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17.05.19
12:25 Uhr
B 90/Grüne

Ines Strehlau zur Pflicht zur Teilnahme am Schulunterricht

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 35 – Pflicht zur Teilnahme am Schulunterricht Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die schulpolitische Sprecherin der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Ines Strehlau: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 225.19 / 17.05.2019

Wenn die Zukunft in Gefahr ist, darf auch der Schulbesuch mal hinten anstehen
Sehr geehrte Damen und Herren,
„Die Zeit läuft uns davon. Wir rennen sehenden Auges ins Verderben. Es wurde viel zu lange viel zu langsam agiert, wenn überhaupt.“ So wird heute der Klimaforscher Mojib Latif in den Kieler Nachrichten zitiert.
Die Hütte brennt, wir müssen handeln. Und was macht die AfD? Sie stellt den Antrag, unbedingt, auf jeden Fall, die Schüler*innen in die Schule zu zitieren, zur Not mit Druck eines Ordnungsgeldes für die Eltern. Sie wollen die #fridaysforfuture-Bewegung auf diesem Weg zerschlagen, weil ihnen die Richtung nicht passt. Sie behaupten in Ihrem Antrag, die verfassungsrechtlich verankerte Schulpflicht sei mit den #fridaysforfuture- Demonstrationen einer fortschreitenden, politischen Relativierung ausgesetzt.
Das sehe ich völlig anders. Die Schulpflicht ist weiterhin ein hohes Gut und niemand zweifelt ihre Bedeutung an. Aber es gibt Situationen, in denen gibt es Existentielleres als den Schulbesuch. Wenn die Zukunft in Gefahr ist, darf auch der Schulbesuch mal hinten anstehen. Da haben Sie Grundsätzliches nicht verstanden.
Unser Bildungsauftrag beinhaltet mehr als Ihre, mit AfD-Scheuklappen konstruierte, „Schulbank-Anwesenheits-Pflicht“. Vollumfänglich Handeln geht in der Demokratie an- ders. Der Auftrag für angemessenes Handeln liegt bei den Schulen. Das Schulgesetz bietet den Schulleiter*innen verschiedene Möglichkeiten zu Handeln und die Schul- pflicht zu wahren. Dabei geht es immer um Verhältnismäßigkeit. Die Schulleitungen kennen das Schulgesetz und ihre Handlungsoptionen.
So steht dort in Paragraf 4: „Die Schule soll jungen Menschen kulturelle und gesell-
Seite 1 von 2 schaftliche Orientierung vermitteln. Sie soll dazu ermuntern, eigenständig zu denken und vermeintliche Gewissheiten und gesellschaftliche Strukturen auch kritisch zu über- denken.“
Es geht Ihnen auch in Wahrheit nicht um die Einhaltung des Schulgesetzes, sondern darum, die Schüler*innen daran zu hindern, freitags für den Klimaschutz zu demonstrie- ren. Und Sie wollen sie daran hindern, weil diese Bewegung Ihnen als Klimawandel- leugner*innen ein Dorn im Auge ist. Mündige Schüler*innen, die für ihre Zukunft auf die Straße gehen, die unbequem sind und eine eigene Meinung haben, wollen Sie mit allen Mitteln auf die Schulbank zurück zwingen.
Die AfD disqualifiziert sich selbst, wenn ihr bildungspolitischer Sprecher in der Bundes- tagsfraktion, Götz Frömming, auf die #fridaysforfuture -Bewegung bezogen, sagt: „Die Durchsetzung der Schulpflicht dient auch zum Schutz der Schüler vor sich selbst und zur Verhinderung ihrer Vereinnahmung für die Interessen Dritter. Als der preußische Staat vor gut 200 Jahren die Schulpflicht einführte, geschah das auch zum Schutz der Kinder gegen ihre wirtschaftliche Ausbeutung. Heute sollte die Schule sie vor der ideo- logischen Ausbeutung schützen und diese nicht auch noch befördern.“
So ein Blödsinn. Die AfD sieht die Schüler*innen als manipulierbare Objekte ohne eige- ne Meinung. Das Gegenteil ist der Fall: Die Schüler*innen haben in der Schule ein gu- tes Wissen über den Klimawandel erlangt, ziehen die richtigen Schlüsse und gehen selbstbewusst auf die Straße. Darüber sollten sich alle freuen, anstatt Drohkulissen für die Teilnahme an den Klimademos aufzubauen.
Die Schüler*innen machen uns als Politik Druck – und das ist gut so. Wir müssen Maß- nahmen gegen die Erderwärmung ergreifen – sofort und konsequent. Nur so können wir den Klimawandel eindämmen und eine lebenswerte Zukunft auf unserem Planeten si- chern. Die Schüler*innen lassen uns schwammige Beteuerungen im Politiksprech nicht mehr durchgehen. Sie wollen, dass wir handeln. Und sie sind nicht allein. Inzwischen gibt es die Unterstützung von Eltern und Wissenschaftler*innen. Die Bewegungen #pa- rentsforfuture und #scientistsforfuture fordern es genauso.
Und sie können erste Erfolge verzeichnen: Die ersten Städte haben den Klimanotstand ausgerufen. Neben Los Angeles, London, Vancouver und Basel hat gestern auch die Ratsversammlung hier in Kiel diesen Beschluss gefasst. Das bedeutet, dass bei allen Beschlüssen die Auswirkungen aufs Klima berücksichtigt werden müssen. In der Bun- desregierung bekommt das Thema, zumindest in Ankündigungen, endlich mehr Schwung. Bis Ende des Jahres soll es ein Klimagesetz geben, um wenigstens die Kli- maziele 2030 zu erreichen. Die von 2020 hat die Bundesregierung schon aufgegeben – ein Armutszeugnis.
Die #fridayForFuture – Bewegung ist also keine, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren: „Kampagne“. Schüler*innen nehmen für ihre Zukunft weltweit das Heft des Handelns in die Hand und mobilisieren die Gesellschaft – das ist gelebte politische Beteiligung. Die Schulen gehen sehr verantwortungsvoll mit dem Schulgesetz um und brauchen keine Nachhilfe, schon gar nicht von der AfD.
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