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Lars Harms zu TOP 18 - Große Anfrage zum Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein
Presseinformation Kiel, den 24.4.2008 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 18 Große Anfrage zum Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein Drs. 16/1940Die grundlegenden Rahmenbedingungen für den Gesundheitsstandort Schleswig-Holsteinwerden – „leider“, ist man geneigt zu sagen – in Berlin gemacht. Und hier haben wir in den letztenJahren bei der ambulanten und insbesondere im Bereich der stationären Versorgung durch dieverschiedenen Gesundheitsreformen des Bundes negative Entwicklungen zu verzeichnen.Dies betrifft gerade auch die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein, die vor großen finanziellenHerausforderungen stehen. Nicht nur, dass der so genannte Basisfallwert – also quasi dieBezahlung der Krankenhausleistungen- immer noch weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt,sondern durch die letzte Gesundheitsreform und die Begrenzung der Budgets haben dieKrankenhäuser Schleswig-Holsteins große Probleme.In einem Schreiben, das sicherlich allen Abgeordneten vorliegt, bezeichnet dieKrankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein die Lage als dramatisch, weil natürlich auch derjüngste Tarifabschluss verkraftet werden muss. Laut KGSH belastet die Erhöhung der Löhne dieKrankenhäuser in den nächsten Jahren mit 90 Millionen Euro. 2Damit kein falscher Zungenschlag entsteht, möchte ich klarstellen, dass der SSW die Erhöhung derGehalter und Löhne für die Beschäftigen der Krankenhäuser als angemessen und äußerstberechtigt ansieht. Das Problem liegt aber im Finanzierungssystem des Bundes. Denn zum einenfließen die Gehaltssteigerungen überhaupt nicht in die Krankenhaus-Fallpauschalen ein und zumanderen sind die tarifbedingten Mehrkosten durch die marginale Budgetsteigerungsrate von 0,64% - wovon bekanntlich 0,5% als Sanierungsbeitrag an die Krankenkassen zurückfließt – nichtfinanzierbar.Dabei haben sich die meisten der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser seit Jahren vorbildlichspezialisiert und auch den Betrieb so effektiv wie möglich gestaltet. Ein weiterer Personalabbau –zum Beispiel durch einen Abbau von Krankenschwestern und -pflegern würde die Qualität desKrankenhauswesens in Schleswig-Holstein in Gefahr bringen. Die Landesregierung muss hier alsounbedingt schnellstens handeln, wenn ein schwerwiegender Schaden vom GesundheitsstandortSchleswig-Holstein abgewendet werden soll. Die Große Koalition muss sich in Berlin für eineÄnderung der Finanzierungsrahmenbedingungen für die Akteure im Gesundheitswesen einsetzenund - wir sprachen ja bereits gestern darüber – am besten geschieht dies über eineGesundheitsreform, die diesem Namen auch verdient und die insbesondere dieFinanzierungsgrundlagen verbessert.Dies ist aus Sicht des SSW das vordringlichste Problem, das die Landesregierung inZusammenhang mit dem Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein anpacken muss und daherhabe ich dies heute im Zusammenhang mit der Debatte über die Antwort der Landesregierungauf die Große Anfrage der FDP vorangestellt.Ansonsten zeigt die Antwort der Landesregierung die eigentlich recht gute Ausgangslage und dasgroße Potential des Gesundheitsmarktes in Schleswig-Holstein. Schon im Jahre 2000 startete diedamalige Ministerpräsidentin Heide Simonis die Gesundheitsinitiative für Schleswig-Holstein, die 3dazu dienen sollte, vorhandene Ressourcen in diesem Bereich zu bündeln und ungenutztePotentiale sowie Leitprojekte zu entwickeln. Die CDU-SPD-Landesregierung hat diese Initiativedann 2005 weitergeführt. Natürlich ist es daher sehr berechtigt, wenn die FDP in ihrer GroßenAnfrage nach den Ergebnisse und Kosten dieser Initiative fragt.Die Bedeutung des Gesundheitsmarktes für Schleswig-Holstein wird schon dadurch unterstrichen,dass laut Bundesagentur für Arbeit mindestens 92.000 Personen hier arbeiten, wobei wegen demfehlenden statistischen Material von einer Untergrenze auszugehen ist. Das Institut für Arbeitund Technik in Gelsenkirchen geht sogar von 137.000 sozialversicherungspflichtigenBeschäftigten und einem Umsatz von fast 5 Mrd. Euro für die Jahre 2004 und 2005 aus.Diverse Studien belegen die hohe Kompetenz und das Potential der Gesundheitswirtschaft inSchleswig-Holstein. Zum Beispiel ist dies der Fall im Bereich Life Science/Medizintechnik und imGesundheitstourismus, wo es auch viele große Unternehmen gibt, die zu den ersten 30 größtenArbeitgebern im Lande gehören.Die Leitprojekte der Landesregierung haben sich daher im Rahmen der Gesundheitsinitiativenaturgemäß auf diese Gebiete konzentriert. Dies gilt für die Landesunterstützung desMedizintechnik-Campus in Lübeck, dem landesweiten Forum „Life Science“ oder demGesundheits- und Wellness-Tourismus in den Urlaubsorten.Wobei für einige dieser Projekte, die über die Jahre mit Fördermitteln bedacht wurden, laut derAntwort der Landesregierung leider nicht immer unmittelbar messbare Ergebnisse vorzuweisensind. Dies gilt natürlich insbesondere für die Forschungsbereiche im Rahmen der Gesundheits-initiative, wo die Landesregierung allerdings zurecht darauf hinweist, dass bei direktenProduktinnovationen als Folge der durch die Leitprojekte angestoßenen Maßnahmen, zumBeispiel im Medizinbereich, bis zu zehn Jahre bis zur Markteinführung eines Produktes brauchen. 4Im Gesundheitstourismus ist dies etwas anders, weil hier die Gesundheitsinitiative ganz konkretdazu beigetragen hat, dass vor allem die Kurorte die notwendige gesundheitstouristischeNeuausrichtung vorgenommen haben. Laut Große Anfrage haben vor allem Westerland, St. Peter-Ording, Büsum und Damp ihre Angebote an die Neuausrichtung der Tourismusstrategie derLandesregierung im Gesundheitsbereich erfolgreich angepasst. Das im Aufbau befindlicheKompetenzzentrum Gesundheitstourismus soll dazu beitragen, diese gesundheitstouristischenAngebote in Schleswig-Holstein noch mehr zu auszubauen und besonders die Qualität noch mehran den Ansprüchen der Zielgruppen anzupassen. In diesem Bereich sind wir also weiterhin aufeinem guten Weg.Das kann man leider für die elektronische Gesundheitskarte nicht behaupten. Vom Grundsatz herist das Konzept der Gesundheitskarte, auf der die medizinischen Daten der Patienten gespeichertsind, natürlich zu begrüßen. Denn es dreht sich um ein wichtiges Strukturelement derTelematikanwendung und es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass die Tests zurbundesweiten Einführung der elektronischen Gesundheitskarte das Profil Schleswig-Holstein alsinnovatives Gesundheitsland weiter gefördert haben.Allerdings sind die so genannten „Feldtests“ in letzter Zeit ins Stocken geraten. In denFeldversuchen zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte hat sich die Eingabe derPatienten-PIN als verfahrenstechnische Hürde herausgestellt. Vor allem ältere oder behinderteTestteilnehmer haben Probleme, die sechsstellige PIN einzugeben, mit der sie etwa ihreZustimmung dafür signalisieren, dass ein Notfalldatensatz angelegt wird. Im FlensburgerFeldversuch wurden 75 Prozent der ausgegebenen elektronischen Gesundheitskarten durchfalsche PIN-Eingaben gesperrt, in anderen Regionen sollen die Quoten nicht viel besser sein.Hier muss also noch nachgearbeitet werden, aber wenn die elektronische Gesundheitskarte einErfolg wird, dann kann der Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein davon profitieren, weilunsere Unternehmen und die Akteure im Gesundheitswesen bei uns die ersten Erfahrungen mit 5dieser modernen Technologie gemacht haben. Aber es scheint noch ein längerer Weg bis zumErfolg zu werden.Die Landesregierung sieht laut Großer Anfrage die ärztliche Versorgung in Schleswig-Holsteinauch im ländlichen Raum zur Zeit als ausreichend an. Dies deckt sich nicht immer mit derWahrnehmung der Bevölkerung auf dem Lande, aber ich will die Zahlen, die vorliegen, nicht inFrage stellen. Denn die Landesregierung macht ja selbst darauf aufmerksam, dass man für dieZukunft schon einen Ärztemangel speziell auf dem Lande befürchtet, weil viele Ärzte pensioniertwerden und weil es sehr schwer sein wird, adäquate Nachfolger zu finden. Wir haben bereits imLandtag über dieses wichtige Thema debattiert und die Landesregierung hat gemeinsam mit derKassenärztlichen Vereinigung Initiativen angekündigt, um dem entgegen zu wirken. Leider gibt esaber keinen Königsweg, um dieses Problem zu lösen, denn auch hier haben wir es mitRahmenbedingungen zu tun, die vom Bund her vorgeben werden.Dies kann man allerdings nicht sagen, wenn es um das notärztliche Versorgung im ländlichenRaum geht. Hier gibt ein Landesgesetz die Rahmenbedingungen vor. Seit der Neustrukturierungdes ärztlichen Notfalldienstes in Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2007 gibt es nur noch eineneingeschränkten Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte in Kappeln und Umgebung. DieLandesregierung sagt selbst, dass die Menschen in der Region Kappeln heute bis zu einer halbenStunde auf einen Notarzt warten müssen. Das ist weiterhin eine vollkommen unhaltbareSituation. Wir können von Glück sagen, dass dies offenbar noch keine schlimmeren Konsequenzenhatte. Die Krankenkassen lehnen immer noch die Kostenübernahme für einen zweitenNotarztstandort in Schleswig-Flensburg ab, obwohl der Kreis der einzige in Schleswig-Holstein mitnur einem Standort ist. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dassdiese unhaltbare Situation in der Region Kappeln umgehend behoben wird. Und ich erwarte, dasswir im Ausschuss dann eine fertige Lösung des Problems präsentiert bekommen.