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19.10.00 , 12:49 Uhr
SSW

Absentismus: CDU betreibt Zahlenfetischismus

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Kiel, d. 19.10.2000 Anke Spoorendonk Es gilt das gesprochene Wort

TOP 28 Absentismus - Fernbleiben vom Unterricht (Drs. 15/358)

Genau genommen zeugt die Sorge der CDU über den angeblich explodierenden Absen-
tismus von einem erheblichen Misstrauen gegen die Lehrkräfte des Landes. Wenn das
Fernbleiben vom Schulunterricht wirklich ein so katastrophales Problem wäre, wie es die
unkritische Nutzung der Pfeiffer-Studie unterstellt, dann hätten die Schulen schon längst
Alarm schlagen müssen. Es dürfte wohl kaum der Aufmerksamkeit der Lehrerinnen und
Lehrer entgehen, wenn so viele Schüler abwesend sind. Man hat es aber vorgezogen,
allein aufgrund einer unzulässigen Interpretation der Pfeiffer-Daten Alarm zu schlagen.
Hier ist Zahlenfetischismus betrieben worden, ohne die Qualität der Daten zu
hinterfragen.

Die Landesregierung legt in ihrem Bericht überzeugend dar, dass dieses allein nicht
ausreicht. Zwar sind auch die dort angegebenen Daten überwiegend wenig aussagekräftig.
Entscheidend ist aber die Nachuntersuchung des Kieler Schulamts an den vom Pfeiffer-
Team besuchten Schulen für den Tag der Datenerhebung. Dabei hat sich im nachhinein
ergeben, dass nur 3 % der von Pfeiffer als abwesend erhobenen 15,1 % wirklich
unentschuldigt dem Unterricht fernblieben. Damit wird die Dramatik der Lage dementiert.
Wer immer noch eine drastische Entwicklung des Schwänzens postuliert, muss dieses
auch durch neue, valide Daten belegen können. Die habe ich aber bisher nicht gefunden.

Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Die vorgelegten Zahlen haben mich nicht überzeugen können, dass wir in diesem Bereich
extreme Probleme haben. Das heißt nicht, dass wir uns keine Gedanken darüber machen
müssen, wie wir mit dem Problem Absentismus umgehen sollen. Wenn wir uns aber
darauf verständigen können, dass es keinen Grund für Aktionismus gibt, dann kommen
wir vermutlich zu anderen Lösungsansätzen.
Es besteht kein Anlass dazu, die Polizei durch die Innenstädte zu schicken, um Schul-
schwänzer aufzugreifen, Stempelautomaten für Schüler einzuführen oder ähnliche drako-
nische Maßnahmen zu ergreifen. Das Ordnungsrecht oder technische Kontrolle sind nicht
besonders geeignete Mittel, um das Problem des Fernbleibens vom Unterricht zu lösen.
Das wird auch dadurch bestätigt, dass das Schwänzen vielleicht eher ein Problem sozial
belasteter Kinder und Jugendlicher ist. Überraschend an den vorliegenden spärlichen
Daten ist es, dass das Schuleschwänzen anscheinend in den Hauptschulen und sozial
belasteten Stadtteilen am stärksten ist. Dieses widerspricht den Erfahrungen aus anderen
Ländern. Dort ist der Absentismus vor allem in Gymnasien verbreitet, wo die Autonomie
der Schüler am größten ist. Nochmals: Die Angaben im Bericht der Landesregierung sind
mit größter Vorsicht zu genießen, und eigentlich nicht verallgemeinerbar. Sie geben aber
einen Hinweis auf soziale Probleme, dem wir nachgehen müssen.
Daher teile ich auch die Einschätzung der Landesregierung, dass die Lösung des Problems
Absentismus eine Aufgabe für Schule, Sozialarbeit und Eltern ist. Die Folgerungen aus
diesem Bericht müssen sein, dass wir erstens bessere Informationen über den
Absentismus brauchen – eine entsprechende Studie hat das Kriminologische
Forschungsinstitut Niedersachsen bereits angekündigt – und zweitens, dass wir uns
Gedanken darüber machen, wie wir Schule und Jugendhilfe auch im Sinne der
Problemintervention besser verzahnen können.


Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de

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