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28.10.20
16:35 Uhr
SSW

Europa muss Corona im solidarischen Verbund bekämpfen - Rede zu Protokoll gegeben

Presseinformation
Kiel, den 28.10.2020



Rede zu Protokoll gegeben


Christian Dirschauer TOP 25 und 40 Europäische Gesundheitspolitik stärken – EU-Bürgerinnen
und Bürger besser vor grenzüberschreitenden
Gesundheitsgefahren schützen und Keine Fast-Track-
Zulassung für Impfstoffe gegen Covid 19
Drs. 19/2399 und 19/2495

„Nur gemeinsam kommen wir voran. Wenn wir gemeinsam gute Lösungen auf
den Weg bringen, können wir die Pandemie besiegen“

Der vorliegende Antrag ist richtig, weil er die europäische Dimension der derzeitigen
Gesundheitskrise ausdrücklich einfordert. Wenn wir was gelernt haben, dann doch, dass sich
Corona nur im solidarischen Verbund bekämpfen lässt; und das gilt auch für Europa.


Einzelgängerische Aktionen verpuffen angesichts der steigenden Infektionszahlen. Bislang spielt
Europa in Sachen Corona bedauerlicherweise aber nur eine untergeordnete Rolle. Deshalb haben
wir ja auch einen europäischen Flickenteppich der Maßnahmen, der sich an den Landesgrenzen
orientiert und nicht an den Regionen mit geringer oder hoher Inzidenzzahl. Für uns ist aber klar:
Wir müssen auf die Regionen schauen und auf Infektionsschwerpunkte. 2

Wir hatten ein halbes Jahr Zeit, uns auf diesen Virus, seine Verbreitung und seine Bekämpfung
einzustellen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass man in Brüssel von den Corona-Maßnahmen
der Mitgliedsländer oftmals nicht viel mehr weiß als ein aufmerksamer Zeitungsleser. Auf diese
Weise sind wir dazu verurteilt, unsere eigenen Fehler zu machen, statt von den Fehlern der
Nachbarn zu lernen. Es wäre besser, die Mitgliedsländer würden Erfahrungen miteinander
austauschen. Niemand sollte gezwungen sein, das Rad neu zu erfinden.


Darum ist es richtig, dass Brüssel mit einer Stimme spricht; auch gegenüber den Impfherstellern.
Die würden von einem Wettbewerb der Nachfrager profitieren und den Preis für die Impfung
erheblich verteuern. Darum ist es gut, dass Brüssel für die EU-Bürgerinnen und Bürger
ausreichende Impfdosen sichert. Nur so können wir einen Gesundheitsschutz in Europa
sicherstellen und müssen nachher nicht zuschauen, wie die Hersteller ihre Impfstoffe an den
Meistbietenden verkaufen. Das ist also ein richtiges Signal.


Auch die Bemühungen, die Produktion mehrerer medizinischer Wirkstoffe nach Europa
zurückzuholen, ist völlig richtig. Die Verkürzung der Lieferketten ist ein wirksamer Weg,
Versorgungsengpässe, die jetzt bereits durch Ausfälle chinesischer Fabriken entstanden waren, in
Zukunft zu vermeiden. Allerdings sind die Pharmafirmen nicht gerade für ihre uneigennützige
Haltung bekannt. Schon 2016 hatte die Bundesregierung die Hersteller zu robusteren Lieferketten
aufgefordert. Alles, was es damals gab, war das Zugeständnis seitens der Hersteller, Engpässe
früher zu melden, damit Ärztinnen und Ärzte rechtzeitig auf alternative Medikamente umsteigen
können. Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass jetzt der europäische Vorstoß ein besseres
Ergebnis erzielt.


Auch die Vernetzung der Forschungskapazitäten, wie der Antrag fordert, ist längst überfällig.
Gerade bei Infektionen durch neue Viren zeigen sich die Vorteile einer guten Arbeitsteilung. Das
Programm der Deutschen EU-Präsidentschaft für Bildung, Forschung und Innovation nennt
allerdings keine einzige konkrete Maßnahme, um die Arbeitsteilung der Forschenden zu erreichen. 3

Stattdessen ist von Digitalisierung, Vernetzung und harmonischem Datenschutz die Rede. Wie
Forschungsergebnisse europaweit zur Verfügung gestellt werden können, sollte die Wissenschaft
nicht unter sich ausmachen. Wir brauchen ein EU-Forschungsprogramm zu Corona, in das alle
entsprechenden Einrichtungen eingebunden werden; zumindest diejenigen, die öffentlich
finanziert werden wie Hochschulen oder Universitätskliniken. Der Aufbau einer EU-Datenbank zu
Erfahrungen mit der Behandlung von Covid-19-Patient*innen erscheint eine weitere gute konkrete
Maßnahmen zu sein.


Das alles hatte die Ratspräsidentin vorgelegt. Die Mitgliedsstaaten haben im Juli aber das
ambitionierte Gesundheits-Programm von Ursula von der Leyen erheblich gekürzt. 9,4 Mrd. Euro
sollten ursprünglich in der EU für eine leistungsfähige Gesundheit investiert werden. Nun sollen in
den kommenden Jahren nur ein Bruchteil, nämlich 1,7 Mrd. Euro, ins Programm EU4health gesteckt
werden. Die Mitgliedsländer haben ihrer Präsidentin klargemacht, dass sie die Milliarden lieber
selbst ausgeben möchten.


Das ist der falsche Weg. Nur gemeinsam kommen wir voran. Wenn wir gemeinsam gute Lösungen
auf den Weg bringen, können wir die Pandemie besiegen.