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23.01.20
16:54 Uhr
SSW

Jette Waldinger-Thiering: Wir müssen den Teufelskreis der Gewalt in Familien durchbrechen

Presseinformation Kiel, den 23.01.2020
Es gilt das gesprochene Wort

Jette Waldinger-Thiering TOP 23 Maßnahmen der Landesregierung um Gewalt gegenüber Frauen entschlossen entgegen zu treten Drs. 19/1925
„Wir müssen immer wieder vermitteln, dass Gewalt kein akzeptables Kommunikationsmittel ist. Niemand muss in einer Beziehung Gewalt akzeptieren. Und es ist die Aufgabe und Verantwortung von Land, Kommunen und Kreisen, Strukturen zu schaffen und aufrecht zu halten, die den Weg aus gewaltvollen Beziehungen ermöglichen..“
Auf den Tag genau vor einem Jahr haben wir uns hier darüber unterhalten, wie wir alle Gewalt gegen Frauen am besten entgegentreten können und welche Erwartungen wir gemeinsam an unsere Landesregierung stellen.
Was mich in dieser Frage hoffnungsvoll stimmt, sind zwei Sachen. Zum einen die breite und laute gesellschaftliche Debatte. Gewalt gegen Frauen, Gewalt, die von Männern ausgeht, patriarchale Gewalt oder wie auch immer man es benennen möchte, ist ein Thema, das in vielen Zusammenhängen angesprochen und mutig diskutiert wird. Zum anderen ist es, dass es auch in diesem Parlament ein großes Einverständnis zu geben scheint, dass wir unsere Bemühungen nicht mindern dürfen und auch über Parteigrenzen hinweg seit an seit stehen. Daher möchte ich auch Ministerin Sütterlin-Waack und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den guten Austausch in den letzten Jahren danken.
Mein Hauptaugenmerkt lag in den letzten Monaten auf der Situation der Frauenhäuser. Denn, wie wir alle wissen und ja auch schon des Öfteren hier besprochen haben: Der Zustand unseres Hilfesystems im Land ist unzureichend. Die Bedarfsanalyse der Hilfesysteme läuft, das wissen wir. Und trotzdem fällt es mir, wenn ich das einmal so sagen darf, enorm schwer, geduldig zu bleiben. Die Versorgungssituation gerade im Norden des Landes ist einfach wirklich schlecht.
Nach Istanbul-Konvention müssten in SH 720 Betten in den Frauenhäusern zur Verfügung stehen. Es fehlen also fast 400. 2
Und das äußert sich dann so, dass im Jahr 2017 die Frauenhäuser in Schleswig-Holstein etwa 1.500 mal Frauen und ihre Kinder abweisen mussten, wenn sie sich hilfesuchend an sie wandten. Wir verweisen immer wieder auf die Istanbul-Konvention, weil wir uns mit ihr auf ein völkerrechtlich bindendes Übereinkommen stützen können, das vielfältige Maßnahmen in der Prävention und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt vorsieht. Dabei schützt die Istanbul-Konvention nicht nur Frauen, sondern auch Kinder.
Unsere SSW-Kreistagsfraktion in Nordfriesland setzt sich vehement für ein Frauenhaus in der Gegend ein. Gemessen an der Istanbul-Konvention mit Kapazitäten für mindestens 17 Familien. Und dabei ist natürlich klar, dass es mit den Räumlichkeiten allein nicht getan ist, sondern dass es auch eine entsprechende sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung im Haus braucht. Frauenhäuser auch entfernt von unseren großen Städten aufzubauen ist deswegen so wichtig, weil manchmal Frauenhaus, Arbeitsplatz der betroffenen Frau und Schule der betroffenen Kinder in unterschiedlichen Orten liegen. Und das macht die Unterstützungsangebote für betroffene Frauen schwer zugänglich.
Eines der Hauptprobleme ist für mich weiterhin, dass Frauen mit Beeinträchtigungen es besonders schwer haben, Hilfsangebote bei Gewalterfahrungen in Anspruch zu nehmen. Frauen mit Behinderungen sind überproportional oft von Gewalt betroffen. Aber bisher sind nur 10% der Frauenhäuser behindertengerecht.
Für mich bleibt Präventionsarbeit und Sensibilisierung besonders wichtig und deswegen freue ich mich sehr, wenn ich mitbekomme, dass SCHIFF wirklich gut läuft und der Landesverband Frauenberatung mit seiner Informationsarbeit so erfolgreich im Land an- und herumkommt. Ich möchte mich auch beim Landespräventionsrat für seine Arbeit im Gewaltschutz bedanken.
Wir müssen immer wieder vermitteln, dass Gewalt kein akzeptables Kommunikationsmittel ist. Niemand muss in einer Beziehung Gewalt akzeptieren. Und es ist die Aufgabe und Verantwortung von Land, Kommunen und Kreisen, Strukturen zu schaffen und aufrecht zu halten, die den Weg aus gewaltvollen Beziehungen ermöglichen. Wir müssen helfen, den Teufelskreis, der sich ergibt, wenn in Familien Gewalt ausgeübt wird, zu durchbrechen. Damit auch Kinder wissen: wir lösen Konflikte in Familien anders. Niemals mit Gewalt!
Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/