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18.06.21
12:58 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP18: Die unabhängige Mandatsausübung ist kein Lippenbekenntnis, sondern Verfassungsgrundsatz

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 18. Juni 2021
Thomas Rother: Die unabhängige Mandatsausübung ist kein Lippenbekenntnis, sondern Verfassungsgrundsatz TOP 18: § 108 e StGB (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern) verschärfen (Drs. 19/3037) „Der Deutsche Bundestag hat am vergangenen Freitag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke – bei Enthaltung der Fraktionen der FDP und der AfD – das Gesetz zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches verabschiedet. Dieses Gesetz sieht unter anderem die Erhöhung des Strafrahmens bei der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträger*innen vor und stuft damit dieses Delikt künftig als Verbrechen ein. Der Tatbestand bleibt hingehen unverändert. Der SSW präzisiert mit dem Antrag unsere Beschlussfassung aus der letzten Landtagssitzung zu diesem Themenkomplex. In einem anderen Punkt ist uns der Deutsche Bundestag hingegen weit voraus: Die Überarbeitung der Verhaltensregeln für die Abgeordneten. Es wäre gut gewesen, wenn wir heute schon die erste Lesung zu den erforderlichen Änderungen im unserem Abgeordnetengesetz hätten durchführen können. Das wäre ein gutes Signal nach außen gewesen. Aber ich hoffe, dass wir nach der Sommerpause rasch zu einem gemeinsamen Gesetzentwurf der demokratischen Parteien kommen, wenn die Anmerkungen des wissenschaftlichen Dienstes eingearbeitet sind. Auch wenn sich manche sagen könnten, „was haben wir denn mit den Vorfällen im Bayerischen Landtag und im Deutschen Bundestag zu tun“, so sollten wir uns keine falschen Hoffnungen machen, in der Öffentlichkeit werden alle Abgeordneten „in einen Sack“ gesteckt. Unsere derzeitigen Regelungen sind schon gut, sie können aber noch besser werden und sollten im Einklang mit den Regelungen des Bundes stehen. Wir unterstützen gerne den Antrag der Abgeordneten des SSW, um bei der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträger*innen mehr Klarheit zu schaffen. Bereits kurz nach dem Inkrafttreten der ursprünglichen Fassung von § 108e StGB im Jahre 1994 wurde die Vorschrift wegen ihrer Beschränkung auf den in der Praxis so gut wie nie nachweisbaren Stimmenkauf bzw. Stimmenverkauf heftig kritisiert. Erst mit der Neuregelung im Februar 2014 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das die Anforderungen der UN-Konvention

1 zur Bekämpfung der Korruption an die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträger*innen erfüllt. Der Tatbestand von § 108e StGB wurde zwar auf immaterielle Vorteile sowie Zuwendungen an Dritte erweitert, zugleich aber auch erheblich eingeschränkt. So sind von § 108 e StGB keine nachträglichen Zuwendungen für bereits von Mandatsträger*innen vorgenommene Handlungen erfasst. Die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern nach §§ 332, 334 StGB sehen dagegen auch eine Strafbarkeit der nachträglichen Vorteilsgewährung für bereits abgeschlossene Diensthandlungen vor. Darüber hinaus findet sich der nach § 108e StGB erforderliche enge Kausalzusammenhang bei der Wahrnehmung eines Mandates weder in der UN-Konvention zur Bekämpfung der Korruption noch in dem Strafrechtsübereinkommen des Europarates. Beide Vertragstexte setzen lediglich Leistung und Gegenleistung voraus, ohne eine Unterordnung der Mandatsträger*innen unter die Interessen der Vorteilsgewährenden zu verlangen. Aus diesem Grund ist das Tatbestandsmerkmal „im Auftrag oder auf Weisung“ in § 108 e StGB zu streichen oder durch eine andere Formulierung zu ersetzen. Dies dürfte weder zu einer Ausuferung der Strafbarkeit noch zu nicht beherrschbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Daher ist der Antrag des SSW auch in den beiden konkret genannten Punkten aus unserer Sicht schlüssig und sinnvoll. Korruptionsvorwürfe schaden der parlamentarischen Demokratie und allen Mitgliedern der Vertretungskörperschaften – egal ob Gemeinderat oder Deutscher Bundestag. Sie tragen zur Politikverdrossenheit bei. Demokratiefeindliche Parteien, die dies für sich zu nutzen versuchen, sind nach ihrer Wahl oft die ersten, die versuchen, die Hand aufzuhalten, und enttäuschen ihre Wählerinnen und Wähler regelmäßig. Die Integrität und die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems muss geschützt werden. Daher ist die beabsichtigte Einstufung von Bestechlichkeit und Bestechung als „Verbrechen“ gerechtfertigt. Bestechlichkeit und Bestechung sind keine Kavaliersdelikte und gehört auch nicht zur regionalen Amigo-Folklore. Die unabhängige Mandatsausübung ist kein Lippenbekenntnis, sondern Verfassungsgrundsatz. Das deutlich zu machen, dafür ist eine Strafverschärfung – nicht nur nach den aktuellen Vorfällen, sondern grundsätzlich – das notwendige Mittel.“



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