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28.08.19
16:11 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 9: Ein reaktionären Angriff auf Frauenrechte und Gleichstellung versteckt hinter dem Vorwand des Bürokratieabbaus

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

Kiel, 28. August 2019



TOP 9: Gesetz zur Abschaffung der Gleichstellungsbeauftragten in den Gemeinden, Kreisen, Ämtern und Hochschulen (Drs. 19/1613)


Beate Raudies:


Ein reaktionärer Angriff auf Frauenrechte und Gleichstellung versteckt hinter dem Vorwand des Bürokratieabbaus „Liebe Frauen! Es geht wieder los! Rückwärtsgewandte Männer wollen uns sagen, was gut für uns ist. Schön, das ist nichts Neues, das kennen wir schon. Also kein Grund zur Aufregung? Doch! Denn die Männer, um die es heute geht, sind die Mitglieder der AfD-Fraktion im SHLT. Diese vier Männer haben beschlossen, dass in Sachen Gleichstellung in Deutschland und vor allem in SH alles pikobello ist. Der Meinung dieser Männer nach bedarf es nach rund dreißig Jahren aktiver Gleichstellung mit entsprechender Gesetzgebung keiner gesonderten gesetzlichen Regelungen mehr - so schreiben sie in der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf. Darum fordern diese vier Männer die Abschaffung der Gleichstellungsbeauftragten in unseren Kommunen und Hochschulen. Die AfD hält Gleichstellungsbeauftragte für nicht mehr zeitgemäß und durch die Gesetzgebung überholt. Sie verstecken diesen reaktionären Angriff auf Frauenrechte und Gleichstellung hinter dem Vorwand des Bürokratieabbaus und der Verteidigung der kommunalen Selbstverwaltung.
Allein der Gesetzentwurf der AfD zeigt, dass die Gleichstellungsbeauftragten nicht überholt sind, sondern dringend gebraucht werden! Und vielleicht sollten wir Ihren Antrag zum Anlass nehmen, auch in den Fraktionen dieses Hauses GB einzuführen. Allerdings sind den Kollegen da doch einige Dinge entgangen – oder sie wollten sie nicht wahrhaben, weil sie nicht in ihr Weltbild 2



passen. Seit 1994 lautet Artikel 3 Abs. 2 GG wie folgt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Zwar haben Frauen auf dem Papier gleiche Rechte, auch das Recht, individuell gegen ihre Benachteiligung vorzugehen. Faktisch gibt es aber weiterhin strukturelle Benachteiligungen, wie z. B. ungleiche Bezahlung, ungleiche Verteilung der Familienarbeit, prekäre Arbeitsverhältnisse, hohes Ausmaß an männlicher Gewalt, Altersarmut etc. Hier beginnt die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten!
Artikel 9 unserer Landesverfassung schreibt vor, dass die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern Aufgabe des Landes und der Kommunen ist. Und das BVerfG hat bereits im Jahr 1994 entschieden dass „die den schleswig- holsteinischen Gemeinden durch die Gemeindeordnung auferlegte Verpflichtung, eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar ist. Lesen bildet, meine Herren!
Die AfD wendet sich mit ihrem Antrag gegen das Grundgesetz und gegen die Landesverfassung und greift die Grundwerte unserer Demokratie an. Ihnen geht es nicht um Bürokratieabbau oder die kommunale Selbstverwaltung, sie wollen die Gleichstellung abschaffen! Wir hatten in diesem Jahr reichlich Anlass, über Frauenrechte zu sprechen: Wir feiern 100 Jahre Frauenwahlrecht, 70 Jahre Grundgesetz und 30 Jahre Deutsche Einheit. Und mich macht es stolz, dass es vor allem Sozialdemokratinnen waren, die in der ersten Reihe für Gleichstellung gekämpft und die Gesetzgebung vorangetrieben haben: Marie Juchacz, Reichstagsabgeordnete und Gründerin der Arbeiterwohlfahrt. Elisabeth Selbert, Mitglied im Parlamentarischen Rat, die dafür sorgte, dass der Gleichberechtigungsgrundsatz in unser Grundgesetz kam. Und stellvertretend für die vielen Abgeordneten des schleswig-holsteinischen Landtags möchte ich hier Lianne-Paulina Mürl, Gisela Böhrk und Gitta Trauernicht nennen.
Unter der Regierung Engholm verabschiedete dieser Landtag die heute kritisierte Regelung in der Gemeindeordnung und das Landesgleichstellungsgesetz, und darauf können wir stolz sein! Diese Gesetze will die AfD nun fleddern. Aber nicht mit uns!“