Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
01.02.21
16:04 Uhr
Landtag

Präsidenten der deutschsprachigen Regionalparlamente: Gemeinsame Europakonferenz erstmals als Videokonferenz

Nr. 9 / 1. Februar 2021


Gemeinsame Europakonferenz erstmals als Videokonferenz

Landtagspräsident Stanek begrüßte die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Regionalparlamente von mehr als 90 Millionen Menschen. Heute tagten im Rahmen der Gemeinsamen Europakonferenz die Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage von Deutschland und Österreich sowie des Parlaments Südtirols und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation fand die Konferenz erstmals nicht in Brüssel statt, sondern wurde als Videokonferenz abgehalten.
Im Mittelpunkt der Tagung standen die COVID- Pandemie und ihre Herausforderungen sowie die Konferenz zur Zukunft Europas und die Beziehungen der Regionalparlamente zur EU.
Als vorsitzführender Präsident der österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz betonte Wolfgang Stanek: „Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam beschlossen haben, die Europakonferenz trotz der Pandemie durchzuführen, wenn auch nur in digitaler Form. Föderale Strukturen haben sich in dieser schwierigen Zeit bewährt. Aus meiner Sicht sind ein Miteinander, eine Zusammenarbeit über die Grenzen und ein Erfahrungsaustausch – vor allem auch in schwierigen Zeiten – sehr wichtig.“ Er dankte in diesem Zusammenhang dem Schleswig- Holsteinischen Präsidenten Klaus Schlie – als federführender Präsident der deutschen Landtagspräsidentenkonferenz – für die gute Zusammenarbeit.
Präsident Klaus Schlie hob in seiner Rede die Bedeutung der Landesparlamente hervor: „Den Parlamenten, insbesondere auch den Landesparlamenten, kommt in der derzeitigen Situation eine Schlüsselrolle zu. Sie sind als Kontrollorgane der Exekutive das entscheidende Instrument dafür, in einer Krisenzeit als Demokratie handlungsfähig zu bleiben. Unsere Parlamente sind die Orte, an denen die notwendige gesellschaftliche Debatte über die Pandemie-Bekämpfung ihren Platz haben muss und sie sind die unentbehrlichen Fundamente für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ 2

Auf der Tagesordnung der Konferenz standen:
1. Die Konferenz zur Zukunft Europas – Stand des Prozesses und Ausblick sowie die Mitbeteiligung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis
2. Strategien für die europäische Wirtschaft und den europäischen Arbeitsmarkt während und nach der Pandemie
3. Erklärung zur Konferenz zur Zukunft Europas
4. Urteil des EuGH vom 9. Juli 2020, C-272/19


Die Konferenz zur Zukunft Europas – Stand des Prozesses und Ausblick sowie die Mitbeteiligung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis
Die Die Europäische Union hat die Konferenz zur Zukunft Europas ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, dass die Stimme der Europäer beim Handeln der Gremien der Europäischen Union besser gehört wird. Die Konferenz soll auf früheren Erfahrungen, zum Beispiel mit Bürgerdialogen, aufbauen. Die Kommission schlägt aber auch neue Elemente vor, wie etwa eine mehrsprachige Online-Plattform, um die Reichweite zu vergrößern und den Menschen bessere Möglichkeiten zur Mitgestaltung zu geben. Als Diskussionspartnerin zur Konferenz zur Zukunft Europas stand den Teilnehmern die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica, zur Verfügung.
„Ich haben den Austausch mit den regionalen Parlamenten als anregend und vielversprechend empfunden. Die Konferenz zur Zukunft Europas ist eine Gelegenheit, das Vertrauen unserer Bürger in die EU zu stärken. Dies wird ohne die Unterstützung gewählter Vertreter auf allen Ebenen, einschließlich der regionalen Parlamente, nicht möglich sein: ihre Nähe zu den Bürgern macht sie unverzichtbar für die Entwicklung unserer demokratischen Gesellschaften“, so Vizepräsidentin Suica.


Strategien für die europäische Wirtschaft und den europäischen Arbeitsmarkt während und nach der Pandemie
EU-Kommissar Johannes Hahn unterstrich in seinem Impulsreferat die zentrale Rolle des mehrjährigen EU-Haushalts 2021-2027 und des EU-Aufbauplans „NextGenerationEU“. Das mit 1,8 Billionen Euro größte Konjunkturpaket, das jemals aus dem EU-Haushalt finanziert wurde, wird entscheidend zum Wiederaufbau Europas beitragen und zielt darauf ab, Europa grüner, digitaler und krisenfester zu machen. Auf diese Weise wird es den europäischen Regionen direkt zugutekommen. „Durch den neuen mehrjährigen EU-Finanzrahmen und den EU-Aufbauplan wird das Geld dort eingesetzt, wo es am meisten gebraucht wird. Wir werden unseren Binnenmarkt stärken und entlang unserer politischen Prioritäten nachhaltig in die Zukunft investieren – in den Wandel hin zu einem grünen und digitalen Europa. Denn das sind die Arbeitsplätze und das Wachstum von morgen“, hob Kommissar Hahn hervor. 3

Erklärung zur Konferenz zur Zukunft Europas
In ihrer Erklärung geben die Präsidentinnen und Präsidenten ein klares Bekenntnis zur Konferenz zur Zukunft Europas, mit der ein bürgernaher Nachdenkprozess über die Zukunft der EU gestartet werden soll, ab. Um die EU mit neuem Leben und neuer Legitimität zu versehen, erheben sie dabei zum einen formelle Forderungen, wie etwa nach einer generellen Stärkung der Regionalparlamente im EU-Gefüge sowie nach einer aktiven Einbindung in diesen Zukunftsprozess, um die zentrale Rolle als Vermittler zwischen Union und Bürger wahrnehmen zu können.
„Zum anderen richten wir aber auch inhaltliche Forderungen an die Zukunftskonferenz, vor allem nach einer vom Subsidiaritätsprinzip getragenen Klärung der Kompetenzbereiche zwischen Union und Mitgliedsstaaten unter gleichzeitiger Wahrung von mitgliedsstaatlicher Budgethoheit, Verfassungsidentität und föderaler Kompetenzverteilung“, so Stanek und Schlie.


Urteil des EuGH vom 9. Juli 2020, C-272/19
Das Urteil des EuGH Urteil betrifft die Entscheidung, wonach ein Petitionsausschuss eines Landtags der DSGVO unterliegt. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob die parlamentarische Tätigkeit der DSGVO mit allen Rechten für Betroffene unterliegt und daher auch der Aufsicht durch die staatlichen Aufsichtsbehörden, wie beispielsweise der Datenschutzbehörde.
„Wir sind der Meinung, dass die Arbeitsweise der nationalen und regionalen Parlamente zur unmittelbaren staatlichen Autonomie der Mitgliedsstaaten gehört. Sie ist Bestandteil der nationalen Identität. Andernfalls könnte die Union mittelbar die Funktionsfähigkeit der nationalen Parlamente beeinflussen. Mit diesem Verständnis ist die Schaffung von Aufsichtsstrukturen für ein unmittelbar demokratisch gewähltes Parlament unvereinbar“, erklären die Präsidenten Stanek und Schlie.
Von 6. bis 8. Juni 2021 ist eine gemeinsame Konferenz in Linz geplant. „Wir hoffen, dass wir diese in Präsenz abhalten und weitere Erfahrungen über die Pandemie und Chancen in der Zukunft, vor allem für Regionalparlamente, diskutieren können“, so Stanek und Schlie abschließend. Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtags unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens anlässlich der 4. Europa-Konferenz am 1. Februar 2021 zur Konferenz zur Zukunft Europas

1. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen die gemeinsam von der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat beschlossene Konferenz zur Zukunft Europas und halten eine Fortentwicklung der Europäischen Union auch angesichts der Corona-Pandemie und der wachsenden weiteren globalen Herausforderungen sowie der anhaltenden Probleme und Vorbehalte innerhalb der EU und in einzelnen Mitgliedstaaten für wichtiger denn je.
2. Die Präsidentinnen und Präsidenten sehen es als ihren Auftrag an, sich engagiert an der zukünftigen Ausrichtung der Europäischen Union im Rahmen ihrer Integrationsverantwortung zu beteiligen. Mit ihrer Erklärung wollen die Präsidentinnen und Präsidenten dazu beitragen, die Europäische Union von innen heraus mit neuem Leben und neuer Legitimität zu versehen.
3. Aus ihrer zentralen Rolle im Mehrebenensystem der Europäischen Union heraus übernehmen Regionalparlamente als Gesetzgeber und als Vermittler europäischer Politik für die Bürgerinnen und Bürger in den Regionen auch Verantwortung zur erfolgreichen Umsetzung dieses Prozesses. Sie betonen daher ihren Mitgestaltungsanspruch und werden dabei auch die zukünftige Entwicklung solidarisch begleiten. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen ausdrücklich die vorgesehene intensive Einbindung der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Konferenz in Form von Bürger- und Jugendforen, da eine thematische und institutionelle Fortentwicklung der Europäischen Union nur erfolgreich sein kann, wenn sie den Willen der Bürgerinnen und Bürger der Union widerspiegelt.
4. Nach Auffassung der Präsidentinnen und Präsidenten sollte in der Konferenz geklärt werden, in welchen Politikbereichen ein Handeln der Europäischen Union erforderlich ist und welche Kompetenzbereiche besser auf Ebene der Nationalstaaten, der Regionen und der Kommunen behandelt werden können. Die Europäische Union der Zukunft muss sich dabei auf Bereiche fokussieren, bei denen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auf europäischer Ebene ein substantieller Mehrwert gegenüber nationalen, regionalen oder kommunalen Regelungen besteht. Genereller Ausgangspunkt muss die rechtliche Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sein, wie sie durch die nationalen Verfassungen und die EU- Verträge festgelegt und durch das Subsidiaritätsprinzip geschützt ist. Dazu gehört insbesondere die Budgethoheit der Gebietskörperschaften. Die Verfassungsidentität der Mitgliedstaaten einschließlich ihrer föderalen Kompetenzverteilung ist unbedingt zu wahren.
5. Die europäischen Grundfreiheiten, insbesondere die Personenfreizügigkeit, sollten nur soweit unbedingt notwendig eingeschränkt werden. Offene Binnengrenzen bilden einen essentiellen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger der Union, gerade in den Grenzregionen.
6. Die institutionellen Rechte der Regionalparlamente können im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas und darüber hinaus wie folgt gestärkt werden:
 Intensivierung und Weiterentwicklung des begonnenen Dialogs mit der Europäischen Kommission auch im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas unter anderem durch die Einrichtung eines regelmäßigen Runden Tisches der Präsidentinnen und Präsidenten mit dem Steuerungsgremium der Konferenz zur Sicherstellung einer hinreichenden Einbeziehung der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis an einer zielgerichteten Umsetzung der Konferenz sowie zur Begleitung des ergebnisoffenen Prozesses zu möglichen Vertragsänderungen.
 Einrichtung eines „Feedbackmechanismus“ in Form einer digitalen Plattform der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis und der die Konferenz ausrichtenden Institutionen zur direkten Rückkopplung der Ergebnisse aus Dialogen und Bürgerforen in den Regionen und einer Bewertung derselben durch die die Konferenz ausrichtenden Institutionen.
 Im Kontext eines ergebnisoffenen Prozesses in der Konferenz zur Zukunft Europas, an dessen Ende möglicherweise Vertragsänderungen stehen, wären entsprechend eine Verlängerung der 8-Wochen-Frist für die Subsidiaritätsprüfung auf 12 Wochen sowie eine Absenkung des Quorums der „gelben Karte“ im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems zu verankern.
7. Die Präsidentinnen und Präsidenten fordern seit vielen Jahren, dass die Kompetenzen und besonderen Möglichkeiten der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen insbesondere im Interesse einer größeren Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern in die Gestaltung der Politik der Europäischen Union intensiver einfließen. Sie bekräftigen daher im Zusammenhang mit dieser Erklärung ihre bereits vorgebrachten Anliegen aus der „Brüsseler Erklärung“ vom Januar 2019 sowie der „Resolution zur deutschen Ratspräsidentschaft“ vom Juni 2019, an deren Umsetzung über die Konferenz hinaus weitergearbeitet werden muss, erneut.

Der Vorsitz der deutschen und österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz übermittelt diese Erklärung an
- den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn David-Maria Sassoli, - den Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Charles Michel, - die Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Dr. Ursula von der Leyen, - den EU-Kommissar, Herrn Johannes Hahn, - den Präsidenten des Ausschusses der Regionen (AdR), Herrn Apostolos Tzitzikostas, - den Präsidenten der Konferenz der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union (CALRE), Herrn Gustavo A. Matos Expósito, - die nationalen und regionalen Regierungen und die nationalen Parlamente in Deutschland und Österreich.