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26.08.20
19:52 Uhr
FDP

Kay Richert zu TOP 22 "Niederdeutsch ist Teil der schleswig-holsteinischen Identität"

Presseinformation Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Christopher Vogt, MdL Vorsitzender Anita Klahn, MdL Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 257/2020 Kiel, Mittwoch, 26. August 2020
Minderheiten/ Niederdeutsch



www.fdp-fraktion-sh.de Kay Richert zu TOP 22 „Niederdeutsch ist Teil der schleswig-holsteinischen Identität“ In seiner Rede zu TOP 22 (Niederdeutsch ist Teil der schleswig- holsteinischen Identität) erklärt der minderheitenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:
„Wir alle wissen, wie wichtig Sprache für uns ist: Nicht nur für die Kommu- nikation untereinander, sondern auch für das Schaffen von Identität, Ge- bräuchen und Gemeinsamkeiten. Bevölkerungsgruppen, die eine Sprache im täglichen Leben sprechen, leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Sprache, des Brauchtums und der Traditionen, zum Erhalt unseres vielfälti- gen Schleswig-Holsteins.
Besonders wichtig ist die Sprache für uns hier im Norden. Die wechselvolle Geschichte Schleswig-Holsteins hat dafür gesorgt, dass wir die Heimat für viele unterschiedliche Sprachen sind. Das ist eine kulturelle Vielfalt, auf die kein Bundesland zurückblicken kann und die dadurch umso schützenswer- ter ist. Minderheitensprachen sind eben nicht nur Folklore, die von ein paar Leuten auf fernen Inseln gesprochen werden. Sie bilden den Träger für tra- ditionelles Wissen und kulturelle Gepflogenheiten, die in ganz Schleswig- Holstein eine Bedeutung haben und dessen Geschichte über Jahrhunderte geprägt hat. Wenn wir also dafür sorgen wollen, dass wir unsere kulturelle Vielfalt erhalten, dann führt kein Weg an der Sprache und an der Pflege von Sprache vorbei.
Niederdeutsch hat unter allen Regionalsprachen eine herausgehobene Be- deutung, weil es einmal wesentlich mehr war als das. Zu Hochzeiten der Hanse wurde von Riga bis London und von Bergen bis Köln platt gespro- chen, es war eine Sprache der Händler und des gebildeten Bürgertums. Das änderte sich durch zwei Menschen, einen Erfinder und einen Reformer: Mar- tin Luther übersetzte 1521/22 die Bibel – ins Hochdeutsche. Zusammen mit dem 70 Jahre vorher erfundenen Buchdruck des Johannes Gutenberg er- Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de fuhr das Hochdeutsche eine schnelle Verbreitung, jedenfalls unter den le- senden Menschen. Wer Gottes Wort lesen wollte, der musste des Hoch- deutschen mächtig sein. Das führte langsam dazu, dass die hochdeutsche Sprache das Niederdeutsche als Handelssprache zumindest an den Rand drängte. Zu meiner Kindheit und Jugend war platt die Sprache der einfachen Menschen und der Landbevölkerung. Wer für seine Kinder akademische Zie- le hatte, der hielt sie vom Plattdeutschen fern. So habe auch ich – wie viele meiner Generation – kein platt gelernt, obwohl es die Muttersprache meiner Mutter war. Eine falsche Entscheidung, wie ich heute finde.
Auch wenn das Plattdeutsche heute keine internationale Bedeutung mehr hat – außer zwischen Schleswig-Holstein-stämmigen Auswanderern in aller Welt – wurde und wird es noch von vielen Menschen in ihrem Alltag gespro- chen. Deswegen hat das Plattdeutsche eine herausragende kulturelle Be- deutung für uns und das muss uns ein Ansporn sein, uns für ihren Erhalt be- sonders einzusetzen. Der Politik fällt also eine besondere Verantwortung zu, uns um die Minderheitensprachen zu kümmern und für ihren Erhalt zu sor- gen. Denn wenn eine Sprache erst einmal ausstirbt, dann geht für immer ein unwiederbringlicher Teil unserer Kultur und damit unserer Identität verloren. Es ist Realität, dass die Zahl der aktiven Sprecher des Niederdeutschen ab- nimmt. Es wird also darum gehen, dass bereits in den Kindergärten und Schulen früh eine Verbindung mit der Sprache hergestellt wird, um das Inte- resse zu wecken und die kleinen Menschen in die Lage zu versetzen, ihren Alltag in plattdeutsch zu leben. Wahr ist aber auch, dass es mit diesen und ähnlichen Maßnahmen nicht getan sein wird. Ich verfüge über eine gute humanistische Ausbildung, dazu gehört selbstverständlich das Latinum. Eine interessante Sprache, sicherlich. Aber was ist mir davon geblieben? ‚Ceterum censeo Carthaginem esse delendam‘ und ‚De bello gallico: Gallia est omnis divisa in partes tres‘. Vielleicht kann ich auch den Sinn des einen oder anderen Wortes in romanischen Sprachen erraten. Aber sprechen kann ich Latein nicht und deswegen lebt diese Sprache auch nicht in mir.
Wenn wir Minderheiten- und Regionalsprachen erhalten wollen, müssen wir uns also gleichzeitig dafür einsetzen, dass diese Sprachen in den Familien erhalten bleiben und das tägliche Sprechen fördern, dann lebt die Sprache in den Menschen und wir sind auf einem guten Weg. Eine Idee auf dem Weg dorthin könnte sein, auch andere Fächer – Mathematik, Physik, Sachkunde, Geschichte – auf plattdeutsch zu unterrichten.
Unsere Kultur und unsere Sprachen sind es wert, dass wir uns dafür einset- zen. Ich unterstütze den vorliegenden Antrag und hoffe, dass er dazu bei- trägt, niederdeutsch zu stärken und zu erhalten und damit dafür zu sorgen, dass auch zukünftige Generationen plattdeutsch als Sprache und Kultur le- ben und erleben können.“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de