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06.03.19
15:21 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 30: Verfassungsschutzregelanfrage bei Waffenbesitz endlich beschließen!

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 6. März 2019



TOP 30: Extremisten entwaffnen (Drs. 19/1316)


Dr. Kai Dolgner:


Verfassungsschutzregelanfrage bei Waffenbesitz endlich beschließen!

„Es gibt in Deutschland kein Grundrecht auf Waffenbesitz oder gar Selbstverteidigung mit einer Schusswaffe und das ist gut so. Das trägt zur Sicherheit unserer Bevölkerung und unserer Polizeikräfte entscheidend bei. Die Möglichkeit des Erwerbes von Schusswaffen ist in Deutschland aus guten Gründen neben der Sachkunde und Eignung auch an die Zuverlässigkeit des Antragsstellers gebunden. Zudem muss es ein konkretes Bedürfnis wie Jagdausübung, Sportschießen oder eine sehr eng auszulegende persönliche Gefährdung vorliegen. Leider werden diese Bedürfnisse auch vorgetäuscht, um aus anderen Motiven in den Besitz einer Schusswaffe zu gelangen. Das ist eine ständige Herausforderung für unsere Waffenbehörden. Leider macht es sich aber der vorliegende Antrag des SSW zu leicht „die Tatsache, dass man als Extremist bei den Behörden gespeichert ist“ soll „alleine ausreichend“ sein. Niemand in diesem Hause möchte sicherlich, dass Schusswaffen in Hände von Menschen geraten, die sich gewaltsam gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker stellen. Dabei ist es im Grunde egal, ob es sich um sogenannte Reichsbürger, maoistische Stadtguerillieros, Neonazis oder selbsternannte Gotteskrieger handelt. Zu unserer verfassungsmäßigen Ordnung gehört aber auch die Rechtsgebundenheit der Verwaltung. 2



Es gibt nach wie vor weder eine rechtssichere Definition des Begriffes „Extremist“, noch eine Datei, aus der sich zweifelsfrei ergibt, wer unter diesen Begriff fallen könnte. Der Schiffbruch vor den Verwaltungsgerichten wäre deshalb vorprogrammiert. Darüber bin ich ein bisschen enttäuscht, lieber Lars Harms, dass die konstruktive gemeinsame Arbeit in der Küstenkoalition schon so in Vergessenheit geraten ist. Wir waren da handwerklich schon mal weiter. Die unbedingte Bindung der Verwaltung an das Recht ist übrigens eine Errungenschaft, durch welche sich der demokratische Staat von der Willkürherrschaft der Systeme unterscheidet, die politische oder religiöse Extremisten anstreben. Das sollten wir auch bei der Bekämpfung solcher Bestrebungen immer im Blick haben. Was brauchen die Waffenbehörden nun konkret, um dem gemeinsamen Ziel, näher zu kommen? Die Waffenbehörden müssen in einem Rechtsstaat ein pflichtgemäßes Ermessen am Einzelfall ausüben und dafür brauchen sie konkrete Vorgaben und Informationen.
Mussten die Waffenbehörden früher dem Antragsteller noch konkret nachweisen, dass er verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, reicht nun eine tatsachengestützte Annahme aus. Diese Änderung wurde maßgeblich von den SPD geführten Ländern gefordert, auch von Schleswig-Holstein, und seit 2017 endlich umgesetzt. Leider bleibt aber nach wie vor das Problem des Austausches der Informationen zwischen den Waffen- und Sicherheitsbehörden, die im Einzelfall die Ermessensausübung ermöglicht. Auskünfte aus dem Bundeszentralregister, dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister sowie eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle müssen jetzt schon eingeholt werden aber die Informationen einer wichtigen Behörde fehlt, dass ist der Verfassungsschutz. Wir benötigen endlich die Regelanfrage beim Verfassungsschutz, denn woher sollen die Waffenbehörden denn sonst die Informationen über die Verfassungstreue des Antragsstellers herbekommen? 2014 hat auf Antrag Niedersachsens mit Unterstützung der Küstenkoalition der Bundesrat dem Bundestag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Nachdem auf Betreiben der CDU dieses 2017 der Diskontinuität überlassen wurde hat der Bundesrat ihn im April 2018 konsequenter Weise noch einmal beschlossen. Und schon wieder blockiert die Union die Beratung im Bundestag. Deshalb, lieber Kollege Peters, brauchen wir keine jahrelangen Abwägungen und Evaluationen, um eine Bundesratsinitiative vorzubereiten und auch keine langen Ausschussberatungen, denn vernünftige Vorschläge liegen dem Bundestag seit Jahren vor.
Wir sollten uns hier und heute hinter den bereits existierenden gemeinsamen Gesetzentwurf des Bundesrates stellen und der Ministerpräsident sollte sein politisches Gewicht bei seinen Parteifreunden in Berlin einsetzen, dass der Gesetzentwurf endlich im Bundestag beraten und beschlossen wird.“