Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
26.09.19
12:43 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur aktuellen Stunde zum Thema „Keine höheren Energiepreise durch CO2-Bepreisung“

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 1 – Aktuelle Stunde zum Thema „Keine höheren Pressesprecherin Energiepreise durch CO2-Bepreisung“ Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die Vorsitzende der 24105 Kiel Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Eka von Kalben: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 346.19 / 26.09.2019

Wir in Schleswig-Holstein müssen für unser Land zwischen den Meeren kämpfen
Meine Damen und Herren,
wir stecken in der Klimakrise. Sie ist menschengemacht und sie wird uns richtig was kosten. Den meisten Menschen sind diese Fakten klar. Viele warnen seit Jahren, dass wir endlich das Ruder rumreißen müssen.
Wir taten das auch und verpassten 1990 den Einzug in den Bundestag mit dem Slogan: Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter.
Heute reden alle vom Klima, aber in Deutschland passiert nichts.
Schauen wir auf den vergangenen Freitag, den 20.9. -- Der Tag, an dem uns die Große Koalition mit Klimaplänen überraschen wollte. Nun sie hat uns überrascht. Aber nicht zum Guten. Weltweit waren viele zumeist junge Menschen auf den Straßen, um für ihre Generation eine lebenswerte Zukunft einzufordern. Eine berechtigte Forderung, denke ich. Gleichzeitig saß das Kabinett zusammen und beriet, wie sie nun das Problem der Klimakrise angehen müsse. In der dritten Legislaturperiode. Nachdem bereits in den 90er Jahren eine Enquete-Kommission im Bundestag zum Klimaschutz getagt hat. Nachdem die Wissenschaft uns seit Jahrzehnten ermahnt.
Und dann der Auftritt von offensichtlich sehr erschöpften Menschen, die nach Lösungen gesucht haben. Und ja, das vorgestellte Paket enthält richtige Ansätze: Es wird zu ei- nem Einstieg in eine CO2-Bepreisung kommen. Die Bahn soll günstiger werden und das Fliegen teurer. Solarenergie und Offshore-Windausbau werden weniger gedeckelt. E- Mobilität und neue Heizungen sollen gefördert werden.
Seite 1 von 4 Alles oder fast alles gute Ideen. Und vor 10 Jahren hätte ich vielleicht gesagt: Na gut, wir dürfen die Bevölkerung nicht überfordern und wir fangen in kleinen Schritten an.
Aber wir sind jetzt im Jahr 2019. Viele Jahre sind ohne grundlegende Verbesserungen verstrichen. Jahre, in denen die vor uns liegende Aufgabe größer und nicht kleiner ge- worden ist. Zu einem Zeitpunkt wo vielen Wissenschaftler*innen die Klimaziele schon nicht mehr ambitioniert genug sind, um schwerwiegende Folgen aufzuhalten. Wo ganz klar ist, dass die Pariser Ziele schon wieder überholt sind, denn alles, was wir anfangs versäumen, kommt am Ende umso härter.
Jetzt wird uns ein Paket vorgelegt, was angesichts der Aufgaben nicht mal ein Päck- chen ist. Ein Klimapäckchen, was nicht reichen wird. Was gar nicht reichen kann, weil es in sich unlogisch ist.
Nehmen wir beispielswese die CO2-Bepreisung: 3 Cent bis aufwachsend 10 Cent pro Liter Aufschlag ist nicht mehr als die normale Preisschwankung an der Tanksäule heute und wird niemanden zum Umsteigen auf Bus und Bahn oder ins E-Auto bewegen. Seit Jahren empfehlen Expert*innen, fossile Energieträger sozial abgefedert zu verteuern. Ob nun per Steuer, Abgabe oder mit dem ausgeweiteten Emissionshandel. Mit unter- schiedlichen Ansätzen zur sozialen Abfederung. Allerdings schlagen alle einen deutlich höheren Preis vor. Denn was nützt uns der Aufwand, wenn der Preis keinen Anreiz zu verändertem Verhalten gibt?
Und selbst wenn nun viele auf E-Autos umsteigen würden: Woher soll denn der saube- re Strom kommen, wenn die Bundesregierung den Onshore-Windausbau praktisch für beendet erklärt? Wer hat denn da bitte die Feder geführt? Die dargestellten Maßnah- men sind ein Rückschritt. 1000m Regelabstand sind quasi ein Nichtausbau.
Und das ist auch Mitnichten die Regelung, die wir hier im Land haben. Das kann man im Koalitionsvertrag sehr genau ablesen und wird mit der Landesplanung Anfang des Jahres auch für jedermann und jede Frau nachlesbar sein. Wir werden unser Ausbau- ziel von 10 GW erreichen, wie es im Koalitionsvertrag beschlossen wurde. Und wir wer- den dafür die sogenannte Opt-Out-Option, die die Bundesregierung angekündigt hat, in Anspruch nehmen.
Fakt ist aber, dass zum Beispiel Bayern sich am Windausbau nicht beteiligt. Hoffen die auf unsere Netze? Oder genügend Sonne? Was soll das? Das ist nicht nur ökologisch ein Riesenproblem. Es ist auch ökonomisches Harakiri.
Meine Damen und Herren,
das was vorliegt, reicht nicht aus. Umso mehr müssen wir uns als Land anstrengen, un- seren Beitrag zu leisten. Denn es kommt auf alle an. Wir können uns als Nation nicht zurückziehen, nur weil wir allein nicht die Welt retten können, denn die Welt schaut durchaus auf uns. Wir können uns nicht als Bundesland zurückhalten, weil der Bund uns ausbremst. Wir müssen den Kommunen dabei helfen, ihren Beitrag zu leisten. Durch Fördermittel und durch Beratung und natürlich die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Und schließlich müssen wir dafür sorgen, dass jeder und jede einzelne und einzelner ihren und seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.
Ich frage mich, warum die Große Koalition so unambitioniert vorgeht. Und natürlich gibt es da die große Sorge vor denen, die nicht auf der Straße sind. Die denen glauben, die den Klimawandel und seine Folgen leugnen. Da höre ich Äußerungen wie:
2 - Die jungen Leute sollen sich selbst erst einmal so verhalten, dass sie das Klima nicht schädigen. - Klimaschutz darf den Wohlstand nicht gefährden und das Wachstum ausbrem- sen. - Wir müssen die Gesellschaft zusammenhalten und dürfen niemanden vor den Kopf stoßen. Natürlich ist Politik etwas anderes als Protest. Und ich finde nicht, dass wir uns von Pro- testen wie Fridays for future alleine leiten lassen sollten. Aber diese Protestierenden wollen ja vor allem, dass wir auf die Wissenschaft hören. Wissenschaft als Politik ernst zu nehmen, sollte doch unser Anspruch sein. Und das ist, glaube ich, der wirklich gru- selige Paradigmenwechsel, den die AfD und andere Populist*innen wie Trump einläu- ten.
Die Politik heute so zu gestalten, dass die Zukunft auf dieser Erde lebenswert ist, sollte doch auf jeden Fall unser Anspruch sein. Das ist weder ideologisch, noch Panikmache. Klimamaßnahmen können nur wirken, wenn sie uns zur Veränderung bewegen. Und Veränderungen sind nicht immer schön. Aber sind autofreie Innenstädte, in denen man seinen Kaffee trinkt, wirklich so schlimm? Und ist es wirklich so schlimm, die ‚freie Fahrt‘ für Bürger*innen aufzugeben, um so entspannt und sicher wie in anderen Ländern über die Autobahn zu cruisen? Glauben wir nicht, dass wir uns von dem Fetisch des PS star- ken Autos verabschieden müssen? Das ist doch Absurdistan.
Meine Damen und Herren,
wir können und wollen auch nicht schon nach neuen Mülleimern suchen, bevor wir wirk- lich angefangen haben, unser Haus sauber zu halten. Genau das aber ist es, wofür CCS steht. CCS hingegen heißt, Kohlendioxid mit hohem Aufwand am Schornstein des Kohlekraftwerkes zum Beispiel aufzufangen, mit Energie dorthin zu transportieren, wo es gelagert werden soll, und dann in einem Kraftakt mit hohem Druck im Boden oder auf dem Meeresboden zu versenken.
RWE hatte das mal als Pilotprojekt mit einem Kraftwerk in Hürth bei Köln, 500 km vom Zielort an der Westküste entfernt geplant. Kohlekraftwerke nutzen eh nur die Hälfte der Energie der Kohle und dann soll für Beseitigung der Abgase nochmal ein Viertel der Energie draufgehen. Verschwendung, Verschwendung, Verschwendung.
Wenn das Kohlendioxid im Boden ist, wer garantiert dafür, dass es auch da unten bleibt? Eine Leckage und es kommt an die Oberfläche, wo es am Boden verströmt und lautlos tötet. Selbst ohne Unfall kann Kohlendioxid im Untergrund Schadstoffe im Boden lösen, die dann in das Grundwasser gelangen können. Es kann auch tiefere versalzene Grundwässer in die oberflächennahen Trinkwasserschichten drängen und dieses dann unbrauchbar machen. Nachfolgende Generationen müssten dann neben dem Atommüll auch noch auf das gespeicherte Kohlendioxid bis zum Sankt Nimmerleinstag aufpassen - sie werden ihre Ahnen verfluchen.
Wir haben schon 2014 hier im Hause einstimmig beschlossen, dass es keine unterirdi- sche Speicherung von Kohlendioxid geben darf. Es gibt keinen Grund dafür, das zu än- dern. Wir müssen das Übel bei der Wurzel packen. Kohleausstieg, Energiesparen und erneuerbare Energien
Ich fasse zusammen: Wir in Schleswig-Holstein müssen für unser Land zwischen den Meeren kämpfen. Für unsere heutige und die zukünftigen Generationen. Konkret be- deutet das, dass wir uns an der Diskussion über Klimamaßnahmen im Bundesrat ein- 3 bringen müssen.
Ich setze auf unsere Jamaika-Regierung, dass sie für Verbesserungen kämpft:  für eine effektive CO2-Bepreisung, die wirklich eine Veränderung bewirkt.  für den Ausbau der Windenergie. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Land ambitionierter ist als der Bund. Mehr Ausbau, mehr Moorschutz, mehr energetische Sanierung, Förderung des Radverkehrs und des ÖPNV, Bildung für nachhaltige Entwicklung und so weiter. Wir werden weiter die Fridays for future-Bewegung wo es geht unterstützen, damit auch der Bundesregie- rung klar wird, dass jetzt Schluss sein muss mit Pille Palle. Und CCS ist Pille Palle par excellence.
Vielen Dank.
***



4