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19.07.17
16:52 Uhr
FDP

Kay Richert zu TOP 3 und 4 (Änderung der Verfassung und Änderung des Gemeinde- und Kreiswahlrechtes): SPD-Gesetzentwurf löst das von der SPD beschworene Problem nicht

Presseinformation
Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort. Wolfgang Kubicki MdL Kubicki, Vorsitzender Anita Klahn MdL Klahn, Stellvertretende Vorsitzende Christopher Vogt MdL Vogt, Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 187/2017 Kiel, Mittwoch, 19. Juli 2017
Innen/Wahlrecht



Kay Richert: SPD-Gesetzentwurf löst das von der SPD



www.fdp-fraktion-sh.de beschworene Problem nicht In seiner Rede zu TOP 3 und 4 (Änderung der Verfassung und Änderung des Gemeinde- und Kreiswahlrechtes) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert: Richert:
„Ich möchte mit zwei Zitaten aus der Begründung des Gesetzentwurfes be- ginnen, die mich wirklich nachdenklich gestimmt haben. Der Gesetzentwurf macht ja die angeblich problematische Entwicklung bezüglich Einzelman- datsträgern sowie Kleinstfraktionen zum Thema. So heißt es im vorliegen- den SPD-Gesetzentwurf:
‚Die gestiegene Zahl von Einzelmandatsträgerinnen und -trägern und Kleinstfraktionen ist zudem auch keineswegs mit einem Zuwachs an Demo- kratie gleichzusetzen. Die zunehmende Zersplitterung der Kommunalvertre- tungen beeinträchtigt nämlich nicht nur die Arbeitsabläufe, sondern gefähr- det auch eine am Gemeinwohl orientierte Politik der kommunalen Volksver- tretungen.’
Weiterhin heißt es:
‚Diese Handlungsfähigkeit ist jedoch durch die Zersplitterung beeinträchtigt oder zumindest in hohem Maße gefährdet, da die stark gestiegene Zahl von Einzelmandatsträgerinnen und -trägern und Kleinstfraktionen ihre Arbeit be- hindern, teilweise erheblich erschweren und personelle und finanzielle Res- sourcen der Verwaltung binden. In bestimmten Fällen droht hier sogar die faktische Handlungs- und Funktionsunfähigkeit der kommunalen Vertre- tung.’
Was sagt uns die SPD damit? Die SPD sagt uns damit, dass der SPD- Gemeindevertreter in Buchholz, der CDU-Gemeindevertreter in Koldenbüttel, der Gemeindevertreter der grünen Partei in Grebin, der SSW- Gemeindevertreter in Busdorf und der Gemeindevertreter der Freien Demo- Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de kraten in Barsbüttel einerseits keine am Gemeinwohl orientierte Politik be- treiben und andererseits die kommunale Verwaltung nur durch unnötige Ar- beit lahm legen und bis zur Funktionsunfähigkeit stören.
Da frage ich mich doch, was hat die SPD eigentlich für ein Demokratiever- ständnis? Offensichtlich hat sie gar keines. Liebe Freunde von der SPD: Demokratie darf anstrengend sein. Scheinbar einfache und schnelle Lösun- gen sind eben gerade nicht ihr Wesen.
Das sind übrigens nur fünf Beispiele von Einzelvertretern. Entsprechend ei- ner Kleinen Anfrage aus der letzten Wahlperiode gibt es in Schleswig- Holstein mindestens 145 Einzelmandatsträger. Ich sage mindestens, weil z.B. meine Heimatstadt Flensburg in der Anfrage komplett fehlt und sich seit Anfang 2016 – von da datiert die Anfrage – bestimmt auch noch etwas verändert hat.
Zu glauben, diese 145 Mandatsträger würden unsere Demokratie gefährden und die Funktionsfähigkeit der kommunalen Vertretungen einschränken, ist ein bisschen abenteuerlich – um nicht zu sagen: entbehrt jeglicher Grundla- ge. Bei Kommunalwahlen werden über 13.000 Mandate in 1.090 kommuna- len Vertretungen (1.075 Gemeinden + 4 kreisfreie Städte + 11 Kreise) ver- geben und jetzt sollen 145 Einzelmandatsträger dieses System gefährden? Diese Art von Unterstellung ist unerträglich und tritt die ehrenamtliche Ar- beit dieser Mandatsträger mit Füßen. Mich befremdet das.
Das Bundesverfassungsgerichtsurteil führt zur Abschaffung der Sperrklausel klar aus, dass der Einsatz einer Sperrklausel auf der Einschätzung des Ge- setzgebers beruht, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Einzug von Einzel- mandatsträgern zu Funktionsstörungen bei der Aufgabenerfüllung kommu- naler Vertretungsorgane führt.
Ich kann nicht erkennen, dass dies in der bisherigen Praxis der Fall ist und für mich ist auch nicht ersichtlich, dass dies in Zukunft der Fall sein könnte. Der Gesetzentwurf gibt auch keinerlei konkrete Beispiele für die Behaup- tungen – und mehr sind es einfach nicht –, die er aufstellt.
So behauptet der SPD-Entwurf:
‚Es ist damit zu rechnen, dass die Zersplitterung der Kommunalvertretungen nach der Kommunalwahl 2018 weiter zunehmen wird.’
Bei allem Respekt, wieso ist damit zu rechnen? Haben Sie eine Kristallku- gel? Welche Anzeichen gibt es für Ihre Thesen? Der Gesetzentwurf schweigt sich da komplett aus. Das ist doch alles Kaffeesatzleserei, auf die man keine Gesetzentwürfe stützen kann. Alles ganz schön dünne Soße.
Nach all diesem Vorlauf setzt der SPD-Gesetzentwurf sich selbst dann auch noch die Krone auf. Dazu ein weiteres Zitat aus der Begründung:
‚In den kleineren Gemeinden wirkt sich der Wegfall der früheren 5%- Sperrklausel nicht ganz so stark aus, da hier aufgrund der geringeren Größe des Gemeinderates (vgl. § 7 GKWG) eine entsprechend höhere faktische
Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Sperrklausel von teilweise deutlich über 2% besteht, neben der eine gesetz- liche Sperrklausel kaum ins Gewicht fällt.’
Richtig. Wenn die SPD mit ‚wirkt sich (…) nicht ganz so stark aus’ ‚wirkt sich gar nicht aus’ meint, dann ist der Satz korrekt. Eine 2,5-Prozent- Sperrklausel, wie sie die SPD fordert, betrifft maximal Gemeinden mit über 45.000 Einwohnern. Etwas weniger ehrlicherweise, da man durch das Zähl- verfahren höchstwahrscheinlich ein paar Zehntel weniger braucht, um ein Mandat zu erringen. Egal, darauf kommt es nicht genau an.
Denn ein Blick in das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz zeigt, dass die höchs- te Mandatszahl bei Gemeinden über 45.000 Einwohnern bei 39 liegt. Nur Kreise und kreisfreie Städte liegen mit 43, 45 und 49 Vertretern darüber. Viele Zahlen, ich weiß. Auf den Punkt: Eine 2,5 Prozent Sperrklausel hat auf die 1.075 Gemeinden faktisch keine Auswirkung. Die 145 Einzelmandats- träger wären also auch mit der Sperrklausel gewählt worden, da sie es alle geschafft haben, höhere Hürden zu überspringen.
Der SPD-Gesetzentwurf löst das von der SPD beschworene Problem, wenn man es denn überhaupt für ein Problem hält, also nicht. Das einzige, was der Gesetzentwurf macht, ist, sich durch ein fragwürdiges Demokratiever- ständnis auszuzeichnen.
In der Realität haben wir doch ein ganz anderes Problem. In vielen kleinen Gemeinden treten nur noch Einheitslisten an, da sich leider nicht genügend Bürgerinnen und Bürger finden, die die ehrenamtliche Mandatsarbeit auf- nehmen wollen. Viele kommunale Vertretungen versuchen, die Kommunal- politik attraktiver zu gestalten, um mehr Bürger zum Mitmachen zu bewe- gen.
Anstatt dieses Problem zu lösen, schmeißt die SPD Einzelbewerbern Knüp- pel zwischen die Beine und sagt ihnen, dass sie demokratische Hindernisse und nicht erwünscht sind.
Auch zur Höhe der geplanten Sperrklausel führt der Gesetzentwurf inhaltlich wenig aus. Er sagt nur, sie sei nicht verfassungswidrig. Die kurzen Ausfüh- rungen dazu können jedoch nicht überzeugen. Vielmehr scheint die Höhe willkürlich gewählt. Warum nicht 3 Prozent oder 2 Prozent? Alles denkbar. In letzter Konsequenz muss der Gesetzentwurf sich am Urteil des Bundesver- fassungsgerichts messen lassen und hinreichende Gründe für die Wieder- einführung einer Sperrklausel liefern. Nur liefert der Gesetzentwurf keinen einzigen hinreichenden Grund, der eine Sperrklausel rechtfertigen würde.
Auch die Beispiele zu Kiel und Lübeck können in keinster Weise überzeu- gen. Wenn Kiel und Lübeck keine handlungsfähigen Mehrheiten hinbekom- men, könnte das nicht auch an den handelnden Personen vor Ort und nicht am System liegen?
Und es kann ja wohl auch keiner ernsthaft erwarten, dass wir das Landes- gesetz ändern, nur weil ein paar Lübecker Streithähne sich untereinander nicht einigen können. Wir machen hier keine Lex Lübeck und schaffen nicht per Landesgesetz der SPD die Konkurrenz vom Hals.
Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Zuletzt will ich erwähnen, dass es auch für die Wahlen des Europaparla- ments keine Sperrklausel mehr gibt. Dort ist es nicht begründbar und bei unseren kommunalen Vertretungen, die ehrenamtlich in ihrer Freizeit einen Riesenberg von öffentlichen Aufgaben bewältigen, ist es auch nicht be- gründbar. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.
Ich komme zu der technischen Sonderregelung für Boostedt und Seeth. Beide Gemeinden haben das Problem, dass die Gemeinderatsgröße nach den aktuellen Regularien nicht den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort entspricht.
Dieses Problem gehen wir an, pragmatisch, unaufgeregt und lösungsorien- tiert. Das ist gutes politisches Handeln. Und in der Sache besteht ja auch Einigkeit. Es geht ja nur noch um die Ausgestaltung der gesetzestechni- schen Umsetzung. Dazu werden wir uns noch die Empfehlungen des Wis- senschaftlichen Dienstes anhören.
Die werden wir dann in unsere Entscheidungen mit einfließen lassen und hier ein Gesetz beschließen, das wirkliche Probleme wirklich beseitigt.“



Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de