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Anke Spoorendonk zu TOP 8 - Änderung des Landeswahlgesetzes (Frauenquote)
PresseinformationKiel, den 13.09.2007 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 8 Änderung des Landeswahlgesetzes (Frauenquote) (Drs. 16/1541)„In der Bestandsaufnahme sind wir uns alle einig: Es ist ein Trauerspiel, dass die Frauenquote inden deutschen Parlamenten 88 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts immer noch soniedrig ist. Natürlich wäre es nur gerecht, wenn auf der Hälfte dieser Stühle Frauen säßen.Die Quotierung per Gesetz ist eine scheinbar simple Lösung für dieses Problem, ob es auch einegute Lösung ist, wage ich dennoch zu bezweifeln. Hinter diesem Vorschlag liegt derGedankengang, dass Frauen lediglich deshalb nicht in den Parlamenten sitzen, weil ihnen alteMänner im Weg stehen. Wenn die Quote gesetzlich vorgeschrieben ist, dann löst sich dasProblem von selbst.Wie gesagt, das ist zu einfach. Denn wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass weniger Frauenals Männer bereit sind, sich überhaupt innerhalb einer Partei um einen Listenplatz zu bewerben.Dies mag zum Teil mit der Dominanz der Männer zu erklären sein, es liegt aber auch daran, dassein politisches Mandat für viele Frauen keine attraktive Perspektive ist. Vielen erscheinen diepolitischen Kultur, das Klima in den Parteien, die Sitzungsformen und der Zeitdruck nicht 2besonders attraktiv und schon gar nicht mit einem geregelten Familienleben vereinbar. Politikmuss ein attraktiver Arbeitsplatz für Frauen sein und dies ist eine weitaus schwierigere Aufgabe,die nicht nur mathematisch gelöst werden kann.Deshalb halte ich nichts vom Ansinnen der Grünen, den anderen Parteien jetzt einen inner-parteilichen Reformprozess per Gesetz vorzuschreiben. Eine nachhaltige Verbesserung derdemokratischen Beteiligung der Frauen in Schleswig-Holstein erreicht man nicht mit dem Diktatdes Landeswahlgesetzes, sondern nur, indem die Parteien – allen voran die CDU – sich dieserDiskussion wirklich stellen. Das ist ein steiniger Weg, aber auch der nachhaltigere. Dass es keinewirkliche Abkürzung gibt, zeigt schon die Tatsache, dass in Deutschland der Anteil der Frauen mitDirektmandaten wesentlich geringer ist als derjenige, der über die Liste gewählt wurde. Geradeeinmal 10 der 40 Direktmandate in diesem Haus wurden von Frauen gewonnen. Daran ändertder Vorschlag der Grünen zunächst nichts. Es ist also ein viel tiefergehendes Umdenkenerforderlich, das auch nicht erst bei der Landtagswahl beginnen kann. In den meisten Parteiensteht am Anfang einer politischen Karriere die Kommunalpolitik. Schon hier muss die Politik fürFrauen attraktiv sein. Ansonsten werden viele interessierte, engagierte und kompetente Frauenfrühzeitig abgeschreckt.Letztlich geht es auch bei der Frauenquote in der Politik um allgemeine Fragen der Gleichstellung- wie die Stellung der Frau im Berufsleben, die Kinderbetreuung und die Arbeitsteilung in denFamilien. Sie haben entscheidende Bedeutung dafür, ob sich Frauen von den Parteien rekrutierenlassen, ob sie wirklich für Wahllisten nominiert werden und ob sie ein Mandat erringen. Das zeigtauch die Entwicklung in den skandinavischen Ländern, die die weltweit höchsten Frauenquotenin den Parlamenten erreicht haben und wo junge Frauen in Parlamenten wie auch inRegierungen in der ersten Reihe mitreden.Vorbildhaft ist dabei immer noch, was in den 80’er Jahren in Norwegen geschah, wo Gro HarlemBrundtland als Ministerpräsidentin maßgeblich dazu beitrug, dass sich nicht nur die Frauenquotein der Politik veränderte. Auch die politische Kultur wurde anders – angefangen mit den Abläufen 3von Kabinettssitzungen und der Abarbeitung von Tagesordnungspunkten. Heute liegt der Anteilder Frauen in den Parlamenten der skandinavischen Länder bei über 41%.Die Entwicklung in unseren nördlichen Nachbarländern zeigt uns mit anderen Worten, wiewichtig der gesellschaftliche Diskurs ist. Dazu gehört auch der politische Wettbewerb derParteien um die besten Lösungen gesellschaftlicher Fragestellungen. Wenn Parteien meinen,dass sie diese Debatten ohne die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am politischenGeschehen in den Parlamenten führen können, dann muss auch das diskutiert und in Fragegestellt werden, damit sich die Wählerinnen und Wähler – wenn sie es denn wollen – auch gegendiese Parteien entscheiden können.