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23.01.20
12:59 Uhr
B 90/Grüne

Aminata Touré zu den Geschehnissen im Rahmen von Kinderkuren in Schleswig-Holstein

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 15 – Geschehnisse im Rahmen von Kinderkuren in Schleswig-Holstein aufarbeiten Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Aminata Touré: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 017.20 / 23.01.2020


Betroffene der Kinderkuren verdienen Aufklärung
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen, liebe Gäste auf der Tribüne,
Herr Minister, erst einmal vielen Dank für den Bericht vorweg.
Eine Kur sollte eigentlich etwas Gutes sein. Am besten kommt man gesund zurück. Wenn Kinder auf Kur geschickt werden, sind pro und contra gut abzuwägen. Eine Tren- nung von den Eltern und Geschwistern kann schwierig sein. Die Herausnahme aus Kita, Schule und Freundeskreis birgt Unsicherheiten. Heute werden deshalb aus gutem Grund in der Regel Eltern-Kind-Kuren gemacht.
In den 50er bis 80er Jahren sah das noch ganz anders aus. Hatte ein Kind Probleme, war das Kind das Problem. Den ganzheitlichen Blick auf die Familie, auf somatische und psychologische Faktoren gab es kaum. Die einfache Lösung: Wir schicken das Kind für ein paar Wochen möglichst weit weg. Im Kurheim wird das Kind geheilt. Es fährt nach Hause und alles wird gut. Gerne wurden Kinderkuren bei vermeintlich zu dünnen Kindern eingesetzt, die nicht essen wollten. Leider kamen sie oft noch dünner zurück als zuvor.
Warum das so war, hat uns unter anderem die Berichterstattung des NDR vor Augen geführt. Es kamen Betroffene zu Wort. Sie hatten sich im November letzten Jahres auf Sylt zu einem Kongress der „Verschickungskinder“ getroffen.
Ein Zeitzeuge berichtete, wie schlecht das Essen gewesen sei. Dennoch musste aufge- gessen werden. Sonst durfte niemand aufstehen. Wer sich vor Ekel oder Widerwillen erbrechen musste, musste Essen und Erbrochenes ein zweites Mal in sich hinein zwin- gen. Das ist menschenverachtend. Seite 1 von 2 Eltern durften ihre Kinder nicht besuchen, denn dann bekämen sie Heimweh. Briefe wurden kontrolliert. Deshalb malte eine Zeitzeugin Häuser an den Rand: Dunkle für schlechte, bunte für gute Tage. Die Briefe waren ganz und gar schwarz gerändert.
Dass die Betroffenen traumatisiert sind, ist deshalb nicht verwunderlich. Dass sie sich eine Aufarbeitung wünschen, ist richtig und nachvollziehbar. Es ist Unrecht geschehen. Es wurde Gewalt angewendet.
Dass die Betroffenen eine Entschädigung einfordern, liegt auf der Hand. Viele leiden noch heute an den Folgen der Kinderkur. Erlittene Traumata und langfristige Schädi- gungen müssen anerkannt und ausgeglichen werden.
Für andere Zielgruppen konnte dies bereits erreicht werden: mit dem sogenannten Heimkinderfonds, dem ergänzenden (Opfer)Hilfesystem und im Rahmen der Stiftung Anerkennung und Hilfe. Was für die einen notwendig und richtig ist, darf den Opfern der Kinderkuren nicht verwehrt werden.
Zum Schluss: Vielen Dank an die SPD-Fraktion für die Initiative, diese Debatte auf die Tagesordnung zu bringen. Ich bin froh, dass wir dieses Thema gemeinsam - Koalition, SPD und SSW - weiter bearbeiten werden.
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