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26.02.21
10:45 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zur Reform des Polizeirechts

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 6 – Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Pressesprecherin Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Burkhard Peters: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 084.21 / 26.02.2021

Polizeirechtsreform: Ein vorzeigbares Ergebnis
Das Wesen eines Kompromisses liegt darin, dass alle Beteiligten Kröten schlucken müs- sen. Die Herausforderung besteht aber darin, die Kröten einigermaßen verdaulich zu ma- chen.
Schon anlässlich der 1. Lesung im Juni 2020 hatten sowohl der Kollege Vogt (FDP) als auch ich darauf hingewiesen: die Grundüberzeugungen in Sicherheitsfragen lagen und liegen innerhalb des Jamaikabündnisses ziemlich weit auseinander. Vor diesem Hinter- grund kann sich das heute vorgelegte Ergebnis blicken lassen. Wir haben nach der um- fangreichen Ausschussanhörung im November letzten Jahres noch kräftig an einigen De- tails des Gesetzesentwurfs herumgefeilt, so dass wir jetzt gemeinsam damit leben kön- nen.
Natürlich kommt es darauf an, dass die Landespolizei mit diesem Gesetz gut arbeiten kann. Genauso wichtig ist uns Grünen aber, dass die Bürger*innen dieses Landes ein Gesetz bekommen, das einerseits ihren Bedürfnissen nach Sicherheit Rechnung trägt, in gleichem Umfang aber auch die Erhaltung ihrer Freiheitsrechte immer im Blick hat. Auch das dient letztlich dem Ansehen der Polizei und der Akzeptanz ihrer Maßnahmen. Darin liegt der tiefere Sinn des Zitats von Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt, um Si- cherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren“. Es ist deswegen aus meiner Sicht ein wichtiges Signal, dass das Gesetz keine Befugnis zur datenschutzrechtlich brandge- fährlichen Online-Durchsuchung, zur sogenannten Quellen-TKÜ und zur Vorratsdaten- speicherung enthält.
Beispielshaft will ich das Ringen um einen angemessenen Ausgleich von Sicherheit und Freiheit an der Regelung zur Identitätsfeststellung im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs deutlich machen. Hier schlug das Innenministerium zunächst vor, dass solche
Seite 1 von 2 Identitätsfeststellungen im Grenzbereich - aber auch im Bereich der großen Durchgangs- straßen des Landes - nach dem Gesetzeswortlaut „anlasslos“ durchgeführt werden kön- nen.
Schon früh wiesen wir in den Beratungen darauf hin, dass eine solche völlig verdachts- unabhängige Kontrollbefugnis die Gefahr des sogenannten Racial Profilings mit sich bringt. In der Fassung des Gesetzentwurfes zur ersten Lesung war dann zumindest schon einmal das Wort „anlasslos“ gestrichen worden. In der parlamentarischen Anhö- rung wiesen uns aber viele Expert*innen darauf hin, dass wir trotz der entschärften For- mulierung immer noch ein veritables Problem hätten. Es kam der Vorschlag, wie im neuen Bremer Polizeirecht eine sogenannte Kontrollquittung einzuführen. Damit wird der kontrollierten Person ein Dokument für eine eventuelle spätere Überprüfung der Maß- nahme in die Hand gegeben. Die kontrollierende Polizeikraft wird durch die Pflicht zur Ausstellung der Quittung angehalten, den Vorgang in Hinblick auf hinreichenden Anlass und Angemessenheit zu reflektieren.
Mit diesem Vorschlag konnten wir uns in den internen Beratungen allerdings nicht durch- setzen. Stattdessen fanden wir eine gesetzliche Lösung, die das Anknüpfen an gruppen- bezogene, äußerliche Merkmale für Identitätskontrollen explizit im Landesverwaltungs- gesetz ausschließt. Diese Regelung gilt jetzt nicht nur für den grenzüberschreitenden Verkehr, sondern für alle Identitätskontrollen, die nach dem Landesverwaltungsgesetz möglich sind. So sieht ein guter Kompromiss aus.
Ein beachtlicher Zugewinn im Rahmen der parlamentarischen Befassung ist auch die Ergänzung durch die sehr konkrete Regelung für den Einsatz von Vertrauenspersonen. Hier werden jetzt sehr klar definierte Leitplanken für dieses hochproblematische Instru- ment polizeilicher Aufklärung in kriminellen Milieus gezogen. Angesichts der Grund- rechtssensibilität dieses Instruments war aus meiner Sicht eine klare gesetzliche Rege- lung zwingend. Das ist vor allem eine Erkenntnis, die wir aus dem laufenden Parlamen- tarischen Untersuchungsausschuss zum Rockerkomplex gezogen haben.
Viele weitere Nachbesserungen am Ursprungsentwurf lassen sich nennen: Verbesse- rung des Berufsgeheimnisträgerschutzes, konkrete gesetzliche Vorgaben für den Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten, Evaluationspflicht für die Erprobung von elektroni- scher Fußfessel und Distanz-Elektroimpulsgeräten.
Insgesamt bin ich sehr froh, dass wir dieses schwierige Kapitel aus unserem Jamaika- Koalitionsvertrag jetzt mit einem sehr vorzeigbaren Ergebnis abgeschlossen haben. Mein besonderer Dank gilt den polizeipolitischen Sprechern unserer Koalition und den Mitar- beiter*innen des Innenministeriums, die uns mit großer Geduld und Sachkenntnis auf dem Weg zu einem guten Kompromiss begleitet haben.
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