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25.09.19
13:55 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Haushaltsplan 2020

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 9+10+12+38+47 – Gesetz über die Feststellung Pressesprecherin eines Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2020 Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die Vorsitzende der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Eka von Kalben: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 343.19 / 25.09.2019


Die vielleicht wichtigste Entscheidung, die wir jedes Jahr zu treffen haben Sehr geehrte Damen und Herren,
die jährliche Einbringung des Haushaltes ist kein Selbstzweck.
Der Haushalt ist vielleicht die wichtigste Entscheidung, die wir jedes Jahr zu treffen haben, manche sagen, das Königsrecht des Parlaments. Denn was wir hier beschlie- ßen, hat nicht nur für einzelne Bereiche Folgen, sondern für alle Bürgerinnen und Bür- ger in Schleswig-Holstein.
Für die enorme Arbeit, die immer wieder in dieser Haushaltsaufstellung steckt, danke ich allen Beschäftigten unserer Ministerien, die daran mitgewirkt haben. Insbesondere danke ich Monika Heinold und den Mitarbeiter*innen des Finanzministeriums!
Wir Abgeordnete im Landtag haben nun die Aufgabe, diesen Haushalt in den kom- menden Monaten zu prüfen, zu beraten, weiter zu gestalten und am Ende zu verab- schieden.
Das Verfahren gibt uns jetzt außerdem die Gelegenheit, die Schwerpunkte unserer Politik mit der Opposition zu diskutieren.
Dieser Haushaltsentwurf macht wieder einmal deutlich, wie sehr Politik ein Ausgleich von verschiedenen Interessen in unserer Gesellschaft ist:
 Derjenigen, die sich mehr staatliche Ausgaben wünschen und derjenigen, die eine Entlastung der Steuerzahler und -zahlerinnen wünschen.  Zwischen den Bedarfen, die wir heute haben und denen zukünftiger Generatio- nen. Seite 1 von 5  Ein Ausgleich zwischen den Interessen alter und junger Menschen.  Und nicht zuletzt ein Ausgleich zwischen den Interessen der verschiedenen Regionen in Schleswig-Holstein.
Wir in der Koalition suchen diesen Ausgleich und das gelingt uns auch deshalb, weil wir auf die Aufgaben aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln schauen. Damit schaffen wir es kaum, alles so zu regeln, dass alle völlig glücklich sind. Wie sollte das auch funktionieren?
Wenn aber Politik der Ausgleich von Interessen ist, dann ist es gut, dass die drei Par- teien, die diese Koalition bilden, mit so unterschiedlichen Interessen an die politischen Aufgaben gehen. Und es ist auch gut für dieses Land, dass wir unsere Schwerpunkte Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur gemeinsam angehen. Wir haben schon viel er- reicht und noch viel mehr vor. Daher also nicht nur Dank für den Haushaltsentwurf, sondern auch Dank für 2,5 Jahre Koalitionsarbeit an unsere Regierung und an meine Koalitionsfraktionen.
Die Einhaltung der Klimaziele hat für uns Grüne höchste Priorität. Der Klimawandel wartet nicht, die Zeit drängt. Wir müssen jetzt handeln. Auf die klimaschutzbezogenen Maßnahmen dieses Haushaltsentwurfs möchte ich deshalb besonders eingehen.
Rund 15 Millionen Euro sind im kommenden Jahr insgesamt für den ökologischen Landbau eingeplant und 42 Millionen Euro für Naturschutz. Rund 5,6 Millionen Euro aus IMPULS fließen 2020 in den Ausbau der Elektromobilität (22 Mio. in der WP) und 1,5 Millionen Euro in die Sanierung von Radwegen (10 Mio. in der WP). Fast 5 Millio- nen Euro stehen in unserem Sondervermögen für Bürger*innenenergieprojekte bereit. Und, die Ministerin hat es bereits gesagt, die größte Wirkung zur CO2-Einsparung schaffen wir bisher mit den rund 125 Millionen Euro aus MOIN.SH!
Das sind große Investitionen, die wir auf den Weg gebracht haben. Zum Teil schon vor Jahren. Ganz im Gegensatz zum Bund, der bisher nicht in die Hufe gekommen ist.
Zusätzlich sind rund 2,2 Millionen für die Jahre 2020 bis 2022 vorgesehen für das neue Förderprogramm „Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger“. Was ist das Beson- dere daran? Dieses Programm setzt ein wichtiges Zeichen, dass beim Klimaschutz al- le mitmachen sollen! Kleinvieh macht auch Mist.
 Mit dem E-Bike zur Arbeit fahren statt mit dem Auto.  Auf dem Balkon eine Solaranlage installieren.  Die alte Ölheizung ersetzen.  Und, und, und…
Die Antragsstellung für Fördermittel soll außerdem möglichst unbürokratisch ablaufen. So können alle Bürger*innen ihren Beitrag leisten.
Genauso wichtig ist der Beitrag der Kommunen. Zum Beispiel durch Dörfer, die in neuen Baugebieten auf Gründächer achten. Gemeinden, die Wärmenetzwerke auf- bauen und Städte, die ihren öffentlichen Raum so gestalten, dass Menschen das Auto stehenlassen können und auch wollen.
Ein guter Radverkehr ist grundlegend für die neue Mobilität. Wir setzen einen Schwer- punkt darin, den Kommunen bei der Planung der Infrastruktur zu helfen. Neu ist daher auch ein Titel für einen Wettbewerb zum Solarenergieausbau. Wir haben im Land 2 noch erhebliches Potential bei Photovoltaik und Solarthermie. Um die Klimaziele errei- chen zu können, müssen wir das nutzen. Der Wettbewerb setzt Impulse für die kom- munale Ebene: Die Gemeinde mit dem größten Solarenergiezubau auf Gebäuden ge- winnt. Dabei wird gestaffelt nach Einwohner*innenzahl, sodass kleine Gemeinden die gleichen Chancen haben wie größere Städte.
Über das desaströse Ergebnis des sogenannten Klimakabinetts vom vergangenen Freitag will ich hier nicht allzu viele Worte verlieren. Doch es macht eins deutlich: Jetzt muss das Land erst recht ran!
Zumindest wurde in Aussicht gestellt, dass der Bund die Bereiche Humuserhalt und Humusaufbau im Ackerland, dauerhafte Grünlandnutzung, Schutz von Moorböden und den Erhalt von Wäldern verstärkt fördern will.
Es versteht sich, dass wir alle verfügbaren Mittel nutzen und kofinanzieren müssen. Etwa im Bereich Moorschutz haben wir erhebliche ungenutzte Potentiale. Entwässerte Moorböden nehmen in Schleswig-Holstein rund 80.000 Hektar ein und sind mit etwa 2,3 Millionen Tonnen CO2–Äquivalenten ein erheblicher Faktor der Klimabilanz. Hier ist jeder Euro für den Klimaschutz effektiv angelegt.
Im Umweltbereich sind viele Haushaltstitel aus EU-Geldern kofinanziert. Darum ist die Diskussion um die Reform der EU-Agrarpolitik für uns äußerst haushaltsrelevant. Die EU-Agrargelder müssen endlich zielgerichtet für eine klimafreundliche Landwirtschaft eingesetzt werden können. Auch hier schlummern Klimaschutzpotentiale, die endlich genutzt werden müssen!
Aber auch im Land können wir mit Europa gemeinsam etwas tun. Von den EFRE- Mitteln setzt das Land bereits 40 Prozent für Energie- und Klimaschutzprojekte ein. Dadurch fließen bis zum Ende der Förderperiode rund 92 Millionen Euro an EFRE- Mitteln sowie die Kofinanzierung des Landes von durchschnittlich 20 Prozent in Klima- schutz-Vorhaben. Das alles ist schon gut, aber es wird noch lange nicht ausreichen.
Klimaschutz kostet viel Geld, und auf die nächsten zehn Jahre wird es entscheidend ankommen. Das muss keine schlechte Nachricht sein. Viele Ökonom*innen sagen, dass Klimaschutz ein Innovationstreiber ist, der der Gesamtwirtschaft nicht schaden, sondern im Gegenteil sehr helfen wird! Diese Chance muss jetzt genutzt werden, das sollte in Zeiten von Handelskonflikten und ökologischen Katastrophen allen einleuch- ten.
Im Übrigen haben wir in den jüngsten Haushalten mit gewaltigen Posten wie Dürrehil- fen und Deichausbau schon einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommen, was ver- säumter Klimaschutz kostet.
KiTa-Reform Meine Damen und Herren, natürlich birgt der Haushalt 2020 noch viel mehr und ich möchte einen weiteren Schwerpunkt benennen: die Bildung.
Wir werden ja am Freitag noch zur Kitareform, also zur frühkindlichen Bildung, spre- chen, doch natürlich wird mit diesem Haushalt schon deutlich, was der Einstieg in die Reform für uns als Land bedeutet. Die Kita-Reform tritt 2020 in Kraft. Erstmals beteiligt sich das Land mit einem verlässlichen Finanzierungsanteil an den Kosten für jedes be- treute Kind. Dies entlastet Eltern, stärkt die Finanzausstattung der Kommunen und verbessert die Betreuungsqualität. 3 Die Mittel steigen auf insgesamt rund 418 Millionen Euro. Bis zum Ende der Legisla- turperiode werden sie sich nach unserer Finanzplanung im Vergleich zu 2017 mehr als verdoppelt haben!
Die frühkindliche Bildung ist der wichtigste Grundstein für die Bildungschancen aller Kinder und damit für Bildungsgerechtigkeit!
Und Bildungsgerechtigkeit brauchen wir auch im Schulsystem. Wir Grüne haben uns dafür eingesetzt, dass die Mittel für den Bildungsbonus erhöht wurden und der Bil- dungsbonus nun schon zum Schuljahr 2019/2020 in voller Höhe starten kann. Unser Ziel ist es, dass alle Kinder eine gute Startchance bekommen! Für den Bildungsbonus beziehungsweise die Perspektivschulen finanzieren wir deshalb im Jahr 2020 79 Stel- len (4 Millionen Euro). Das Geld kann von den Schulen für verschiedene pädagogi- sche Fachrichtungen und konzeptionelle Arbeit eingesetzt werden.
Doch es reicht nicht, den Schulen und Kitas Stellen zuzusprechen; wir brauchen auch gut ausgebildete Menschen. Aktuell werden in Schleswig-Holstein 1.698 Lehrkräfte ausgebildet, ein Plus von 96 gegenüber dem Vorjahr! Das ist eine sehr positive Ent- wicklung.
Doch besonders an den Grundschulen gibt es einen Mangel an Lehrkräften und die Schüler*innenzahlen werden in Zukunft wieder steigen. Die stufenweise Erhöhung der Besoldung für Grundschullehrkräfte von A12 auf A13 (bis 2025) ist ein wichtiger Schritt, den Beruf attraktiver zu machen.
Modellhaft sollen ab dem Schuljahr 2019/20 auch 30 Gymnasiallehrkräfte im Grund- schulbereich arbeiten. Mit diesem flexiblen Instrument können die gut besetzten Gym- nasien die Grundschulen unterstützen. Natürlich bedarf es einer entsprechenden Qua- lifizierung.
Um auch an den beruflichen Schulen eine noch bessere Versorgung zu erreichen, bie- tet das Land zusammen mit der Europa-Universität Flensburg ab September 2019 das duale Studium für das Lehramt an beruflichen Schulen an.
Außerdem investieren wir im kommenden Jahr 23 Millionen Euro aus IMPULS in die Sanierung von Schulen. 18 Millionen fließen in das Programm „Schulen ans Netz“.
Wir stärken die berufliche Orientierung zum Beispiel mit der Verstetigung des Hand- lungskonzepts „PLuS“. Mit dem Programm werden Schüler*innen ab der 8. Klasse un- terstützt. Insgesamt fließen rund 3,1 Millionen in „PLuS“, davon werden mit 300.000 Euro jährlich Lehrkräfte und Coaching-Fachkräfte entsprechend qualifiziert. Wir müs- sen allen jungen Menschen die Chance auf eine Ausbildung ermöglichen.
Dem dient auch das „Produktive Lernen“, für das 250.000 Euro im Haushaltsentwurf eingestellt sind. Mit diesem Bildungsangebot bekommen Schüler*innen die Möglich- keit, durch den Besuch von Praxisstätten und Betrieben sozusagen das „wahre Leben“ kennenzulernen, wodurch ihnen auch vermittelt wird, wofür sie eigentlich lernen. In Schleswig-Holstein sind damit in dem beginnenden Schuljahr fünf weitere Schulen an den Start gegangen.
Aus den Mitteln für Deutsch als Zweitsprache sind Gelder in die Berufseinstiegsorien- tierung geflossen. Denn nachdem die angekommenen Menschen nun die Sprache ge- 4 lernt haben, ist Integration in das Berufsleben das „A und O“. Ich freue mich auf den Bericht des Arbeitsministers in dieser Tagung.
Sie mögen sagen, wir kürzen den Kommunen die Mittel für Integration von 19,4 auf 7,4 Millionen Euro. Doch richtig ist, dass es die Koalition im Bund war, die diese Kürzun- gen zu verantworten hat, und das Land sie nun einmal nicht ohne weiteres auffangen kann.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Kommunen ab 2020 um insgesamt 138 Milli- onen Euro bessergestellt werden durch die Änderung der Gewerbesteuerumlage, was wiederum zu Lasten des Landeshaushalts geht. Ich möchte an die Kommunen appel- lieren, diese frei verfügbaren Mittel auch dafür zu nutzen, Integrationsmaßnahmen fortzuführen.
Aber mit den Kommunen wird es ja in jedem Fall noch einiges zu besprechen geben. Und ich sage ganz klar: Wir wollen die Kommunen unterstützen und stärken. Wir wol- len eine Einigung. Aber es braucht eine solide und dauerhafte Finanzierung und keine Luftbuchung.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Dieser Haushalt ist der Meilen- stein für die Halbzeit der Jamaika-Koalition. Es lässt sich festhalten, dass das Land weiterhin ökologisch, sozial und weltoffen ist.
Wir haben Schleswig-Holstein in den vergangen Jahren weiterentwickelt. Alle gemein- sam. Wir haben viel für den Schutz unserer Natur, für den Schutz des Klimas, für den sozialen Zusammenhalt und vor allem für die Bildung getan.
Nun gilt es, unsere Klimaschutzaktivitäten zu verstärken. Es gilt, dem Fachkräfteman- gel zu begegnen. Und schlussendlich gilt es, mit unserer Politik viele Menschen anzu- sprechen. Unser politisches Handeln müssen wir so gestalten, dass es die Gesell- schaft zusammenhält und nicht auseinanderdriften lässt. Es muss den Menschen, die heute leben, gerecht werden, aber auch zukünftigen Generationen. Dafür gilt es, ge- meinsam in diesem Haus zu streiten.
Vielen Dank!
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