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09.12.20
16:35 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 21: Finanztransaktionssteuer: Es wird höchste Zeit, die europäischen Blockaden zu überwinden

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 09. Dezember 2020
Beate Raudies: Finanztransaktionssteuer: Es wird höchste Zeit, die europäischen Blockaden zu überwinden TOP 21: Finanztransaktionssteuer einführen (Drs. 19/2609) „Seit der weltweiten Finanzkrise 2007 diskutiert man in der EU und insbesondere in Deutschland über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die Finanztransaktionssteuer soll zu einer fairen Besteuerung des Finanzsektors führen, welcher weder der Umsatzsteuer noch einer besonderen Rechtsverkehrsteuer unterliegt. Besteuert werden sollen alle börslichen und außerbörslichen Transaktionen von Wertpapieren, Anleihen und Derivaten sowie alle Devisentransaktionen. Durch diese Steuer sollen Finanzinstitute an den Kosten der Bankenkrise beteiligt und außerdem das Volumen der kurzweiligen Transaktionen reduziert werden. Hört sich erstmal gut an…Wer sollte etwas dagegen einzuwenden haben? Und doch sind Sinn und Zweck sowie Ausgestaltung dieser Steuer nach wie vor ebenso umstritten wie ihre Einführung. Für eine europaweite Finanztransaktionssteuer auf sämtliche Finanzmarktgeschäfte und -produkte gibt es auf europäischer Ebene derzeit keine Mehrheit. Mindestens zehn Befürworter-Staaten wollen eine solche Abgabe allerdings im Rahmen einer „verstärkten Zusammenarbeit“ als Vorreiter einführen.
Frankreich hat als erster Staat in Europa bereits zum 1. August 2012 eine Finanztransaktionssteuer eingeführt. Beim Kauf zahlreicher französischer Aktien ist seitdem eine Abgabe in Höhe von 0,2 Prozent fällig. Dem Beispiel Frankreichs folgend, hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz Anfang Februar 2019 gemeinsam mit dem französischen Minister Bruno Le Maire den anderen europäischen Finanzministern einen Kompromissvorschlag zu einer Aktiensteuer gemacht. Ihr Plan sah vor, ab 2021 in zehn EU-Ländern nach französischem Vorbild eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, die im Kern auf die Besteuerung des Aktienerwerbs abzielt. Eine harmonisierte Besteuerung von Aktienerwerben wäre der Einstieg in eine umfassendere Besteuerung von Finanztransaktionen und ein erster wichtiger Schritt hin zur angemessenen und gerechten Einbindung des Finanzsektors in die Finanzierung des Staatshaushaltes. Wer diesen ersten Schritt nicht unternimmt, kann dem Ziel einer Steuer mit breiter Bemessungsgrundlage nicht näherkommen. Aber auch dieser deutsch-französische Vorschlag war bislang nicht konsensfähig
Im Zuge der Verhandlungen zum Mittelfristigen Finanzrahmen der EU hat es nun Vereinbarungen zum Thema Eigenmittel gegeben, und in diesem Zusammenhang wird auch wieder über die Finanztransaktionssteuer diskutiert. Die mittlerweile vorliegende „Eigenmittel-Roadmap“ sieht vor, dass sich die EU-Kommission bemühen wird, auf der Grundlage von Folgenabschätzungen für die Einführung neuer Eigenmittel bis Juni 2024 einen Vorschlag vorzulegen, der auch eine Finanztransaktionssteuer umfassen könnte. Verhandelt wird über die Einführung als neues Eigenmittel zum 1. Januar 2026. Wir begrüßen natürlich diese Entwicklung auf gesamteuropäischer Ebene und ich bin sicher, dass die Bundesregierung und insbesondere Bundesfinanzminister Olaf Scholz sich konstruktiv in die Verhandlungen einbringen wird, um einen Abschluss der Verhandlungen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene noch vor Juni 2024 erzielen zu können. Denn



1 nach dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition ist die Einführung einer nationalen Finanztransaktionsteuer im europäischen Kontext vorgesehen.
Ich will aber auch nicht verhehlen: Das dauert mir alles zu lange! Kein Wunder, dass Rufe nach weiteren nationalen Lösungen laut werden – so wie in diesem Antrag des SSW. Aber hilft uns das weiter? Ist es zielführend, wenn jedes Land eigene Besteuerungsgrundlagen festgelegt, und möglicherweise eigene Befreiungstatbestände? In diesem Zusammenhang, liebe KollegInnen vom SSW, sei mir der Hinweis erlaubt, dass es bei einer Verkehrssteuer schwierig ist, mit persönlichen Freibeträgen zu arbeiten. Nein, da scheint mir der Vorschlag, über eine Erhöhung des Sparerfreibetrags nachzudenken, doch zielführender. Denn Kleinanleger erwerben Aktien für die Vermögensbildung, halten sie deshalb entsprechend lange und erzielen auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die europaweite Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage bleibt eine unsere Kernforderung. Es wird daher höchste Zeit, dass bestehende Blockaden auf europäischer Ebene überwunden werden und wir diese endlich durchsetzen.“



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