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25. November 2021 – November-Plenum

Landtag will technologieoffene Verkehrspolitik

Synthetische Kraftstoffe gelten als Hoffnungsträger zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes, sie sind aber auch energieintensiv. Ein AfD-Antrag, ihnen eine Vorrangstellung einzuräumen, wird abgelehnt.

Synthetische Kraftsoffe Produktionsanlage Emsland
In Werlte im Emsland wird seit Monatsbeginn Flugzeugkraftstoff im industriellen Maßstab synthetisch hergestellt. Foto: dpa, Sina Schuldt

Schleswig-Holstein setzt auf eine technologieoffene und klimaneutrale Verkehrspolitik ‒ aber nicht vorrangig auf synthetische Kraftstoffe. Letzteres hatte der Zusammenschluss der AfD vergeblich gefordert. Man forsche bereits an den sogenannten E-Fuels im Land, sie seien jedoch im Vergleich zu reinen E-Autos noch zu energieintensiv, hieß es in der Debatte. Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) betonte, letztlich entscheide der Markt, welche Technologie sich durchsetze.

Schleswig-Holstein müsse Vorreiterland in allen Energie-Bereichen werden, so Buchholz. Angenommen wurde der Antrag schließlich Jamaika-Koalition, der die Landesregierung bittet, sich weiterhin für Forschung zur Erzeugung und Nutzung von synthetischen Kraftstoffen einzusetzen „und dies sowohl unter innovativen als auch investiven Gesichtspunkten zu unterstützen“.

E-Mobilität – sinnvoll oder nicht?

Elektromobilität sei „keine Lösung im Autoland Deutschland“, hatte Volker Schnurrbusch (AfD) für den eigenen Antrag geworben. Das Interesse in der Bevölkerung nehme ab. Batterien seien nicht umweltfreundlich, Arbeit in der Automobilbranche wandere nach Fernost ab. „Und dann gibt es noch Fragen zur Reichweite und Infrastruktur“, so Schnurrbusch. Man solle daher „nicht einseitig auf eine ökologisch fragwürdige Technik“ setzen.

Im Plenum wurde das klar zurückgewiesen. Andreas Hein (CDU) betonte, Elektromobilität mache Sinn, wo man sie vernünftig einsetzen kann. „Wenn man Strom von der eigenen PV-Anlage erhalten kann, ist das doch super.“ Den gleichen Weg schlug Andreas Tietze (Grüne) ein. Strom direkt zu nutzen, sei „am effizientesten“. Für die SPD betonte Kai Vogel, man müsse den Verbrenner nicht retten. Synthetische Kraftstoffe seien nur dann produktiv, wenn sie „aus über 90 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen“. Dafür aber sei man in Deutschland allerdings noch nicht weit genug mit der Energiewende.

Weitere Redner:
Kay Richert (FDP), Christian Dirschauer (SSW)

Der Zusammenschluss der AfD im Landtag ruft dazu auf, verstärkt auf synthetische Kraftstoffe zu setzen. „Die Gewinnung von synthetischen Kraftstoffen aus Wasserstoff und CO2 im sogenannten Power-to-Gas oder Power-to-Liquid-Verfahren besitzt zwar noch eine niedrige Energieeffizienz, ist aber deutlich umweltschonender als die Herstellung von Benzin und Diesel“, heißt es in einem entsprechenden Antrag. Forschung, Produktion und „steuerliche Einordnung“ solle sich nicht mehr nur auf Pilotprojekte ausrichten, „sondern am Ziel einer industriellen Produktion“.

Anfang November legte die Koalition einen Alternativantrag vor. Darin werden die Bemühungen der Landesregierung begrüßt, sich „auch weiterhin auf Bundesebene für technologieoffene Verkehrspolitik einzusetzen“. Konkret werden die Bereiche Elektromobilität, wasserstoffbetriebene Mobilität sowie die Entwicklung und Nutzung synthetischer Kraftstoffe genannt. Und: Der Landtag solle sein Bekenntnis „für eine technologieoffene Verkehrspolitik und die bereits im Dezember 2017 beschlossenen Maßnahmen in diesem Bereich“ bekräftigen.

Grüner Wasserstoff die Grundlage

Aktuell ist die Produktion der synthetischen Kraftstoffe vor allem auf die Luft- und Schifffahrt ausgerichtet. So wurde etwa Anfang Oktober im emsländischen Werlte eine Anlage zur Herstellung von CO2-neutralem Kerosin eröffnet. Nach Angaben der Betreiber handelt es sich um die erste Anlage weltweit, die den Flugzeugkraftstoff im industriellen Maßstab synthetisch herstellen kann. Bis zum Jahr 2030 sollen jährlich 200.000 Tonnen grünen Kerosins produziert werden, hieß es aus Kreisen der Bundesregierung bei der Eröffnungsfeier. Auch der Ölkonzern Shell will in Deutschlands größter Raffinerie Rheinland nachhaltige Flugkraftstoffe herstellen. Dazu soll bis 2025 eine kommerzielle Bio-Power-to-Liquid-Anlage gebaut werden.

Grundsätzlich ist der klimaneutrale Kraftstoff noch sehr teuer und die Produktionskapazitäten sind begrenzt. Als ökologisch sinnvoll gilt die Kraftstoffgewinnung beim Power to Liquid-Verfahren aus erneuerbaren Energien (Wind, Solar, Wasser), also aus elektrisch erzeugtem grünem Wasserstoff. Die Anlage in Werlte produziert den Kraftstoff für Flugzeuge synthetisch aus Wasser, erneuerbarem Strom von Windrädern aus dem Umland, Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage sowie CO2 aus der Umgebungsluft.

(Stand: 22. November 2021)

Vorherige Debatten zum Thema:
März 2021 (Abgasnorm Euro 7):
September 2018 (Regierungsbericht zur E-Mobilität)
Dezember 2017

Antrag

Technologieoffenheit in der Verkehrspolitik realisieren – synthetische Kraftstoffe stärker berücksichtigen
Antrag des Zusammenschlusses der Abg. der AfD – Drucksache 19/3318
Alternativantrag von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/3410