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09.07.10 , 14:19 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 36 - Gemeinsamer Ethik- und Religionsunterricht

Presseinformation
Kiel, den 9. Juli 2010 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 36 Gemeinsamer Ethik- und Religionsunterricht Drs. 17/694
Religionsunterricht in unseren Schulen ist keine Religionskunde, sondern ermittelt grundsätzlich
nur den Glauben der Glaubensgemeinschaft, durch den er erteilt wird. Das heißt für Schleswig-
Holstein, dass wir an unseren Schulen überwiegend einen evangelischen Religionsunterricht
haben, weil über 60 % der Schülerinnen und Schüler evangelisch sind. Die Grundkonzeption des
Religionsunterrichts ist mit anderen Worten der konfessionell gebundene Bekenntnisunterricht.
Dieser hat sich, vor allem was die Unterrichtsinhalte angeht, in den letzten Jahren erheblich
weiterentwickelt: philosophische, ethische und interreligiöse Fragen nehmen heute einen
breiten Raum im Religionsunterricht ein.


Trotzdem bleibt der Bekenntnisunterricht für andere Konfessionen und konfessionslose Familien
ein Problem. Ca. jeder zehnte bis zwanzigste Schüler kommt aus einer islamischen Familie. Doch
nur die wenigsten von ihnen können am schulischen Islamunterricht teilnehmen. Dieser muss
also weiter ausgebaut werden. 2
Aber inzwischen melden sich berechtigte Zweifel, ob wir wirklich das Modell des konfessionell
gebundenen Bekenntnisunterrichtes weiter durch exerzieren und auf weitere Konfessionen
ausweiten sollten. Wir müssen uns vielmehr fragen, ob die Art, wie der schulische
Religionsunterricht organisiert ist, unseren Kindern weiterhin das richtige Werkzeug an die Hand
gibt, wenn es darum geht, sich in einer Welt zurechtzufinden, die einerseits verstärkt von
religiösem Fanatismus, Fundamentalismus und von religiös legitimiertem Terrorismus geprägt
ist und andererseits von Nihilismus und ausgesprochen anti-klerikalen Tendenzen.


Daher gehört es meines Erachtens zu einer ganz zentralen Herausforderung des
Religionsunterrichts an unseren Schulen, nicht nur für mehr Wissen um die Andersgläubigen zu
sorgen, sondern noch mehr als bereits jetzt für mehr Toleranz, für mehr Verständigung im
Unterricht zu werben. Den Religionsunterricht einfach zu streichen, kommt nicht infrage. Ich
möchte allerdings auch betonen, dass eine Streichung keineswegs gleichbedeutend mit der
Abschaffung jeglicher Wertevermittlung in den Schulen wäre. Es gehört zu meinen
Grundüberzeugungen, dass die Vermittlung humaner und sozialer Werte zum Fundament
unseres Schulsystems gehört, die in allen Fächern ihren Platz haben muss. Wenn das nicht der
Fall sein sollte, dann hätten wir ein echtes Problem, weil die Schulen ihren gesellschaftlichen
Auftrag verfehlt hätten.


Der neue Weg könnte in einem gemeinsamen Ethik- und Religionsunterricht liegen, der alle
Schülerinnen und Schülern gerecht wird, weil er eben kein konfessionsgebundener
Bekenntnisunterricht ist.


Eine Plöner Elterninitiative „Pro PER“ hat bereits einen sehr konkreten Vorschlag erarbeitet, der
ein neues Fach schaffen soll, nämlich PER, also Philosophie, Ethik und Religion. Öffentliche
Schulen sollen für alle Schüler des Landes unvoreingenommene Begegnungsstätten sein, ohne
dabei Religion aus der Schule zu verbannen. Bekenntnisunterricht bleibt bestehen, allerdings als
freiwilliges Wahlfach. Nach Ansicht der Elterninitiative erlaubt der Änderungsvorschlag eine 3
Lösung ohne jede Benachteiligung, die durch Wegfall der Bekenntniserwägungen bei Lehrern
und Schülern mehr Flexibilität und Kosteneinsparungen ermöglicht. Aus der bisherigen
Entweder-oder-Lösung wird so eine Lösung, die Philosophie und Religion verbindet.


In Brandenburg hat sich das Fach „Lebensgestaltung, Ethik-Religion“, kurz LER, bereits bewährt.
Das Fach setzt auf weltanschauliche Neutralität, ohne werteneutral zu sein. Die Schülerinnen
und Schüler lernen, sich in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft mit ihren
vielfältigen Wertvorstellungen und Sinnangeboten zunehmend eigenständig und urteilsfähig zu
orientieren. Und das scheint gut zu gelingen. Alle Schulen, bei denen zunächst LER erprobt
wurde, blieben dabei. Inzwischen bieten alle Schulen LER an.


Wir sollten daher die anstehende Novellierung des Schulgesetzes nutzen, um in dieser Frage
einen Schritt weiter zu kommen.

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