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1. Juni 2022 – Landtagspräsident im Interview

Abschied ohne Wehmut: „Alles hat seine Zeit“

Zehn Jahre lang steuerte Landtagspräsident Klaus Schlie die Geschicke des schleswig-holsteinischen Parlamentes. Jetzt tritt er 68-jährig in den Ruhestand – mit „Freude“, wie er in einem Interview verrät.

Landtagspräsident Klaus Schlie eröffnet eine Sitzung des Ältestenrates.
Landtagspräsident Klaus Schlie eröffnet seine letzte Ältestenratssitzung. Foto: Landtag, Regina Baltschun

1996 wurde der CDU-Politiker Klaus Schlie erstmals in den Landtag gewählt. Seit zehn Jahren ist der heute 68-Jährige Parlamentspräsident; zuvor war er unter anderem Innenminister. Wenn kommenden Dienstag der frisch gewählte Landtag erstmals in der neuen 20. Wahlperiode zusammenkommt und mit großer Wahrscheinlichkeit Kristina Herbst zur Landtagspräsidentin wählen wird, dann ist für Schlie endgültig Schluss im politischen Geschäft des Landes. Seinen Abschied hat er frei gewählt, zu der Landtagswahl am 8. Mai war er nicht mehr angetreten.

Heute leitete Klaus Schlie, der zuletzt über mehrere Monate wegen einer erneuten Krebserkrankung pausieren musste, zum letzten Mal eine Ältestenratssitzung des Landtages – Zeit für ein paar Fragen an den scheidenden Präsidenten.

Mit der letzten Ältestenratssitzung der 19. Wahlperiode nehmen Sie eine Ihrer letzten Amtshandlungen als Landtagspräsident vor. Was ist das für ein Gefühl?

Das ist natürlich ein wirklich tiefer Einschnitt. Nach zehn Jahren Amtszeit und nach Jahrzehnten im Berufsleben heißt es nun Auf Wiedersehen sagen. Da geht es mir nicht anders als anderen, die in Rente gehen. Natürlich: Der Ältestenrat als ein Vertrauensgremium, das die organisatorischen, inhaltlichen und personellen Themen des Parlamentsbetriebes einvernehmlich regelt, ist ein Bestandteil unserer demokratischen Ordnung. Wir saßen viel und manchmal wirklich lange zusammen und ich kann sagen: Es hat sich immer gelohnt.

Da ich die Entscheidung, nicht mehr für den Landtag zu kandidieren, ohne jeden fremden Einfluss getroffen habe, ist die letzte Ältestenratssitzung aber auch ein sehr befreiender Abschluss meiner Zeit als Abgeordneter.

Was überwiegt: Die Vorfreude auf viel freie Zeit oder die Wehmut, das aktive politische Geschäft zu verlassen?

Die Freude, klar. Diesen Abschied habe ich lange geplant und nun ist es an der Zeit, sich neuen, vor allem ehrenamtlichen Aufgaben zuzuwenden. Wehmut empfinde ich gar nicht. „Alles hat seine Zeit“ – diese Redewendung passt perfekt.

Sie waren zehn Jahre der höchste Repräsentant des Parlaments. Können Sie drei Highlights dieser Zeit nennen?

Oha. Es ist natürlich unheimlich schwierig, nur drei Highlights aus den zwei sehr ereignisreichen Wahlperioden zu benennen. Ich kann exemplarisch etwas herausgreifen, was ein wenig die Bandbreite zeigt und auch von gewisser Nachhaltigkeit ist.

Ich bin beispielsweise sehr zufrieden damit, dass es mir mit den Fraktionen gemeinsam in meiner Amtszeit gelungen ist, die vorher völlig unzureichende Regelung für die Altersversorgung der Abgeordneten ohne erheblichen öffentlichen Widerspruch neu zu ordnen.

Außerdem denke ich, dass wir in Schleswig-Holstein stolz darauf sein können, dass unser Landtag während der Corona-Pandemie aufgrund der getroffenen Maßnahmen vollumfänglich handlungsfähig war. Mit unseren öffentlichen Expertenanhörungen haben wir außerdem die Beschlüsse der Regierung eng begleitet.

Und: Die von mir initiierten Veranstaltungen mit gemeinsamen Essen obdach- und wohnungsloser Menschen waren ein Signal an die politisch Handelnden. Wir müssen deren Situation nachhaltig verändern. Es ist ganz wichtig, dass dieses Engagement nicht in Vergessenheit gerät. Diese Menschen brauchen unsere Aufmerksamkeit. Jederzeit.

Die vergangenen zwei Jahre waren stark von Corona geprägt, vieles wurde durch die Pandemie ausgebremst. Gibt es darunter auch etwas, was Sie eigentlich noch auf den Weg hatten bringen wollen?

Ich hätte sehr gern an einer strategischen Neuausrichtung der Ostseeparlamentarierkonferenzen und der damit verbundenen Politik angesichts des völkerrechtswidrigen Krieges Putins gegen die Ukraine mitgewirkt. Außerdem wäre es ein besonders wichtiges Zeichen in unsere Gesellschaft, wenn es in einem neuen Anlauf gelingen würde, den Gottesbezug doch in unserer Landesverfassung zu verankern.

Was geben Sie aus Ihrem Rucksack langjähriger parlamentarischer Erfahrung dem neuen Landtag mit auf den Weg?

Der neue Landtag wird seinen Weg sicher selbst gut finden. Aber die Jahrzehnte als Abgeordneter und dann als Landtagspräsident haben immer wieder gezeigt: Unsere demokratische Ordnung braucht ein starkes Parlament. Das gilt auch für die Zukunft. Plebiszitäre Elemente dürfen die durch Wahlen legitimierten Abgeordneten nicht ersetzen.