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10.12.20
11:15 Uhr
SSW

Christian Dirschauer: Wir brauchen die absolut bestmögliche Version der Corona-App

Presseinformation
Kiel, den 10.12.2020


Es gilt das gesprochene Wort



Christian Dirschauer
TOP 30 Die Corona-App jetzt weiterentwickeln
Drs. 19/2628


„Die einzige bundesweite Waffe gegen das Virus muss endlich störungsfrei
funktionieren und zügig ausgebaut werden.“

In einer Reihe dicht beieinander stehender Dominosteine kann man das Umfallen nur stoppen,
wenn man einen oder zwei Steine aus der Reihe entfernt. Bei einer Epidemie ist das genauso: nur
werden keine Steine, sondern Infizierte und potenziell Infizierte aus dem Spiel genommen, indem
sie in Quarantäne gehen. Das begreift eigentlich jedes Kind. Tatsache ist aber, dass viele Menschen
nicht mehr wissen, wen sie alles vor sieben Tagen gesehen haben; wer also in Quarantäne gehört.
Die Kontaktnachverfolgung durch das Gesundheitsamt nach einer Corona-Infektion kann nur so
gut sein, wie die Daten, die das Amt bekommt.


Genau dabei sollte die Corona-App helfen. Sie tut es aber nicht. Sie ist in diesem Punkt
unzureichend. Das mag an der schnellen Entwicklung liegen oder an den hohen Vorgaben des
Datenschutzes. Das interessiert mich aber überhaupt nicht. Die Kurve können wir nur drücken, 2

wenn sich weniger Menschen anstecken als das jetzt der Fall ist. Und dazu benötigen wir auch eine
bessere Corona-App.


Im Frühjahr luden Millionen die App herunter. Schon damals zeigten sich Schwächen. Immer
wieder musste sie auf einigen Geräten manuell geladen werden, hängte sich auf oder zeigte
merkwürdige Fehlermeldungen. Die Kinderkrankheiten scheinen überstanden, aber immer noch
meldeten im November viele User unerklärliche Abstürze der App. Darum gab es zuletzt am 26.
November ein Update. Immer noch gibt es nicht die Möglichkeit, mehr als einen QR-Code pro App
zu generieren. Wer schon einmal nach einem Test einen Code bekommen hat, bekommt beim
zweiten Mal eine Fehlermeldung. Zwei- oder mehrmals Testen sieht die App nämlich nicht vor. Das
muss schleunigst geändert werden.


Auch die Gründe dafür interessieren mich nicht. Die einzige bundesweite Waffe gegen das Virus,
und das ist nun einmal die App, muss endlich störungsfrei funktionieren und zügig ausgebaut
werden. Immer noch entziffern die Zuständigen im Gesundheitsamt handschriftliche Listen, die
unter anderem Kirchengemeinden nach den Gottesdiensten führen oder Altenheime. Schon
deswegen sind elektronische Kontakttagebücher so wichtig. Der Virologe Christian Drosten hatte
schon im Oktober auf dieses effektive Hilfsmittel hingewiesen. Passiert ist aber seitens derjenigen,
die für die Corona-Warn-App zuständig sind: nichts. Deswegen gibt es inzwischen eine Handvoll
neuer Apps aus Privathand, die in den jeweiligen Stores diese Lücke füllen wollen. Das kann doch
nicht wahr sein, dass die deutsche Corona-Warn-App das nicht hinbekommt.


Der SSW unterstützt in diesem Punkt die Initiative der regierungstragenden Fraktionen voll und
ganz. Die Corona-Warn-App muss unverzüglich um ein Kontakttagebuch erweitert werden. Wir
schlagen darüber hinaus vor, dass die Corona-App das Infektionsgeschehen in den Schlachthöfen
berücksichtigen sollte. Neben den Sprachen Arabisch, Französisch und Russisch, muss die App
darum auch in Rumänisch und Bulgarisch verfügbar sein. Viele Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen 3

in den Schlachthöfen kommen aus Bulgarien und Rumänien. In dieser Berufsgruppe hatten wir
bereits große Infektionszahlen. Darum ist der Einsatz der App hier besonders wichtig.


Zum Abschluss möchte ich aber auch ein wenig Wasser in den Wein gießen. Zur Wahrheit über die
App gehört nämlich auch, dass einige Gesundheitsämter bzw. einige dort Tätigen keine QR-Codes
für die App freigeben. Fällt also ein Coronatest positiv aus und der Infizierte hat die App, passiert in
diesen Fällen: gar nichts. Die Technik ist eben immer nur so gut, wie der Mensch, der sie bedient.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/