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21.06.19
12:47 Uhr
B 90/Grüne

Marlies Fritzen zur Unterstützung freier Theater im Land

Presseinformation

Landtagsfraktion Rede zu Protokoll gegeben! Schleswig-Holstein TOP 39 – Freie Theater im Land unterstützen Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die kulturpolitische Sprecherin der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Marlies Fritzen: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 280.19 / 21.06.2019

„Mehr“ aus dem Möglichen machen – das ist die Kunst
Einer spielt und einer schaut zu – das ist Theater. Einer geht und alle sind überrascht – das ist das „unerhörte Ereignis“ der Kündigung des Lübecker Theaterdirektors in dieser Woche. Denn einer muss von seiner Kunst leben und einer muss sie bezahlen.
Der „Seher“ spielt in der antiken Tragödie eine maßgebliche Rolle. Und wer die Kultur- szene in Schleswig-Holstein beobachtet, hätte diese „dramatische“ Zuspitzung vielleicht erkennen können. Ist also der Rückstritt des Direktors der Höhepunkt des Dramas und das tragische Ende steht uns noch bevor? Oder ist er die Wendung der Zustände und der Beginn der Lösung der Probleme?
Ich jedenfalls kann die Reaktion von Christian Schwandt gut verstehen. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: sowohl die zunehmenden Besucher*innenzahlen, die den Erfolg des Theaters Lübeck in den letzten Jahren bemessen, als auch die der Statistik der Kulturausgaben der Bundesländer, in der Schleswig-Holstein seit Jahren den vorletzten Platz einnimmt.
Haushaltskonsolidierung und Schuldenbremse sind im Sinne der Generationengerech- tigkeit notwendig. Wenn sie aber dazu führen, dass Strukturen kaputt gespart werden, hat weder die jetzige, noch die zukünftige Generation etwas davon. Als Grüne Kulturpo- litikerin setze ich mich nachdrücklich für eine bessere Kulturförderung in allen Bereichen ein. Das fängt bei der Soziokultur an und hört bei der Theaterförderung nicht auf. Ich wünsche mir, dass der Aufschrei, der durch den Rücktritt von Christian Schwandt ertön- te, nicht ungehört verhallt und wir ein glückliches Ende erleben.
Politik ist die Kunst des Möglichen. Und Politik in einem Konsolidierungsland wie Schleswig-Holstein ist die Kunst, möglichst „Mehr“ aus dem Machbaren zu machen. Ei- Seite 1 von 2 gentlich eine unmögliche Aufgabe, aber wenn wir die Katastrophe abwenden wollen, müssen wir uns hier anstrengen und kreativ sein. Das gilt übrigens nicht nur für die Landespolitik, sondern in gleichem Maß für die kommunale Ebene. Insbesondere bei der Finanzierung der Stadt- und des Landestheaters als jeweils kommunale Häuser sind diese gefragt, denn eine Landesförderung haben wir hier nicht, auch wenn das in Lübeck immer wieder gern suggeriert wird.
Der Paukenschlag aus Lübeck ist aber dennoch eine gute Einführung in unsere heutige Debatte, um eine verbesserte Förderung der freien Theater im Land. Neben den Stadt- theatern in Lübeck und Kiel sowie dem Landestheater haben wir eine ganze Reihe frei- er Theater im Land, die mit rund 1.100 Aufführungen jährlich nahezu 100.000 Zuschau- er*innen erreichen. Zum Vergleich: das Theater Kiel zählte in der Spielzeit 2016/17 in 907 Aufführungen 240.000 Gäste. Und wenn wir schon bei Vergleichen sind: die freien Theater erhalten mit rund 300.000 Euro jährlicher Landesförderung gerade mal ein Pro- zent der Gelder, die über den Vorwegabzug des kommunalen Finanzausgleichs den öf- fentlichen Häusern zugewiesen werden. Hinzu kommen die Mittel, die die Kommunen direkt an ihre Theater geben. Mag ja sein, dass Vergleiche hinken. Hier wird aber eine Ungleichbehandlung deutlich, die in dieser Größenordnung schlicht nicht akzeptabel ist.
Aber nicht nur Geld spielt eine Rolle. Auch die Förderstrukturen hinken der Realität hin- terher. Die Freien Theater stehen vor einem Generationenwechsel. Neue Bühnen ha- ben jedoch kaum Unterstützung, sich hier im Land bekannt zu machen und zu etablie- ren. Experimente und unkonventionelle neue Formate können kaum probiert und entwi- ckelt werden. Junge Künstler*innen finden bei uns keine Aufführungsmöglichkeiten. Deshalb müssen wir die bisherige Förderlogik, die sehr stark auf Infrastruktur und feste Spielstätten ausgerichtet ist, durch neue, flexiblere Instrumente wie Aufführungshonora- re, Projekt- und Produktionsfinanzierung und Unterstützung junger Bühnen ergänzen.
Wir können hier keine vorgezogenen Haushaltsbeschlüsse fassen, das ist klar. Aber wir können uns Gedanken machen, wie wir „Mehr“ aus dem Möglichen machen und damit sollten wir mit diesem Beschluss heute anfangen.
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