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10.12.20
14:53 Uhr
FDP

Dennys Bornhöft zu TOP 3+4 „Maßregelvollzugsgesetz“

Presseinformation Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Christopher Vogt, MdL Vorsitzender Anita Klahn, MdL Stellvertretende Vorsitzende Oliver Kumbartzky, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 400/2020 Kiel, Donnerstag, 10. Dezember 2020
Soziales/ Maßregelvollzug



www.fdp-fraktion-sh.de Dennys Bornhöft zu TOP 3+4 „Maßregelvollzugsgesetz“ In seiner Rede zu TOP 3+4 (Maßregelvollzugsgesetz und Gesetz zur Hilfe und Unterbringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Stö- rungen) erklärt der sozialpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dennys Bornhöft:
„Sowohl beim Maßregelvollzug als auch beim Gesetz zur Hilfe und Unter- bringung von Menschen mit Hilfebedarf infolge psychischer Störungen, kurz PsychHG, befindet man sich im Spannungsfeld zwischen psychiatrischen Maßnahmen und rechtlichen Sicherungsmaßnahmen, zwischen ärztlich- therapeutischen Belangen und juristischen Normierungen. Im Sommer 2018 gab es eine wegweisende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über Vorgaben der Fixierung von Personen in jenen Einrichtungen. Karlsruhe forderte somit zwingend zu Anpassungen von landesrechtlichen Vorschrif- ten auf. Wir haben diese Aufforderung genutzt, das seit 2008 fast unverän- dert geltende Recht, nach dem Fixierungen auch gegen den Willen der Men- schen möglich sind, zu novellieren. Somit wird mit den vorliegenden Ge- setzentwürfen also nicht nur das Verfassungsgerichtsurteil umgesetzt, son- dern auch die fortgeschrittene Entwicklung in der Therapiepraxis eingear- beitet.
Die beiden Fälle aus Baden-Württemberg und Bayern, die zum Entscheid des Bundesverfassungsgerichts geführt haben, handelten von jeweils mehr- stündigen Fixierungen an allen Extremitäten sowie am Bauch als auch am Kopf. Diese waren jeweils zwar ärztlich angeordnet, jedoch nicht erneut richterlich beschieden worden. Vor dem Karlsruher Urteil wurde es so gese- hen, dass die richterliche Anordnung zur Unterbringung in einer forensi- schen Klinik auch das etwaige Fixieren gleichfalls mit erlauben würde. Die schlüssige Logik des Verfassungsgerichts hierbei ist, dass die Unterbrin- gungsanordnung in eine geschlossene Einrichtung einerseits zwar ein Frei- heitsentzug ist, es allerdings eine andere Form des Freiheitsentzuges ist, wenn für mehr als 30 Minuten oder auch wiederkehrend der ganze fixiert wird und somit eine Bewegungsfreiheit besteht, die gegen null tendiert. Die- Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de se besondere Sicherungsmaßnahme muss erneut durch Richterbeschluss angeordnet sein; eine ärztliche Anordnung zur Fixierung reiche hierfür nicht aus.
Die Fixierung, vor allem die Mehrpunkt-Fixierung, wird in dieser Novelle nun natürlich auch in Schleswig-Holstein unter Richtervorbehalt gestellt. Der An- forderung der Eins-zu-eins-Betreuung tragen wir bei dieser Anpassung ebenso Rechnung. Da bei Fixierungen sowohl der Freiheitsentzug auf der einen Seite, aber auch der Schutz vor Eigen- als auch Fremdgefährdung auf der anderen Seite eine Rolle spielen, war die Umsetzung natürlich in eine längere und kontroversere Debatte im Ausschuss als auch in so manchem Fraktionsarbeitskreis eingebettet. Ein paar Aspekte und damit weitere Än- derungen möchte ich gerne aufgreifen: Besuchsdelegationen, wie z.B. die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, erhalten ein gesetzlich normiertes Akteneinsichtsrecht, um deren Arbeit und Einsatz für Menschen in jenen Einrichtungen zu stärken – natürlich unter Wahrung der Persönlichkeits- rechte der Bewohnerinnen und Bewohner.
Der Schutz des Fachpersonals, das ein enormes Engagement einbringt, ist ein wichtiger Punkt, da leider auch im Maßregelvollzug natürlich ungewollte Situationen entstehen können. So wurde Klarheit geschaffen bezüglich der Durchsuchung von Besuchern und von Bewohnerinnen und Bewohnern, um das Einschleusen von Gefahrgut oder gefährlichen Gegenständen auszu- schließen. Dies dient natürlich wiederum auch dem Schutz der anderen Be- wohnerinnen und Bewohnern. Hierfür darf nun auch rechtssicher die Klei- dung durchsucht sowie technisches Gerät wie z.B. Metalldetektoren einge- setzt werden. Generell wurden die Besuchsrechte, vor allem wenn Kinder involviert sind, gestärkt und der Mindestanspruch für Besuchsmöglichkeiten erhöht. Die familiäre Bindung und der Kontakt zu Bekannten sind natürlich wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Therapie der stationär aufgenomme- nen Menschen. Der Therapieplan, welcher in Absprache mit dem Betroffe- nen erstellt wird, wurde im Hinblick der angebotenen Freizeitmöglichkeiten explizit um sportliche Aktivitäten ergänzt. Die Religionsausübung haben wir im Ausschussverfahren im Vergleich zum Landesregierungsentwurf ausge- weitet. So darf ein religiöser Seelsorger in Anspruch genommen werden und auch religiöse Schriften oder Besitztümer dürfen mit in die Einrichtung ge- führt werden.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir einen modernen und selbstre- flektierenden Maßregelvollzug gesetzlich fortschreiben und begleiten. Ich bitte um Zustimmung zu den beiden geänderten Entwürfen.“



Eva Grimminger, Pressesprecherin, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de