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12.10.06 , 15:36 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 12 - Gesetz über die Hochschulen und das Universitätsklinikum

Presseinformation
Kiel, den 12.10.2006 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk

TOP 12 Gesetz über die Hochschulen (Hochschulgesetz) Drs. 16/1007

Ohne Zweifel stehen die Hochschulen des Landes vor beträchtlichen Herausforderungen. Dazu
gehört, dass die Bundesrepublik im internationalen Vergleich unter einem Mangel an
Hochschulabsolventen leidet. - Während zum Beispiel in den skandinavischen Ländern fast jeder
zweite Schüler auch studiert, ist bei uns – das gilt auch für Schleswig-Holstein - die Quote
weitaus niedriger. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung braucht aber gerade
die Wirtschaft in Zukunft verstärkt qualifizierte und hoch ausgebildete Arbeitskräfte, um
international wettbewerbsfähig zu sein. Dieser Mangel an qualifizierten Arbeitskräften droht in
ein riesiges Problem zu werden, obwohl die Zahl der Studienbewerberinnen und -bewerber in
den nächsten Jahren leicht ansteigen wird.

Auch der so genannte Bologna-Prozess mit seiner Umstellung auf Bachelor- und Masterstudien-
gänge stellt große Anforderungen an die Hochschulen, denn sie müssen nicht nur die zwei-
stufige Studienstruktur einführen, sondern gleichzeitig auch die Qualität der Lehre sichern. Und 2
alles dies müssen sie mit sehr knappen öffentlichen Mitteln bewältigen, denn schon die
Erichsen-Kommission stellte fest, dass die schleswig-holsteinischen Hochschulen unterfinanziert
sind.

Deshalb geht es in der Tat darum, wie für die Hochschulen des Landes die Strukturen optimiert
und die Rahmenbedingungen verbessert werden können. Die Landesregierung hat bisher immer
betont, dass es dabei auch um mehr Eigenständigkeit der Hochschulen und um den Abbau von
Bürokratie gehen muss, wenn die Hochschullandschaft gestärkt werden soll. Die Frage ist
jedoch, was der vorliegende Gesetzentwurf nun wirklich zur Weiterentwicklung der
Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein beiträgt. Soll heißen, nach Meinung des SSW muss
man bei diesem Gesetzentwurf schon mit der Lupe nach positiven Impulsen für die positiven
uchen. Hochschulentwicklung des Landes s uchen

Der Entwurf sieht vor, dass sich die Landespolitik zukünftig aus allen Detailfragen zurückzieht
und die Hochschulen selbst Personalentscheidungen treffen, Prüfungsordnungen genehmigen
und die strategische Ausrichtung bestimmen. Daran ist vorerst nichts Verwerfliches.
Problematisch wird es erst, wenn es ans Eingemachte geht. Denn umgesetzt werden soll dies
von einem neuen „Management“ – von drei Leitungsgremien. Neben Präsidium und Senat soll
künftig ein mit umfassenden Kompetenzen, Überwachungs- und Kontrollrechten ausgestatteter
Hochschulrat, in dem externe Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft Platz
finden sollen, über alle wichtigen Angelegenheiten entscheiden.

Für die drei Universitäten in Kiel, Lübeck und Flensburg wird darüber hinaus ein Universitätsrat
eingesetzt, der Lehrangebote, Forschungsschwerpunkte und Fragen der Profilbildung landesweit
koordinieren soll und sich daneben noch mit der Verteilung der Finanz- und Sachmittel oder der
Personalausstattung beschäftigt. Geplant ist außerdem eine Ausschreibung des Präsidenten-
amtes, damit sich auch hier externe Bewerber zur Wahl stellen können. Die neue Präsidial-
verfassung gehört aus Sicht des SSW im Moment zu den kleineren Übeln, die mit dem Entwurf
eines neuen Hochschulgesetzes auf uns zu kommen. Dennoch freuen wir uns nicht unbedingt 3
über diese neue Konstruktion, wobei es hoffentlich mehr als weiße Salbe sein wird, dass ein
neuer Präsident oder eine neue Präsidentin weiterhin von den Mitgliedern der Hochschule
gewählt werden soll.

Eindeutig zu kritisieren ist aber, dass der Senat nicht mehr drittelparitätisch besetzt sein soll.
Denn wir bleiben dabei, dass eine Hochschule davon lebt, dass alle an ihr Beteiligten die
Möglichkeit haben müssen, sich gleichberechtigt einzubringen. Wir teilen auch die Sorge des
AStA Kiel, dass ein Hochschulrat dazu missbraucht werden könnte, der Wirtschaft mehr Einfluss
auf die Gestaltung der Hochschulpolitik zu verschaffen, als es aus gesellschaftspolitischer Sicht
wünschenswert wäre. Dazu werden insgesamt die Mitbestimmungsrechte der Studierenden
beschnitten und die Handlungsmöglichkeiten der Frauenbeauftragten stark eingeschränkt.
Völlig unverständlich ist für uns in diesem Zusammenhang, dass die Landesregierung einerseits
die Universitätsleitung stärken will, andererseits dem Kanzler oder der Kanzlerin die Möglichkeit
einräumt, gegen Entscheidungen des Präsidiums ein suspensives Veto einlegen zu können und
Entscheidungen an den Hochschulrat zu delegieren. Da hat wohl die eine Hand nicht gewusst,
was die andere Hand tat.

Auch die Kompetenzabgabe der Universitäten an den Universitätsrat sieht der SSW mehr als
kritisch, zumal er entgegen ursprünglicher Aussagen des Wissenschaftsministers nun auch nicht
mal mehr paritätisch besetzt sein soll, denn nach Protesten der CAU bekommt die Kieler
Universität jetzt die Hälfte der Sitze. Da kann es keinen verwundern, dass die Universitäten in
Lübeck und Flensburg diesen Vorschlag mit großem Misstrauen aufgenommen haben. Sogar die
CAU hat jetzt einen Kompromissvorschlag vorgelegt, in dem die Kompetenzen des
Universitätsrates wieder beschnitten werden sollen. Ansonsten befürchtet man zu Recht den
Aufbau von Doppeltstrukturen und hat die Sorge, dass in die einzelnen Hochschulen
hineinregiert wird.

Das gleiche gilt für den geplanten Medizin-Ausschuss, der meines Erachtens vor allen dem
Zweck dient, die medizinischen Fakultäten in ihren Kompetenzen zu beschneiden und sie – wie 4
die Kliniken – von den Universitäten abzutrennen. Ein weiteres Problem ist, dass der
Universitätsrat eine Geschäftstelle bekommen soll, die jährlich zwischen 500.000 • und 1 Mio.•
kosten wird – finanziert aus dem Budget der Hochschulen. Wer dabei noch von einer Stärkung
der Hochschulautonomie spricht, tut dies fahrlässig und wider besseres Wissen.
Zusammenfassend führt der jetzt vorliegende Vorschlag für einen Universitätsrat nicht nur zu
mehr Bürokratie, er kostet auch viel Geld – Geld, das den Hochschulen zur Bewältigung von
dringenden Aufgaben fehlen wird. Will man unbedingt einen Universitätsrat, dann kann es sich
nur um einen echten Wissenschaftsrat handeln – so, wie auch vom Rektor der Universität zu
Lübeck vorgeschlagen.


Der SSW schlägt also die Einrichtung eines echten Wissenschaftsrates vor zusammen- zusammen-
gesetzt von Wissenschaftern, die nicht aus Schleswig -Holstein kommen. Nach dem Vorbild Schleswig- kommen.
des nationalen Wissenschaftsrates, der ja durch die Föderalismusreform stark an Einfluss
verlieren wird, kann ein solches beratendes Gremien der Weiterentwicklung der Hochschul-
landschaft in Schleswig-Holstein viele neue Impulse geben. Eingebunden werden sollten dabei
nicht nur die Universitäten, sondern auch die Fachhochschulen des Landes. Aus Sicht des SSW
macht die strikte Trennung von Universität und Fachhochschule – mit Einführung von Bachelor-
und Masterstudiengängen – künftig keinen Sinn mehr.


Zur Zentralisierung der Entscheidungsbefugnisse durch den Universitätsrat gehört dann auch,
dass das Wissenschaftsministerium die globalen Zuschüsse an die Universitäten in Frage stellt.
Im Gegensatz zum alten Hochschulgesetz, das von einer Budgetierung ausgeht, wird in §8 eine
Rolle rückwärts deutlich. Dies zu hinterfragen, wird Teil der Ausschussberatung sein müssen.


Für uns ist es wichtig, dass es auch künftig eine starke Hochschullandschaft in Schleswig-
Holstein geben wird. Das sehen wir mit dem neuen Hochschulgesetz nicht. Eines der heikelsten
Themen aller Hochschulreformen wird im vorliegenden Gesetzestext kaum berührt. Von
Studiengebühren ist im Gesetzestext überhaupt nicht die Rede. Allerdings ist gerade das ein 5
Problem, denn im alten Hochschulgesetz gab es ein striktes Verbot gegen Studiengebühren.
Dieses Verbot ist nunmehr Geschichte und es bleibt abzuwarten, ob wir in Schleswig-Holstein
nicht auch bald Studiengebühren bekommen werden. Im Koalitionsvertrag steht zwar drin, dass
Schleswig-Holstein keine Studiengebühren erheben sollte.


Allerdings hat die CDU erreicht, dass das Land keinesfalls eine Insellösung in dieser Frage
akzeptieren darf. Niedersachsen und Hamburg haben bereits Studiengebühren eingeführt und
jetzt schaut die SPD sicherlich gebannt nach Mecklenburg-Vorpommern, ob die neue Große
Koalition dort solche Gebühren einführen will. Der SSW bleibt in dieser Frage bei seiner
klaren Ablehnung. Bildung muss weiterhin ein kostenloses Gut bleiben, um die soziale
Gerechtigkeit zu wahren und um den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein zu stärken. Schleswig-

Deshalb wird es mit dem SSW keine Studiengebühren in Schleswig-Holstein geben. Auch eine
nachgelagerte Studiengebühr, wie von Ministerin Ute Erdsiek-Rave vorgeschlagen, lehnen wir
ab. Wir sind auch der Meinung, dass wir diese Entscheidung nicht von anderen Bundesländern
abhängig machen dürfen. Wenn Schleswig-Holstein in der Frage der Studiengebühren eine Insel
wird, dann ist es sogar ein Standortvorteil für unsere Hochschulen, weil dieses die Attraktivität
der Studien in Schleswig-Holstein steigern wird.

einem Dieser Entwurf für ein neues Hochschulgesetz wird also den Forderungen nach einem
modernen Bildungssystem, das allen Menschen gleichermaßen offen steht, nicht gerecht.
Wir brauchen stattdessen ein Hochschulgesetz, das für ein ebenso kreatives wie effektives
Lehrangebot sowie für die Qualität einer unabhängigen, engagierten Forschung sorgt. Dazu ist
die Verschlankung des gesamten Verwaltungsapparates, mehr Hochschulautonomie und mehr
Eigenverantwortlichkeit aller beteiligten Gruppen sowie eine höhere Flexibilität in
Personalfragen notwendig. Nur so werden wir letztlich unsere Hochschulen wirklich
voranbringen und sie fitt für die Zukunft machen.

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