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22.02.01 , 12:45 Uhr
FDP

Heiner Garg zum Betriebsverfassungsgesetz: IM Gewerkschaft ?

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F.D.P. Fraktion im Nr. 64/2001 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Donnerstag, 22. Februar 2001 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Heiner Garg: IM Gewerkschaft ?
In seinem Redebeitrag zu TOP 11 (Änderung Betriebsverfassungs- gesetz) sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der F.D.P.- Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:



Presseinformation „Es wird von niemandem ernsthaft bestritten, dass das Betriebsverfassungsgesetz aus dem Jahre 1972 an die heutige Arbeitswelt anzupassen ist.
In einer Zeit, die von den Begriffen „just in time“, „New Economy“ und „Globalisierung“ geprägt ist, muss auch die Gesetzeslage den geänderten Verhältnissen angepasst werden. Dazu gehört auch, dass der Begriff Sozialpartnerschaft mit neuen Ideen gefüllt werden wird.
Der Gedanke der Sozialpartnerschaft hat im Bereich der Mitbestimmung seinen Niederschlag gefunden und zum Ausgleich der Interessen in den einzelnen Betrieben geführt. Sozialpartnerschaft bedeutet aber auch, dass beide Partner – die Arbeitnehmer- und die Arbeitgeber - bei einer solchen Reform berücksichtigt, d.h. von vornherein gleichberechtigt mit einbezogen werden müssen.
Um so unverständlicher ist deshalb der jetzige Reformentwurf. Die Reformpläne gehen eindeutig in die falsche Richtung.
Hier wurden in der Hauptsache einseitig zu Lasten der Arbeitgeber Regelungen geschaffen, die geeignet sind, diese gewachsene Sozialpartnerschaft aufs Spiel zu setzen.
Durch diese Gesetzesänderung wird von der von allen politischen Kräften immer wieder beschworenen Mittelstandsförderung Abstand genommen.
Das hat Minister Rohwer völlig richtig erkannt.
Dieser Entwurf ist doch ganz offensichtlich nichts als ein Bonbon für die Gewerkschaften, die sich in letzter Zeit von der rot-grünen Mehrheit in Berlin vernachlässigt gefühlt haben. 2 Sollte der Entwurf etwa die Entschädigung für die großherzige Hilfe der Gewerkschaften bei der letzten Bundestagswahl darstellen? Fast könnte man auf diesen Gedanken kommen, denn mehrere neue Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetze sind in der Lage, gerade diese Annahme zu untermauern:
Kann von einer demokratischen Teilhabe und von einem demokratischen Wahlgedanken gesprochen werden, wenn durch eine „Vereinfachung“ und „Entbürokratisierung“ des Wahlverfahrens dafür gesorgt wird, dass die Mehrzahl der Arbeitnehmer dazu gezwungen werden soll, sich dem Willen einer kleiner Minderheit von Funktonären zu beugen?
Da wird doch die Absicht der Bundesregierung deutlich, wenn im Entwurf nicht einmal der Wahlmodus so gestaltet worden ist, dass kleinere Interessengruppen und Gewerkschaften in den Betrieben geschützt werden.
Es liegt doch auf der Hand, wer hier tatsächlich geschützt werden soll.
Welches Verständnis von Sozialpartnerschaft steht dahinter, wenn die beiden wichtigen Schwellenwerte des Betriebsverfassungsgesetzes zu Lasten eines der Sozialpartner abgesenkt werden sollen? Diese Absenkungen führen dazu, dass erhebliche zusätzliche Kostenbelastungen gerade für kleinere und mittelständische Betriebe entstehen.
Da hilft es auch nicht, die vermeintlichen Entlastungen durch die Steuerreform gegen rechnen zu wollen: Gerade die kleineren und mittleren Betrieben profitieren erst – wenn überhaupt – im Jahr 2005 von der Steuerreform.
Und es bedarf auch nicht der seherischen Weitsicht einer Kassandra, dass diese neue Regelung Arbeitsplätze kosten wird: Herr Minister Rohwer, in der sh:z vom 08.02. 2001 waren Sie jedenfalls noch dieser Auffassung. Wenn Sie Ihre Meinung geändert haben, dann müssen Sie das heute sagen.
Ihre 5 sozialdemokratischen Wirtschaftsministerkollegen fragen Sie dann bitte freundlicherweise gleich mit. Denn immerhin waren es 6 sozialdemokratische Wirtschaftsminister, die diese Überlegungen gegen den erklärten Willen ihrer eigenen Partei angestellt haben.
Da wird von ungeahnter Seite Schützenhilfe für die Arbeitgeber, die das Risiko eines Betriebes tragen, geleistet!
Schade, Herr Hay, dass Sie das für die SPD-Fraktion nicht genauso sehen!
Denn gerade kleinere Betriebe, die an den vorgegebenen Schwellenwert kommen, werden es sich zweimal überlegen, ob sie zukünftig neue Mitarbeiter einstellen oder einfach mehr Überstunden „fahren“. Da braucht man sich dann nicht wundern, wenn Investitionen in den Betrieben durch die Arbeitgeber zurückgestellt oder gar nicht vorgenommen werden.
Aber Herr Hay, auch Sie erhielten ja tatkräftige Unterstützung für Ihre Position: Und zwar vom CDU Landesvorsitzenden höchstpersönlich.
Herr Wadephul sucht jetzt ebenfalls den Schulterschluss mit den Gewerkschaften.
Da die CDU für die Unternehmer in dieser Frage schon längst kein zuverlässiger Ansprechpartner mehr ist, dient sich Herr Wadephul eben mal der anderen Seite an.
Herr Kayenburg, da mache ich mir doch wirklich Sorgen um die Union. 3 Ich frage mich, wie sich die Hinzuziehung des Betriebsrates bei allen Fragen des betrieblichen Umweltschutzes mit der Investitionsneigung von Arbeitgebern in Einklang bringen lässt?!
Auch dieses Problem hat der Wirtschaftsminister im Gegensatz zu Ihnen, Herr Wadephul, verstanden: Da in der heutigen Zeit fast alle Investitionen eines Betriebes von den Belangen des Umweltschutzes berührt sind - kann hier in Zukunft jeder Einspruch des Betriebsrates gerechtfertigt werden.
Darüber hinaus ist die Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in die Mitbestimmung und die Ausweitung des Betriebsbegriffes geeignet, die gewachsenen Strukturen eines Betriebes empfindlich zu stören.
Die entsprechende Bestimmung sieht doch ganz danach aus, als habe ein Leiharbeitnehmer das Wahlrecht in zwei Betrieben. Hier wird bereits im Entwurf wieder neuer Interpretationsspielraum geschaffen. Nachbesserungsbedarf wird also quasi serienmäßig mitgeliefert.
Jetzt ist die Chance gegeben, diesen Fehlentwicklungen entgegenzutreten und dies bedeutet auch, dass solche Ungereimtheiten vor Inkrafttreten geklärt werden müssen.
Es wäre an dieser Stelle auch hilfreich zu erfahren, ob der Wirtschaftsminister seitenlang seine Privatmeinung zum Besten gegeben, oder ob er für die Landesregierung gesprochen hat.
Mich interessiert das deshalb, weil sich ja die Ministerpräsidentin offensichtlich völlig überrascht von den Äußerungen ihres Wirtschaftsministers gezeigt hat.
Danach kann sich die Landesregierung in schönster Eintracht überlegen, wie ein gemeinsamer Betriebsrat von Zulieferer- und Kundenunternehmen funktionieren und dies mit dem deutschen und europäische Wettbewerbsrecht in Einklang gebracht werden soll.
Der neue Entwurf ignoriert ebenfalls, dass sich viele Belegschaften in kleineren Betrieben oder auch in bestimmten Branchen ganz bewusst gegen einen Betriebsrat entschieden haben. Das ist ebenso zu respektieren, wie Entscheidung für einen Betriebsrat.
Das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 wurde doch geschaffen, um die Mitbestimmung und den Willen der Arbeitnehmer zu regeln - nicht aber, um den Bestand und den Einfluss von Gewerkschaften zu sichern!
Wenn Herr Wadephul dies heute anders sieht, muss er das klipp und klar sagen.
An Stelle des Kniefalls vor den Gewerkschaften fordern wir, dass im Hinblick auf die Tarifpolitik dem Betriebsrat eine wichtigere Rolle zukommen soll als dies bislang der Fall war:
Wer Arbeitsplätze sichern und neue schaffen will, muss im Bedarfsfall vom Flächentarifvertrag abweichen können. Die Möglichkeiten des Betriebsrats zu dezentraleren und flexibleren Lohnverhandlungen müssen ausgeweitet werden.
Das wäre eine echte Reform, die sich den Anforderungen des wirtschaftlichen Wandels stellt. 4 Ziel muss es doch sein, die Dynamik der kleineren und mittleren Betriebe zu nutzen und zu stärken. Insofern bekommt auch die F.D.P. ungeahnte Schützenhilfe von sechs SPD – Wirtschaftsministern.
Kann unsere Kritik an dem vorliegenden – sogenannten Kompromiss, der in Wirklichkeit gar keiner ist - also so falsch sein?
Warum sollten die Betriebsräte vor Ort nicht das Recht erhalten, selbst zu entscheiden, was für die Mitarbeiter, von denen sie gewählt worden sind, besser ist?
Was ist an Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene schlimm, wenn sie freiwillig geschlossen und beispielsweise von 75 Prozent der abstimmenden Mitarbeiter des Unternehmens befürwortet werden?
Warum wurde bei diesem Entwurf nicht die Mitarbeiterbeteiligung als moderne Form der Mitbestimmung zum Thema gemacht?
Hier hätte man die Identifikation des jeweiligen Arbeitnehmers mit „seinem“ Betrieb fördern können und müssen. Statt dessen wird auf Kosten der Arbeitnehmer eine „staatlich verordnete Ausweitung des gewerkschaftlichen Funktionärskörpers“ vorgenommen, der den Sozialpartnern mehr schadet, als nutzt.
Daher kann ich Sie, Herr Minister Rohwer nur auffordern: Bleiben Sie am Ball! Lassen Sie sich nicht von einer Union, die sich ausschließlich um sich selbst sorgt beeinflussen und leisten Sie noch ein wenig Überzeugungsarbeit bei Ihren eigenen Genossen!
Die F.D.P.-Fraktion ist da schon ein wenig weiter – mit unserer Unterstützung können Sie in dieser Frage voll und ganz rechnen.“

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