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20.07.17
12:39 Uhr
SPD

Heiner Dunckel zu TOP 7: Mehr Bildungschancen durch elternunabhängiges BAföG

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 20. Juli 2017



TOP 7 Elternunabhängiges BAföG einführen (Drs-Nr. 19/13, 19/97)



Heiner Dunckel
Mehr Bildungschancen durch elternunabhängiges BAföG

Ich bin zunächst dankbar, dass der SSW ein Thema auf die Tagesordnung gebracht hat, dass uns aus verschiedenen Gründen beschäftigen muss. Ich darf daran erinnern, dass nach der 21. Sozialerhebung des Studentenwerkes fast 50 Prozent der Studierenden aus sozial niedrigen Herkunftsgruppen ihr Studium als finanziell nicht gesichert ansehen. Dies gilt auch und insbesondere für Studierende, die ihr Studium wesentlich über das BAföG finanzieren. Auch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der deutlich überwiegende Teil der Studierenden das Studium durch die Unterstützung der Eltern und durch eigenen Verdienst finanziert.
2015 wurden bundesweit rund 611.000 Studierende der insgesamt 2,8 Mio. Studierende und 260.000 Schülerinnen und Schüler nach dem BAföG gefördert. Die Tendenz war deutlich rückläufig. Der durchschnittliche Förderungsbetrag lag bei 421 Euro pro Monat für Schüler und 448 Euro für Studierende, was deutlich unter dem Bafög-Höchstsatz und dem Finanzierungsbedarf eines Studiums liegt. In Schleswig-Holstein sind die Verhältnisse vergleichbar, auch wenn prozentual etwas mehr Studierende bei uns Bafög bekommen.
Die vor einem Jahr von der Bundesregierung verabschiedeten Reformen haben sowohl die Elternfreibeträge als auch die Bedarfssätze angehoben. Es liegen allerdings noch keine Zahlen 2



dafür vor, welche Auswirkungen diese Reformen auf die Zahl der Geförderten und auf die Höhe der Förderungsbeträge haben. Seit es das BAföG gibt, gibt es auch die Debatte darüber, ob zumindest die Studierenden als eigenständige junge Erwachsene behandelt und nicht mehr als angehörig und abhängig vom elterlichen Haushalt betrachtet werden sollten. Diese sollten deshalb unabhängig vom Einkommen und vom Vermögen ihrer Eltern bedarfsabhängig gefördert werden. Wir haben für diese Position und damit auch für die Forderung nach einem elternunabhängigen Bafög eine deutliche Sympathie.
Bei einem genaueren Blick stellt sich jedoch noch eine Reihe von Punkten, die es noch zu klären gilt. Ich will nur fünf Punkte kurz andeuten.
Wie auch in unserem Bundesprogramm formuliert, muss das Bafög bedarfsdeckend sein und regelmäßig an die Lebenshaltungskosten angepasst werden. Der derzeitige Bafög-Höchstsatz von 735 Euro dürfte dafür nicht ausreichen (in DK z.B. bis zu 809 Euro). Die Frage ist also, was als bedarfsdeckend anzusehen ist.
Die Unterhaltspflicht der Eltern gilt bei uns auch weiterhin für volljährige Studierende. Von einem elternunabhängigen Bafög profitieren damit auch Studierende einkommensstarker und vermögender Herkunftsfamilien oder gar von Einkommensmillionären. Auch wenn wir es hier nicht lösen können, muss doch erwähnt werden, dass diese Ungerechtigkeit in entsprechenden Steuerkonzepten gelöst werden kann und muss – wie Sie das u.a. in unserem Regierungsprogramm für den Bund nachlesen können.
Der SSW verweist in seiner Begründung auf die derzeit guten Steuereinnahmen der Bundesrepublik. Ich sehe allerdings in dieser Argumentation ein Risiko. Was ist denn, wenn sich die Steuersituation des Bundes wieder verschlechtert? Wenn wir uns dafür entscheiden, die Studierenden und gegebenenfalls auch die Schülerinnen und Schüler unabhängig von der finanziellen Leistungskraft ihrer Familien zu unterstützen, muss das nachhaltig sein. Es kann dann keinen Finanzierungsvorbehalt geben.
In den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat die schwarz-gelbe Bundesregierung das Bafög auf Volldarlehen umgestellt, was der akademischen Bildungsbeteiligung nicht gut getan hat. Der SSW schlägt vielleicht auch deshalb im zweiten Teil des Antrags – orientiert an dem dänischen Vorbild staatlicher Ausbildungsförderung, dem SU (Statens Uddannelsesstoette) – vor, dass die Leistungen nicht mehr zurückgezahlt werden müssen. Das klingt gut, aber auch hierüber müssen wir sprechen, denn es sind auch andere Modelle denkbar. 3



Wenn wir formelle und informelle Teilzeit-Studierende zusammenrechnen, dann ist der Anteil der immatrikulierten Studierenden im Teilzeit-Studium etwa acht Prozent. Auch hier ist in der Tat die Notwendigkeit, das Bafög auf Teilzeitstudiengänge anzupassen.
Die vor einigen Jahren zwischen dem Bund und den Ländern getroffene Vereinbarung sieht vor, dass die ursprüngliche Kostenteilung zugunsten der Länder aufgehoben wurde und dass der Bund jetzt alles bezahlt. Die Länder haben hier also keine direkte Entscheidungskompetenz. Aber auch wir halten es für richtig, sowohl über den Bundestag wie auch über den Bundesrat auf eine verbesserte Studienförderung hinzuwirken. Ich schlage deshalb vor, dass wir den Antrag des SSW in den Bildungsausschuss überweisen und uns dort um ein möglichst fraktionsübergreifendes Konzept bemühen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.