen sollen. Aber wenn es denn doch passiert, in welchem Einzelfall auch immer, ist es aus unserer Sicht von Vorteil, wenn die Familien zusammenbleiben. Wir stellen uns den schlimmsten Fall vor, dass die Eltern mehrere Wochen in der Abschiebehafteinrichtung festsitzen, das minderjährige Kind aber nicht mit darf. Was passiert, wenn es keine Aufsichtspersonen im näheren Umfeld gibt? Muss das Kind dann schlimmstenfalls ins Heim? 3
Für unbegleitete minderjährige Geflüchtete ist die Sachlage für uns klar. Sie gehören nicht in Abschiebehaft. Aber für Familien befürchten wir, dass wir die Situation mit einem solchen Schritt gegebenenfalls sogar noch verschlechtern würden. Deswegen können wir die Streichung des Satzes nur befürworten, wenn zeitgleich sichergestellt wird, dass Familien nicht getrennt werden. Aber trotzdem muss ich sagen, am besten wäre es, wenn es die Abschiebehaft gar nicht gäbe!


Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html