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29.11.21
08:16 Uhr
Landtag

Bürgerbeauftragte informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht im Jahr 2022

Nr. 26 / 29. November 2021

Bürgerbeauftragte informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht im Jahr 2022

Zwar wurden im kürzlich veröffentlichten Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung bereits potentielle sozialrechtliche Reformpläne bekannt, jedoch ist deren konkrete Umsetzung noch unklar. Sicher sind aber schon jetzt mehrere Änderungen, die bereits zu Beginn oder im Verlauf des Jahres 2022 für die Bürger*innen von Bedeutung sein werden. Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni, gibt einen Überblick:


Änderungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“):
Erhöhung der Regelsätze: Zum 1. Januar 2022 erhöht sich der Regelsatz für alleinstehende und alleinerziehende Personen von 446 € auf 449 € im Monat. Ehegatt*innen und Lebenspartner*innen erhalten statt 401 € künftig 404 €. Auch die Regelsätze für Jugendliche und Kinder sowie Menschen mit Behinderungen werden angepasst und können bei Bedarf bei der Bürgerbeauftragten erfragt werden.
Erhöhung der Mehr- und Schulbedarfe: Entsprechend ändern sich auch die Mehrbedarfe (beispielsweise für Alleinerziehende) sowie die Schulbedarfe (für das erste Schulhalbjahr auf 104 € und für das zweite Schulhalbjahr auf 52 €).
Reformvorhaben: In den Koalitionsverhandlungen der neuen Regierung wird erwogen, anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) ein „Bürgergeld“ einzuführen. In diesem Zuge sollen unter anderem Zuverdienstmöglichkeiten verbessert, Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt gestellt sowie an Teilen der großzügigen Corona-Regelungen dauerhaft festgehalten werden. Was hiervon tatsächlich umgesetzt wird, ist jedoch noch nicht absehbar.
Corona-Krise: Schließlich werden die wegen der Corona-Pandemie beschlossenen Sonderregelungen im SGB II bis zum 31. März 2022 verlängert. Die Regelungen umfassen deutliche Erleichterungen bei der Vermögensprüfung und -anrechnung, die befristete Anerkennung der 2

tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Vereinfachungen bei der Bewilligung vorläufiger Leistungen. Zudem wird die Bundesregierung ermächtigt, diesen Zeitraum durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates längstens bis zum 31. Dezember 2022 zu verlängern.


Änderungen in der Sozialhilfe:
Erhöhung der Regelsätze: Auch in der Sozialhilfe gelten ab Januar 2022 die erhöhten Regelsätze, die den Beträgen bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende entsprechen.


Änderungen in der sozialen Pflegeversicherung:
Leistungszuschlag: Pflegebedürftige in Pflegeheimen erhalten ab Januar 2022 einen Leistungszuschlag der Pflegeversicherung. Dieser dient dazu, die Eigenanteile der Pflegebedürftigen in Pflegeheimen zu senken. Die Höhe des Leistungszuschlags steigt mit der Dauer der Pflege an. Im ersten Jahr trägt die Pflegeversicherung 5 % des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 %, im dritten Jahr 45 % und danach dann 70 %. Diese Zuschläge werden zusätzlich zu dem bereits nach Pflegegraden differenzierten Leistungsbetrag gezahlt. Pflegebedürftige Personen mit dem Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf diesen neuen Zuschuss.
Häusliche Pflege: Der Leistungsbetrag der Pflegeversicherung für die Dienstleistungen eines ambulanten Pflegedienstes wird um 5 % erhöht, um auch im häuslichen Bereich den steigenden Vergütungen des Pflegepersonals Rechnung zu tragen. So steigt beispielsweise der Sachleistungsbetrag bei dem Pflegegrad 2 von 689 € auf 724 €.
Kurzzeitpflege: Die Zahlungen für die Kurzzeitpflege werden um 10 % erhöht. Die monatliche Unterstützung steigt im neuen Jahr von 1.612 € auf 1.774 €. Falls Mittel der Verhinderungspflege nicht verbraucht sind, kann dieser Betrag auf 3.386 € erhöht werden.
Pflegekräfte: Ab dem 1. September 2022 werden nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die das angestellte Pflege- und Betreuungspersonal nach Tarif oder einer kirchenarbeitsrechtlichen Regelung bezahlen. Zudem wird ein bundeseinheitlicher Personalschlüssel vorgeben, der weitere Einstellungen von Pflegekräfte ermöglicht.
Beitragssteigerung: Zur Finanzierung der Pflegeversicherung wird ab dem Jahr 2022 ein Bundeszuschuss in Höhe von 1 Mrd. € pro Jahr einführt. Zudem steigt der Beitragszuschlag für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte. 3

Änderungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung:
Rentenerhöhung: Nachdem es 2021 im Westen keine und im Osten nur eine geringfügige Rentenerhöhung gab, sollen die Renten Medienberichten zufolge 2022 wieder deutlich steigen. Im Gespräch ist eine Erhöhung in Westdeutschland um 5,20 % und in Ostdeutschland um 5,90 %, die zum 1. Juli 2022 erfolgen soll.


Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz:
Erhöhung der Regelsätze: Die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen zum 1. Januar 2022 wirkt sich auch auf die nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) entsprechend dem SGB XII zu gewährenden Leistungen (sogenannte Analogleistungen) und auf die Bedarfssätze für Grundleistungen nach § 3a AsylbLG (Geldleistungssätze) aus.


Änderungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung:
Elektronische Krankmeldung: Der „gelbe Schein“ wurde am 1. Oktober 2021 durch eine digitale Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (eAU) ersetzt, die von der Praxis direkt an die Krankenkasse übermittelt wird. Durch das neue Procedere müssen Versicherte nicht mehr nachweisen, dass die Bescheinigung bei der Kasse angekommen ist. Nachweisprobleme bezüglich des Zugangs haben bislang immer wieder zu erheblichen Problemen und Lücken beim Krankengeldbezug geführt. Eigentlich war die Umstellung der Übermittlung bereits zum 1. Januar 2021 geplant. Da die hierfür notwendige Technik jedoch zunächst nicht flächendeckend zur Verfügung stand, wurde der Start der eAU auf den 1. Oktober 2021 verschoben. Die für die Arbeitgeber*innen bestimmte Bescheinigung müssen Versicherte bis zum 30. Juni 2022 jedoch weiterhin in Papierform einreichen, da Arbeitgeber*innen die eAU erst ab dem 1. Juli 2022 bei den Krankenkassen ihrer Beschäftigten abrufen können.


Änderungen in der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII):
Senkung der Obergrenzen des Elternbeitrages: Im Bereich der Kindertagesstätten ist geplant, die Obergrenzen des Elternbeitrages für die Betreuung von unter dreijährigen Kindern von 7,21 €/monatlicher Betreuungsstunde auf 5,80 € zu senken. Damit sinkt der monatliche Beitragssatz in dieser Altersgruppe beispielsweise für eine fünfstündige Betreuung von derzeit 180,25 € auf 145,00 €, für eine siebenstündige Betreuung von derzeit 252,35 € auf 203,00 €.