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12.12.19
15:30 Uhr
FDP

Kay Richert zu TOP 28 "Mindestlohn für Jugendliche"

Presseinformation Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Christopher Vogt, MdL Vorsitzender Anita Klahn, MdL Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 408/2019 Kiel, Donnerstag, 12. Dezember 2019
Arbeitsmarkt/ Mindestlohn für Ju- gendliche



www.fdp-fraktion-sh.de Kay Richert zu TOP 28 „Mindestlohn für Jugendliche“ In seiner Rede zu TOP 28 (Mindestlohn für Jugendliche) erklärt der arbeits- marktpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:
„Mindestlohnregelungen wurden über Jahre von allen Parteien diskutiert und sind mittlerweile akzeptierter Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik. Das Konzept einer Lohnuntergrenze von uns Freien Demokraten unterschied sich übrigens von der nun geltenden Regelung vor allem dadurch, dass wir Arbeitgeber und vor allem die Gewerkschaften einbinden wollten. Das hätte die Tarifautonomie und die Tarifbindung gestärkt. Es ist anders gekommen. Der Gesetzgeber hat dirigistisch in das Tarifgeschehen eingegriffen und eine Expertenkommission befindet nun über die Ausgestaltung des Mindest- lohns. Das ist eine kluge Regelung. Denn so bleibt der Mindestlohn – jeden- falls in der Theorie – dem politischen Überbietungswettbewerb entzogen. Gerade mit Blick auf die aktuellen Mindestlohndiskussionen sollte daher auch an dieser unabhängigen Kommission nicht gerüttelt werden.
Rechtsgrundlage für den Mindestlohn ist das Mindestlohngesetz (MiLoG). Im persönlichen Geltungsbereich des MiLoG werden Ausnahmen für Grup- pen definiert, für die der Mindestlohn nicht gilt: Azubis, Ehrenamtliche und unter bestimmten Bedingungen auch Praktikantinnen und Praktikanten, Ju- gendliche und ehemalige Langzeitarbeitslose. Nun kann man natürlich ‚Skandal‘ rufen und mit Buzzwords wie ‚unfair‘, ‚vorenthalten‘, ‚ungerecht‘, ‚Ungleichbehandlung‘, ‚Gerechtigkeit‘, ‚Diskriminierung‘ oder ‚Benachteili- gung‘ arbeiten. Dadurch bekommt man die Sache schön emotional und muss sich nicht mit störenden Vernunftargumenten aufhalten. Witziger- weise kommen solche Scheinargumente dabei meist von denen, auf deren Mist das MiLoG gewachsen ist. Der vorliegende Antrag hält sich hier ange- nehm zurück, von den genannten Buzzwords werden nur zwei gebraucht. Wir von der FDP gehen die Sache lieber vernunftgesteuert an.
Und siehe da, für alle genannten Ausnahmen gibt es gute Begründungen: Ein Mindestlohn für Ehrenamtliche würde das Ehrenamt unmöglich machen. Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Für Azubis gelten andere Rechtsgrundlagen, über die wir hier ja auch schon debattiert haben. Bei Praktikantinnen und Praktikanten sowie bei ehemali- gen Langzeitarbeitslosen ist die Hinführung zum ersten Arbeitsmarkt zentra- les Momentum. Und auch bei Jugendlichen gibt es einen Grund, sie vom Mindestlohn auszunehmen. Der Grund ist, dass die Aufnahme einer Ausbil- dung nicht unattraktiv gegenüber der ungelernten Arbeit mit höherem Ein- kommen erscheinen soll.
Ist das aber wirklich so? Gibt es diesen Effekt? Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft hat festgestellt, dass zum Beispiel in Frankreich junge Menschen Schwierigkeiten haben, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung im Jahr 2015 galt dort der Mindestlohn von 9,35 Euro. Und weil junge Menschen aufgrund des hohen Mindestlohns Schwierigkeiten beim Berufseintritt hatten, steuerte der Staat mit Subventionsprogrammen dagegen. Es gibt also den Effekt, dem das MiLoG mit seinen Ausnahmetatbeständen vorbeugen will.
Andererseits ist es nicht nur ordnungspolitisch fragwürdig, wenn Arbeit- nehmer von einer Schutzregel ausgenommen werden, weil sie ein bestimm- tes Alter noch nicht erreicht haben. Fragen müssen wir uns auch: Wie viele Menschen wären denn von einer beabsichtigten Regeländerung betroffen? Das kann nur eine Gruppe von Menschen sein, die weder arbeitsvorberei- tend tätig ist noch sich in einer Ausbildung befindet noch volljährig ist. Da bleiben fast nur Schüler übrig. Schüler sind aber nicht hauptberuflich, son- dern zumeist geringverdienend tätig. Den Verdienst pro Stunde anzuheben würde hier ausschließlich dann überhaupt einen Sinn ergeben, wenn zeit- gleich die Verdienstgrenze von 450 Euro deutlich angehoben würde. Sie se- hen, da hängt vieles mit vielem zusammen und es gibt Argumente sowohl pro wie auch contra. Wir sollten diesen Antrag zum Anlass nehmen, uns im Wirtschaftsausschuss mit diesen Fragen in ihrer Gesamtheit auseinanderzu- setzen. Ich beantrag deshalb die Überweisung – auch wenn es sich beim Mindestlohn letztlich natürlich um eine Bundeskompetenz handelt.
Meiner Meinung nach sollten tarifliche Regelungen in erster Linie von den Tarifpartnern getroffen werden. So sieht es das Grundgesetz vor und eine ausgewogene Tarifpartnerschaft war auch ein maßgeblicher Grund für das Wiedererstarken der deutschen Wirtschaft ab den 1950er Jahren, weil alle – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – so an Aufschwung und Wohlstand teilha- ben konnten. Wenn wir dieses Prinzip wieder stärken können, ist das die Anstrengung wert.“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de