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21.02.20
12:56 Uhr
B 90/Grüne

Ines Strehlau zur Inklusion an Schulen

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 32 – Bericht zum Stand der Inklusion Pressesprecherin im schulischen Bildungsbereich Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die schulpolitische Sprecherin der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Ines Strehlau: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 070.20 / 21.02.2020


Toleranz und Teilhabe werden nur gelernt, wenn man auch wirklich miteinander zu tun hat
Sehr geehrte Damen und Herren,
das gemeinsame Leben und Lernen von Menschen mit und ohne Förderbedarf ist für alle eine Bereicherung. Toleranz und Teilhabe werden nur gelernt, wenn man auch wirklich miteinander zu tun hat, deswegen ist der gemeinsame Schulbesuch auch so wichtig. Das haben wir in Schleswig-Holstein schon lange erkannt. Unsere Inklusions- quote ist mit fast 70 Prozent ein Spitzenwert in Deutschland.
Wer in Kita und Schule erlebt hat, dass alle Menschen verschieden sind, dass jeder und jede unterschiedliche Stärken und Schwächen hat, unabhängig von Förderbedarf, Nati- onalität oder sexueller Orientierung, der hat Vielfalt als Normalität gelernt.
Und diese Erfahrung immunisiert auch gegen Rassismus und rechte Parolen. Inklusion leistet also auch einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Nach dem schrecklichen Anschlag von Hanau ist das wichtiger denn je.
Deshalb widerspreche ich auch entschieden der Position der AfD. Sie schreibt in ihrer Pressemitteilung vom 14.01.2020: „Aus diesem Grund erneuern wir unsere Forderung an Jamaika, statt aus ideologischen Gründen den Irrweg der Inklusion weiter zu be- schreiten, zum bewährten gegliederten Schulwesen zurückkehren und die Förderzen- tren stärken.“
Sie begründen Ihre Forderung mit einem angeblich sinkenden Bildungsniveau durch gemeinsamen Unterricht für alle. Das ist eine steile These. Wie erklärt die AfD dann, dass Länder mit einer Schule für alle bei PISA deutlich vor uns liegen? Kanada bei-
Seite 1 von 3 spielsweise zeigt, dass Schüler*innen, egal ob mit oder ohne zusätzlichen Förderbe- darf, an einer Schule für alle sehr wohl hervorragende Leistungen erreichen.
Die AfD will die Spaltung unserer Gesellschaft und macht auch vor der Ausgrenzung von Menschen mit zusätzlichen Förderbedarfen oder mit Behinderungen nicht Halt. Das machen wir nicht mit.
Außerdem ist Inklusion ist ein Menschenrecht. Die UN-Behindertenrechtskonvention sagt in Artikel 24: „(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grund- lage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein in- tegratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen.“
Inklusion entsteht im Kopf. Wenn wir es alle schaffen, Verschiedenheit als normal anzu- sehen und Menschen nicht auszugrenzen, dann haben wir einen großen Schritt hin zu einer inklusiven Gesellschaft getan.
Dann gehören auch Berichte von der Verweigerung des Zutritts in ein Cafè für eine Gruppe von Menschen mit Behinderungen hoffentlich der Vergangenheit an. Wir haben dieses erschreckende Beispiel aus dem Bericht der Antidiskriminierungsstelle hier am Mittwoch gehört.
Ja, Inklusion ist eine Herausforderung. Davor verschließe ich nicht die Augen. Es ist nicht einfach, alle Kinder und Jugendliche individuell zu fördern. Ich verstehe die Lehr- kräfte, die manchmal an der Aufgabe verzweifeln. Aber sie leisten eine immens wichtige Arbeit. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Lehrkräften und auch bei den Erzie- her*innen und den multiprofessionellen Teams an den Kitas und Schulen für ihre groß- artige Arbeit bedanken.
Das Land unterstützt die Lehrkräfte bei der Inklusion. Wir haben in Schleswig-Holstein schon viele gute Ansätze. Diese werden im vorgelegten Bericht deutlich – vielen Dank an die Ministerin und ihr Haus für die sehr ausführliche Darstellung. Ich will noch kurz einige Aspekte herausgreifen.
Wir stellen deutlich mehr Sonderpädagog*innen ein und haben die Zahl der Studien- und Referendariatsplätze deutlich erhöht. Es gibt viele Fort- und Weiterbildungsangebo- te für Lehrkräfte. Außerdem gibt es in vielen Kreisen und einigen kreisfreien Städten sogenannte Poollösungen für Schulbegleitung und zum Teil Schulassistenz. Schulbe- gleitung wird nicht mehr dem einzelnen Kind zugeordnet, sondern der Schule. Und die Schule verteilt gemeinsam mit Schulaufsicht und Förderzentrum die Stunden nach Be- darf.
Das ist eine sehr gute Idee, weil mehr Schüler*innen erreicht werden und Schulbeglei- tung kann gezielt von der Schule eingesetzt werden. Häufig fällt das oft langwierige An- tragsverfahren für die Eltern weg und die Schulbegleitungen können unbefristet einge- stellt werden. Eine Idee, die weiter verbreitet werden sollte.
Seit 2014 sind die Themen Umgang mit Heterogenität, Diagnostik und Inklusion ver- bindlicher Teil der Lehrkräfteausbildung. Eine wichtige Verbesserung in Sinne der Inklu- sion, liebe Kolleg*innen. Ein weiteres, sehr gutes Konzept ist FiSch „Familie in Schule“. Es findet inzwischen in sieben Kreisen und kreisfreien Städten statt und kümmert sich um Schüler*innen mit hohem sozial-emotionalem Förderbedarf. Es bezieht ausdrücklich die Familien ein und ist sehr erfolgreich.
2 Im Bericht wird auch die Wichtigkeit von Bildung im Kindesalter hervorgehoben und ins- besondere der Übergang von der Kita in die Grundschule. Wir sollten das Konzept ei- nes Bildungshauses mit fließenden Übergängen zwischen Kita und Schule weiter ver- folgen. Dafür gibt es gute Beispiele.
Durch frühzeitige Intervention in der Primarstufe oder Kita können Förderbedarfe schon ausgeglichen werden. Hier ist jeder Cent richtig investiert. Beim Übergang von der Schule in den Beruf sind die Flex-Klassen im Rahmen des Handlungskonzeptes PLuS ein gutes Angebot. Hier wird das 8. und 9. Schuljahr in drei Jahren absolviert und es gibt ein Coaching, um den Berufseinstieg zu begleiten. Es ist wichtig, dass wir in der neuen EU-Förderperiode ausreichend ESF-Mittel zur Fortführung des Programms ins Land holen.
Es läuft schon vieles gut, aber wir haben auch große Herausforderungen. Einige Bei- spiele: Es braucht ausreichend Lehrkräftestunden, um Doppelbesetzungen und indivi- duelle Förderung möglich zu machen. Viele Lehrkräfte empfinden vor allem Schü- ler*innen mit sozial-emotionalem Förderbedarf als besonders große Herausforderung. Es ist wichtig, die personelle Unterstützung weiter zu verbessern und Konzepte zur Förderung weiter zu entwickeln und zu standardisieren. Wir müssen mehr multiprofes- sionelle Teams an die Schulen bringen. Und wir brauchen mehr Mittel. Inklusion braucht gute Bedingungen, um zu gelingen. Daran arbeiten wir mit großem Elan weiter.
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