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28.10.20
15:32 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 49: Schleswig-Holstein steht zu seinen Werften!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 28. Oktober 2020
Dr. Ralf Stegner: Schleswig-Holstein steht zu seinen Werften! TOP 49: Schleswig-Holstein steht zu seinen Werften und Zulieferern (19/2511)
„Ich darf heute meine Kollegin und Landesvorsitzende Serpil Midyatli vertreten, die mit Erkältungssymptomen vorsorglich zu Hause geblieben ist – auch das gehört in diesen Zeiten dazu. Wenn wir über die Werften in Schleswig-Holstein sprechen, dann reden wir nicht über irgendeine Branche, sondern über eine Industrie, die eine lange Tradition in unserem Land hat, die vielen Familien über Jahrzehnte hinweg Lohn und Brot und Perspektiven gegeben hat. Und unsere Werftmitarbeiterinnen und -mitarbeiter machen ihre Arbeit nicht nur, weil sie dafür bezahlt werden, sondern sie machen das mit Überzeugung, mit gutem Können, mit viel Stolz – aber auch mit dem nötigen Selbstbewusstsein. 1956 hat hier in Kiel der längste Streik in der Geschichte der Bundes-republik begonnen. 114 Tage hat er gedauert und am Ende stand die Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Und wer den beeindruckenden Auftritt der IG Metall heute morgen vor dem Landeshaus verfolgt hat, der weiß, in genau dieser Tradition stehen die Kolleginnen und Kollegen auch heute und sie sind bereit, den Kampf um gute Arbeitsplätze hier im Land zu führen. In Schleswig-Holstein arbeiten knapp 5.000 Beschäftigte im Schiffbau. Fast jeder dritte dieser Arbeitsplätze ist laut der Schiffsbauumfrage der IG Metall aus dem September akut bedroht. Hinzu kommt die noch größere Zahl an Beschäftigten in den zahlreichen Zulieferer-Betrieben im Land. Das ist ein wesentlicher Teil unserer Industrie im Land. Und offen gestanden können wir uns viele Debatten über die Stärkung der Industrie in Schleswig- Holstein – die wir auch hier im Landtag geführt haben – sparen, wenn es nicht gelingt, den massiven Wegbruch der Arbeitsplätze auf den Werften zu verhindern. Das ist die Aufgabe, die wir haben!
Es ist Zeit, Farbe zu bekennen und es ist auch Zeit, Missstände offen anzusprechen, bevor es endgültig zu spät ist. Denn – und das muss ich in der Deutlichkeit sagen – andere Landesregierungen und andere Ministerpräsidenten machen sehr viel mehr für ihre Schiffbauindustrie: Für die Werften in Mecklenburg-Vorpommern hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Hilfe in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro organisiert. Zusätzlich hat Mecklenburg-Vorpommern ein Kurzarbeitergeld Plus eingeführt, um den Beschäftigten im Land mehr als warme Worte zu bieten. Und auch in Niedersachsen gibt es mit Stephan Weil einen Ministerpräsidenten, der Worten Taten folgen lässt, sich vor seine Kreuzfahrt-branche stellt und sein politisches Gewicht in Berlin nutzt, um Marineaufträge nach Niedersachsen zu holen. In Schleswig-Holstein sieht das leider anders aus. Es ist bezeichnend, dass dieses Thema nur durch unseren Antrag überhaupt im Landtag diskutiert wird. Und unsere Probleme haben nicht erst mit der aktuellen Krise begonnen. Wir erinnern uns an die verpatzte Vergabe des Auftrages für das Mehrzweckkampfschiff 180. Im Januar gab es hier im Landtag auf unsere Initiative einen gemeinsamen Appel mit zwei Zielen: den Marineschiffbau zur Schlüsseltechnologie zu machen und einen Dialog über die Zukunft des Marineschiffbaus in Deutschland zu starten. Das erste Ziel hat die SPD in Berlin erreicht. Aber in Bezug auf den Zukunftsgipfel sind wir nach acht Monaten, was die Landesregierung angeht, kein Stück weiter. Den einzigen Gipfel zur Zukunft der Werften hat Serpil Midyatli gemeinsam mit Hubertus Heil und den


1 Betriebsräten der großen Werften Ende Februar durchgeführt. Wir machen das gerne und sicherlich auch gut, aber wofür haben wir eigentlich einen Ministerpräsidenten? Wer, wenn nicht der Norden, wird um die Werften kämpfen? Eine Ergänzung nach der IG Metall-Demo heute morgen: Herr Minister Buchholz, wir waren uns in vielen Punkte einig. Aber Ihren Vorwurf in Richtung von Lars Harms und mir, wir sollten uns lieber mal darum kümmern, dass angeblich die Kommunalpolitik in Flensburg einen Neubau von Montagehallten bei der Flensburger Fahrzeugbaugesellschaft verhindert, den fand ich dreist. Aus zwei Gründen: 1. Ist noch gar nicht klar, ob und wenn ja welche Mitarbeiter aus dem Schiffbau in den Fahrzeugbau wechseln können. Aber umso mehr Fachkräfte die FSG verlassen, umso unwahrscheinlicher wird es, dass die FSG noch eine Chance hat. 2. Frage ich mich schon, ob ein Wirtschaftsminister sich in dieser unreflektierten Form auf die Seite eines Unternehmens stellen sollte, dessen Vorgehen in Sachen Neubau zumindest eine Menge Fragen aufwirft. Was die Mitarbeiter im Schiffbau in Flensburg brauchen, sind keine Nebelkerzen aus dem Wirtschaftsministerium, sondern echte Perspektiven und vor allem Aufträge, damit sie das machen können, worin sie richtig gut sind: Schiffe bauen. Drei Schritte sind jetzt wichtig. Erstens müssen wir die Arbeitsplätze und Standorte durch die Krise retten. Was jetzt wegbricht, kommt nicht mehr wieder. Zweitens brauchen wir Klarheit über die Zukunft des Marine-Schiffbaus in Schleswig-Holstein. Herr Ministerpräsident, das müssen Sie zur Chefsache machen. Wir brauchen den Zukunftsgipfel, den der Landtag bereits im Januar gefordert hat. Und drittens müssen wir Innovationen im Schiffbau fördern. Das betrifft vor allem moderne Antriebe mit wenig oder keinen Emissionen. High-Tech ist unsere Nische im Schiffbau. Diese Stärke müssen wir ausbauen. Im preisgetriebenen Massenmarkt werden wir nicht bestehen. Aber wir haben hier die besten Schiffsbauer der Welt. Das müssen wir doch nutzen. Ein solches Transformationsprogramm hilft dem Klima und sichert die Zukunft der deutschen Werften. Wir bekennen uns zum Schiffbau in Schleswig-Holstein. Wir stehen zu den Menschen, die auf unseren Werften arbeiten. Und wir glauben daran, dass der Schiffbau in Schleswig-Holstein eine gute Zukunft hat. Ich freue mich, dass jetzt auch ein Antrag der Koalition vorliegt. Wenn man über die Lobesarien in Richtung Landesregierung hinwegsieht, sind das ordentliche Forderungen, darum werden wir auch diesem Antrag zustimmen.
Lassen Sie uns nicht dabei zusehen, wie 150 Jahre Industriegeschichte in Schleswig-Holstein an die Wand gefahren werden. Und wir werden den Ministerpräsidenten daran messen, dass er sich der Sache annimmt. Wenn Sie unsere Hilfe brauchen, die von Frau Midyatli, die von mir, die unserer Fraktion, dann stehen wir jederzeit bereit, uns mit vereinter Kraft in Berlin für unsere Werften einzusetzen.“



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