Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Lothar Hay zu TOP 3: Ergebnisse der Steuerschätzung
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 14.11.01 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellLothar Hay zu TOP 3 :Ergebnisse der Steuerschätzungich werde in meinem Redebeitrag auf die Ergebnisse der Steuerschätzung und auf den CDU-Antrag auf Verschiebung der Haushaltsentscheidung eingehen.Die SPD beabsichtigt, den Haushalt 2002 im Dezember zu verabschieden. Wir wollen die Vorgaben der Verfassung erfüllen. Wir sehen keinerlei Veranlassung, eine Ver- schiebung auf den Januar 2002 zu erwägen, die ohnehin mit neuerlichen Nachteilen für geplante Investitionstätigkeiten des Landes verbunden wäre. Ich nenne hier als Stichwort nur die sogenannte Zwölftel-Wirtschaft.An den ernüchternden Ergebnissen der Steuerschätzung vom 9. November gibt es nichts zu beschönigen. Es ergibt sich für das Haushaltsjahr 2001 ein Einnahmeminus nach Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen von 84,4 Millionen Euro. Im Haushaltsjahr 2002 ist mit einem Minus von 118, 7 Mio. Euro zu rechnen.Wir werden die Beratungen der nächsten Tage dazu benutzen, einen Vorschlag zu entwickeln, der dem Landtag am 12. Dezember vorgelegt werden kann. Eines kann ich für meine Fraktion in aller Deutlichkeit erklären, um Spekulationen in verschiedene Richtungen den Boden zu entziehen: Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Wir denken nicht daran, die Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts nach § 18 Landeshaushaltsordnung zu erklären. Ebenso wenig denken wir daran – wie von anderer Seite vorgeschlagen –, den Bund um Hilfe zu bitten. Hierfür gibt es keine Notwendigkeit.Wir werden aus eigener Kraft einen Vorschlag entwickeln, um einen verfassungsge- mäßen Haushalt vorzulegen. Es kann jetzt nicht um Schnellschüsse innerhalb von we- nigen Stunden gehen, sondern in den nächsten zwei Wochen werden wir als Fraktion über mögliche weitere Kürzungen beraten. Entgegen anderer Positionen sind wir der festen Auffassung, dass an der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kein Weg vorbei führt.Die zu suchende Lösung wird nur durch einen Mix von höherer Kreditaufnahme, zu- sätzlichen Kürzungen und weiteren Maßnahmen zu suchen sein.Wäre die Situation insgesamt nicht so bitter, so könnte man darüber erfreut sein, dass die Finanzkraft Schleswig-Holsteins im Ländervergleich sich auf rund 95 Prozent ver- bessert hat. Der Länderfinanzausgleich sorgt bedauerlicherweise dafür, dass die Situation mit einem erheblichen Minus prekär bleibt.Die konjunkturbedingten Einnahmenausfälle sind für Bund und Länder eine starke Be- lastung und treffen auch die Kommunen erheblich. Zusätzliche Belastungen bringt für die kommunale Ebene noch der Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen.Diese Steuerschätzung ist das Ergebnis von konjunkturellen Einbrüchen in zahlreichen Industrienationen. Dies gilt für die USA, dies gilt auch für Japan, und dies gilt natürlich auch für die Bundesrepublik.Hatte man zur Jahresmitte noch die Hoffnung, dass das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik nur auf vielleicht 2 Prozent sinken würde, so rechnen wir heute nicht einmal mehr mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 1 Prozent. Natürlich ist der -3-Anschlag vom 11. September nicht ohne Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung geblieben und wird sich auch weiterhin negativ auswirken.Die Einschätzung des Bundesfinanzministers stimmt, dass externe Faktoren eine ent- scheidende Rolle spielen. Man muss natürlich auch einräumen, dass die Steuerreform sich anders als erhofft ausgewirkt hat. Die Körperschaftssteuer ist von 23 Milliarden Mark im Jahre 2000 auf zwei Milliarden Mark im Jahre 2001 gesunken und damit zu einer Bagatellsteuer geworden.Selbst für Fachleute unerklärlich sind bisher die deutlichen Einbrüche bei der Umsatz- steuer. Der Steuerschätzer Alfred Boss vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel erklär- te:„Wir tappen alle im dunkeln.“ Noch im Mai war man von einem Zuwachs von 2,4 in diesem und 3 Prozent im nächsten Jahr ausgegangen. Jetzt erwartet man für 2001 ein Minus von 1 Prozent und für 2002 ein Plus von 2,7 Prozent. Dies macht deutlich, dass die Entwicklungen zunehmend unkalkulierbarer werden und bisherige Erklärungsmus- ter nicht mehr greifen.Ich persönlich bin mir sicher, dass angedachte kreditfinanzierte Konjunkturprogramme angesichts zunehmender Globalisierung und abnehmender Bedeutung der einzelnen Volkswirtschaften keine wirkliche Verbesserung der Situation bringen können. Keynes ist tot, und seine Wirtschaftstheorie liegt offenbar auch in den letzten Zügen.Wir haben es mit einer Situation zu tun, in der sowohl die Binnenkonjunktur lahmt, als auch die Exporte deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben.Klar ist für mich: Zusätzliche kreditfinanzierte Investitionsprogramme sind nicht erfolg- versprechend. Sie erhöhen die Verschuldung, während kurzfristige Auswirkungen auf die Nachfrage unsicher sind. Offenbar wird diese Position auch von den fünf Wirt- schaftsweisen geteilt, die in ihrem heute vorgelegten Jahresgutachten ein Konjunktur- programm ablehnen. -4-Nicht erst die jetzige Entwicklung des Steueraufkommens zeigt, dass durch internatio- nal agierende Unternehmen in einer globalisierten Wirtschaft Prognosen für Steuer- einnahmen erheblich schwieriger geworden sind. Bereits Entscheidungen einzelner Unternehmen – dies gilt weniger für Schleswig-Holstein als für andere Länder – kön- nen erhebliche Folgewirkungen auf die Steuereinnahmen einer Gemeinde oder eines Bundeslandes haben.Wir werden uns also auf die Situation einstellen, dass Haushaltsplanung zukünftig mit noch größeren Unsicherheiten behaftet sein wird. Haushaltspolitische Planungen müs- sen sich deshalb noch stärker an mittelfristigen Orientierungslinien ausrichten.Trotz der schwierigen finanziellen Situation halten wir an unserem Ziel fest, im Jahre 2002 200 neue Lehrerstellen und 100 neue Referendarstellen im Schulbereich zu schaffen. Und trotz der schwierigen Lage werden wir am für unser Land notwendigen Sicherheitspaket im Umfang von rund 13 Mio. Euro festhalten.Dies alles zeigt, dass es trotz der überaus schwierigen Konsequenzen aus der Steuer- schätzung nicht nur darum gehen kann, noch mehr einzusparen, sondern dass weiter- hin Schwerpunkte unserer Politik aufrecht erhalten bleiben.Und wenn die CDU alternativ zu Überlegungen des Verkaufs eines kleinen Anteils der Landesbank lediglich den Verkauf von landeseigenen Immobilien, Forstflächen und der staatlichen Lottogesellschaft vorschlägt, dann zeigt dies , dass alternative Möglich- keiten zu den Vorschlägen des Finanzministers kaum vorhanden sind. Und wenn Sie, Herr Kubicki, im Zusammenhang mit der aktuellen Situation lediglich eine selbstge- strickte Liquiditätskrise analysieren, dann geht das an der Realität ein deutliches Stück vorbei.Die Koalitionsfraktionen werden in den nächsten 14 Tagen im Rahmen umfangreicher Beratungen den Haushaltsentwurf für 2002 – wo nötig – ergänzen und am 12. Dezem- ber den Haushalt 2002 in zweiter Lesung verabschieden.