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07.01.21
11:06 Uhr
SPD

Ralf Stegner zu TOP 1,2,4: Gemeinsam gewinnen wir den Wettlauf gegen das Virus!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 07. Januar 2021
Ralf Stegner: Gemeinsam gewinnen wir den Wettlauf gegen das Virus! TOP 1,2,4: Mit Vernunft und Weitblick handeln: Solidarisch und optimistisch in das Jahr 2021 (Drs. 19/2670; 19/2672; 19/2674) „Wir alle haben für 2021 die große Hoffnung, langsam zu einer gewissen „Normalität“ unseres persönlichen und gesellschaftlichen Lebens zurückzukehren – wie auch immer diese neue Normalität nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie aussehen wird. Aber die ersten Tage des neuen Jahres führen uns in aller Deutlichkeit vor Augen, dass es eine solche Verbesserung der Lage nicht von jetzt auf gleich geben wird. Obwohl sich wirklich die meisten Menschen über die Feiertage vernünftig verhalten haben, gibt es noch kein klares Bild, wie sich die Infektionszahlen durch Weihnachten und die Tage zwischen den Jahren entwickelt haben. Aber wir wissen, dass sich die Situation in vielen Krankenhäusern gefährlich zuspitzt, obwohl Ärzte und Pflegekräfte auf den Intensivstationen bis zum Umfallen schuften, wofür wir ihnen sehr dankbar sind! Vor allem aber ist die Zahl der täglich an diesem Virus sterbenden Menschen dramatisch. Diese Situation ist ohne Beispiel in der Geschichte der Bundesrepublik. Hinter jeder Zahl in der Statistik stehen ein Schicksal und eine trauernde Familie. Schon allein deswegen dürfen wir uns an diese Zahlen nicht gewöhnen, sondern müssen alles tun, um Menschenleben zu retten. Deshalb wiederhole ich es in aller Deutlichkeit: Der Gesundheitsschutz hat für uns weiterhin oberste Priorität! Dazu gibt es keine verantwortbare Alternative. Ich sage das auch, weil damit verbunden ist, auf eigene Freiheiten zu verzichten, Rücksicht zu nehmen und an die zu denken, denen es nicht so gut geht wie uns in diesem Hause. Und ich meine das nicht nur physisch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern auch, weil wir geliebte Menschen um und mit uns wissen. Extrem beunruhigend sind die Nachrichten über die Mutation des Virus in Großbritannien und die damit offenbar verbundene deutlich höhere Ansteckungsgefahr. Wir werden in den kommenden Wochen einen Wettlauf gewinnen müssen. Nur wenn wir Ansteckungsketten unterbrechen, die Infektionszahlen senken und die Impfungen beschleunigen, können wir der Ausbreitung der Mutation und der Überlastung unseres Gesundheitswesens zuvorkommen –


1 das ist unsere gemeinsame Aufgabe als Gesellschaft! Das verlangt eine große Kraftanstrengung mit viel Disziplin, Rücksichtnahme und Einsicht von uns allen!
Uns allen ist mittlerweile klar, dass eine wirksame Unterbrechung der Infektionen nur dann möglich ist, wenn innerhalb von sieben Tagen deutlich weniger als 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner erfolgen und damit eine Rückverfolgung der Ansteckungswege durch die Gesund- heitsämter wieder möglich ist. In einigen Regionen liegen wir vermutlich auch dann, wenn die Infektionszahlen in der kommenden Woche wieder verlässlicher sind, bereits jetzt unter diesem Wert. In anderen Kreisen wird er relativ schnell zu erreichen sein. Aber teilweise ist es eben noch ein sehr weiter Weg. Und – auch wenn das Gefühl anders sein mag – weil es diese „Corona-Normalität“ nun schon seit 10 Monaten gibt: Mit jeder Verlängerung oder sogar Verschärfung der Maßnahmen steigen die Ansprüche an Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Effektivität. Jeder Eingriff in Freiheitsrechte muss begründet werden, angemessen und maßvoll sein. Auch die Belastungen durch die Einschrän- kungen nehmen mit der Zeit zu, für einige werden sie schier unerträglich. Auch das gefährdet die Akzeptanz. Und darauf kann man politisch unterschiedlich reagieren. Die Populisten wählen den einfachsten Weg, indem sie das Virus wahlweise komplett leugnen oder die Maßnahmen in Gänze verdammen. Das ist unverantwortlich. Dem Populismus müssen wir uns weiterhin entgegenstellen – Wir haben in dieser Nacht und den Bildern aus Washington gesehen, wohin das führen kann.
Meine Fraktion hat von Beginn an darauf gesetzt, stattdessen diejenigen in den Blick zu nehmen, die von der Krise besonders betroffen sind. Das sind Menschen, die besonders hart oder unter erschwerten Bedingungen arbeiten müssen. Menschen, die gerade nicht arbeiten können und um ihre Existenz bangen. Es sind nach wie vor die Menschen in Heimen und die, deren Einsamkeit uns bei allem Corona- Management nicht entgehen sollte. Und es sind vor allem auch die Familien, die durch die erneute Verschärfung der Kontaktregeln und die Schließung von Schulen und Kitas besonders betroffen sind. Zum Thema Schule und zu unserem Antrag dazu wird mein Kollege Martin Habersaat später sprechen. Wir erwarten von Frau Ministerin Prien heute klare Antworten darauf, wie sie sich den weiteren Verlauf des Schuljahres 2020/2021 vorstellt und wie beispielsweise durch eine verlässliche Corona-Inzidenzampel Eltern, Schülerinnen und Schülern und Lehrerschaft Planungssicherheit gegeben werden kann. Die Begrenzung auf eine weitere Kontaktperson wird für jüngere Kinder in vielen Fällen bedeuten, dass im gesamten Januar keine Treffen mit Freunden möglich sind. Das ist ein harter Einschnitt.


2 Es ist gut, dass die Landesregierung unseren Vorschlag aufgegriffen hat, die Regelungen so zu modifizieren, dass bei Kindern unter 14 und der Pflege von Angehörigen kein zusätzliches Betreuungsproblem entsteht.
Für die nun kommenden Wochen braucht es aber noch eine praktikable Regelung der Notfallbetreuung. Die Familien werden ohnehin stark genug belastet sein. Es kann nicht sein, dass sie sich in dieser Zeit mit hochbürokratischen Nachweisen ihrer Systemrelevanz rumärgern müssen. Leider gibt es bei diesem Punkt nach den Erfahrungen aus der Woche vor Weihnachten immer noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Herr Ministerpräsident, es ist wie bei der Schulbusfrage: Geben Sie sich einen Ruck zu Gunsten der Familien. Der Grundsatz muss sein: Wer Betreuung wirklich benötigt, der bekommt sie. Und in dieser Deutlichkeit muss sich das auch in der Landesverordnung wieder finden, so wie das unsere Nachbarn aus Mecklenburg-Vorpommern praktizieren. Klar muss auch sein, dass die Elternbeiträge für die Kitas und die Betreuung in der Schule so lange übernommen werden, wie es Betretungsverbote gibt. Es ist gut, dass die Koalition diese Forderung von uns aufgenommen hat – zumindest für den Januar. Wir retten mit Milliardensummen die Wirtschaft, da dürfen wir die Familien nicht im Regen stehen lassen. Beide Punkte sind Teil des Antrags, den meine Fraktion vorgestern eingebracht hat.
Die Konferenz der Ministerpräsidenten hat sich am Dienstag darauf verständigt, pro Elternteil einen Anspruch auf zehn zusätzliche Tage Kinderkrankengeld einzuführen. Diese Entlastung ist wichtig, weil wir von niemandem erwarten können, in Anbetracht der Unsicherheiten des Jahres schon jetzt den Jahresurlaub für Kinderbetreuung zu verbrauchen – dieser Vorschlag kam ja bereits vor Monaten von unserer Landesvorsitzenden Serpil Midyatli. Nach Monaten der Belastungen wäre es heute allerdings noch besser gewesen, keine – zudem komplizierte - Behelfsbrücke zu bauen, sondern zusätzliche Urlaubstage für die Eltern einzuführen – das ist leider einmal mehr bisher am Widerstand der Union gescheitert.
Ich teile im Übrigen den Unmut vieler Familien, dass im Privaten harte und einschneidende Regeln greifen, aber nach wie vor in vielen Betrieben business as usual stattfindet. Wir bekommen noch immer Rückmeldungen, dass Firmen Homeoffice verweigern, selbst da, wo es leicht umsetzbar wäre. Leider hat die Union weitergehende Vorschläge von Hubertus Heil blockiert. Im Privaten greifen strenge Regelungen, bei den Betrieben setzen wir auf Freiwilligkeit und Appelle.



3 Dabei kann es nur bleiben, wenn die Arbeitgeber flächendeckend ihren Teil beisteuern. Vielleicht sollten Sie, Herr Ministerpräsident oder Herr Minister Buchholz, darüber mit der Wirtschaft des Landes einmal ernsthaft sprechen. Das ist übrigens auch eine Frage der Solidarität gegenüber den Unternehmen, die durch den Lockdown komplett geschlossen sind und in deren Interesse und den damit verbundenen Arbeitsplätzen wir diese Zeit möglichst kurz halten müssen.
Die Nachricht über die sensationellen Erfolge von Wissenschaft und Forschung bei der Impfstoffentwicklung Ende des vergangenen Jahres hat uns begeistert und hoffnungsvoll gestimmt. Gestern wurde mit Moderna ein zweiter Impfstoff in der EU zugelassen. Die Impfungen sind unser bestes Instrument – ja, eigentlich der einzige erfolgversprechende Weg, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Unser gemeinsamer Appell an die Bevölkerung muss sein: Nehmen Sie die Möglichkeit zur Impfung wahr! Es geht nicht nur um den eigenen Schutz oder um die eigene Gesundheit. Sondern es geht darum, gemeinsam als Gesellschaft gegen das Virus immun zu werden und damit auch diejenigen zu schützen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Das gilt erst recht für die, die eine besondere Verantwortung dafür haben, mit dem eigenen guten Beispiel Mitbürgerinnen und Mitbürgern ihre Ängste zu nehmen: Ärzte und Pflegekräfte, Politikerinnen und Politiker, Menschen mit Popularität und gesellschaftlicher Vorbildfunktion. Machen Sie mit, lassen Sie sich impfen, wenn Sie dran sind und werben Sie dafür, dass andere Ihrem Beispiel folgen.
Leider war der Impfstart in den vergangenen Tagen holpriger als wir es uns gewünscht hätten. Vieles spricht dafür, dass in Deutschland die Versorgung mit Impfstoff nicht dem entspricht, was möglich gewesen wäre. Es ist sicher nicht die Zeit für Untersuchungsausschüsse und parteipolitische Manöver – dem habe ich sicherlich in den letzten Wochen hier auch nicht das Wort geredet, aber Gesundheitsminister Spahn wird dringend die Fragen beantworten müssen, die ihm eine Reihe von Bundesländern gestellt haben. Es kann nicht sein, dass in Deutschland nicht genug Impfstoff bereitgestellt wird, um die Bevölkerung schnellstmöglich zu impfen.
Und es ist schon dreist, jede kritische Nachfrage mit dem vorgeschobenen Argument angeblich mangelnder europäischer oder gar internationaler Solidarität zu kontern. Wenn die SPD hinterfragt, ob und wie eine bessere Vorbereitung möglich gewesen wäre, dann ist das in keiner Weise die Abkehr von gemeinsamer europäischer Politik. Lesen Sie mal das durchaus zurückhaltende Interview im Spiegel mit den Biontech-Gründern Özlem Türeci und Uğur Şahin.


4 Dann wissen Sie selbst, dass die Kritik an unsere Adresse überflüssig, aber die Fragen an Herrn Spahn umso berechtigter sind, die im übrigen selbst von Herrn Brinkhaus gestellt werden.
Wir Sozialdemokraten stellen ganz gewiss nicht in Frage, dass der Globale Süden am Ende nicht der Verlierer eines Bieterwettbewerbs der Industrienationen sein darf, der Bundespräsident hat darauf zu Recht hingewiesen. Aber Beispiele wie das von Kanada zeigen doch, dass eine deutlich bessere Impfstoffversorgung der eigenen Bevölkerung und die Wahrnehmung der internationalen Verantwortung kein Gegensatz sind. Ich bin mir sicher, auch die Kanzlerin wird gewiss ihre Gründe gehabt haben, bei der Impf- thematik jetzt selbst die Verantwortung zu übernehmen – es ist zumindest ein gutes Zeichen, dass schnellstmöglich die zusätzliche Produktion von Impfstoff in Angriff genommen werden soll.
Wir stehen im Land als Opposition seit über einem dreiviertel Jahr bei allen notwendigen Schritten an der Seite der Landesregierung, haben vieles initiiert, manches mitgetragen und bei weitem nicht alles kritisiert, was eine Opposition in normalen Zeiten kritisiert hätte. Aber es bleibt unsere Aufgabe, Missstände klar zu benennen. Und – bei aller Wertschätzung, lieber Herr Minister Garg, die ich Ihnen in den letzten Monaten oft bekundet habe, wir sind überzeugt, dass Schleswig-Holstein derzeit bei der Organisation der Impftermine auf keinem guten Weg ist. Ich will gar nicht damit anfangen, dass in Teilen von Stormarn und Lauenburg online keine Termine vereinbart werden konnten, weil die Postleitzahlen vom System nicht akzeptiert wurden. Und ich will auch nicht lange darüber sprechen, dass im Hamburger Umland Terminvereinbarungen über die 116 117 teilweise daran scheitern, dass wegen Vorwahl oder Standort vom System in das Hamburger Service-Center weitergeleitet wird. Vielleicht haben kritische Stimmen aus der betroffenen Region nicht ganz unrecht mit dem Hinweis, dass das mit Kieler Vorwahlen oder Postleitzahlen womöglich nicht passiert wäre. Die Anzahl der Beschwerden, die teilweise abstrusen Schilderungen im Umgang mit älteren Menschen, aber auch die Rückmeldungen von Landräten und aus Kreisgesundheitsämtern zeigen, dass es auch anders gehen muss. Meine Fraktion findet es falsch, dass die Landesregierung auf ein Windhundverfahren setzt, bei dem derjenige einen Termin bekommt, der am längsten in der Warteschlange der Hotline durchhält. Oder der mit Hilfe von Familie oder Nachbarn innerhalb des kurzen Zeitfensters von weniger als einer halben Stunde online einen der knappen Termine erringen konnte.



5 Das Durchforsten von Internetseiten, der Kampf gegen abstürzende Plattformen, der geschickte Umgang mit QR-Codes – all das mag dafür geeignet sein, in Pandemiezeiten Wahlen für ein Studentenparlament zu organisieren, es taugt kaum für flächendeckende Impfaktionen hochbetagter Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Rückmeldungen zeigen in aller Deutlichkeit: Dieses Verfahren sorgt für enormen Frust und es gefährdet die Impfbereitschaft. Einmal bittet der 87-Jährige seinen Nachbarn vielleicht, ihm online einen Termin zu organisieren, beim zweiten oder dritten Mal ist die Hürde sehr viel größer. Zumal die Rückmeldung des Systems, sobald keine Termine mehr vorhanden sind, wenig hilfreich ist. Die betroffenen Personen müssen selber im Blick behalten, wann erneut Termine zur Verfügung stehen.
Es ist absolut klar, dass nicht jeder sofort geimpft werden kann. Die verfügbare Menge des Impfstoffes gibt die mögliche Zahl der Termine vor. Aber gerade darum wäre es so wichtig, Frust zu vermeiden und klar zu kommunizieren: Ihr werdet eingeladen, wenn es an der Zeit ist. Dann bekommt Ihr über eine ausreichend besetzte Hotline einen Termin, dann werdet Ihr geimpft. Damit würde man im Übrigen auch diejenigen sehr viel besser erreichen, die nicht jeden Tag die Zeitung lesen. Herr Ministerpräsident, das ist genau das Verfahren in Mecklenburg-Vorpommern und es funktioniert! Alternativ – auch das wäre eine Verbesserung – sollte zumindest die Möglichkeit für eine Online-Registrierung bereitgestellt werden, damit Senioren einmal angemeldet werden können und dann per Post die Einladung zum Impftermin erhalten, das hätte auch den Vorteil, dass der Anamnese- und Aufklärungsbogen mitgeschickt werden könnte, der derzeit noch sehr oft in den Impfzentren ausgefüllt werden muss.
Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass auch bei den mobilen Impfungen noch Verbesserungsbedarf besteht. Es sorgt in den Heimen für Kopfschütteln, wenn ein Team kommt, die über 80-Jährigen impft und das Pflegepersonal und die 79-Jährigen ungeimpft zurückbleiben. Da haben nicht nur wir große Zweifel an der Effektivität. Dasselbe gilt bei Seniorenwohnungen an stationären Einrichtungen und der gleichzeitigen Impfung von Pflegebedürftigen mit ihren pflegenden Angehörigen. Ich will nicht falsch verstanden werden: Die Organisation der Impfungen ist eine Mammutaufgabe. Und wir sind erst ganz am Anfang. Und es gibt nicht nur Kritik, sondern auch Lob: Zumindest nach unserem Eindruck ist Schleswig-Holstein beispielsweise bei den Impfungen in den Krankenhäusern besser davor als andere Länder.


6 Aber was die Vergabe der Termine und die mobilen Impfungen in Einrichtungen angeht, gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf und auch das ist Teil unseres Antrags, den wir heute eingebracht haben. Und auch hier appelliere ich an die Regierungskoalition, nicht zu bestreiten, dass es Probleme gibt, sondern mit uns an deren Lösung zu arbeiten.
Die Verlängerung des Lockdowns ist auch eine erneute Belastung für unsere Wirtschaft nach einem schweren vergangenen Jahr. Die bisherigen Hilfen haben vielen Unternehmen geholfen und sind in ihrer Höhe beispiellos. Gleichwohl gibt es noch immer Hinweise, dass Zahlungen auf sich warten lassen oder Lücken bei der Förderung bestehen. Es bleibt unerlässlich, dass die Hilfen schnell und unbürokratisch fließen. Der Preis dafür mag an der einen oder anderen Stelle eine höhere Missbrauchsanfälligkeit sein. Aber es ist trotzdem richtig, nicht diejenigen im Regen stehen zu lassen, die jetzt Hilfe brauchen, sondern im Nachhinein konsequent gegen diejenigen vorzugehen, die glauben, aus der Krise ihren persönlichen Gewinn schlagen zu können.
Nach wie vor sind die Zahlen in Schleswig-Holstein – bei aller Unsicherheit – niedriger als im Bundesschnitt. Das mag zum Teil unser eigenes Verdienst sein, vielleicht ist es auch Glück. Anlass zur falschen Selbstsicherheit bietet es ganz sicher nicht. Noch im Herbst wollten wir Menschen, die aus Regionen mit vergleichbar hohen Inzidenzen kamen, den Urlaub bei uns im Land untersagen – das hilft vielleicht bei der Einordnung. Die kommenden Wochen werden den Menschen im Land noch einmal viel abverlangen. Es liegt an uns allen, welchen Erfolg die Maßnahmen haben. Wenn zu viele nach dem persönlichen Schlupfloch bei den Regeln suchen, wird der Weg zu niedrigeren Zahlen ein weiter sein. Wir müssen an die Bürgerinnen und Bürger appellieren: Vermeiden Sie Kontakte, wo immer es geht! Und umgekehrt gilt, dass Regeln die erlassen werden, konsequent umgesetzt werden müssen – deswegen sind wir übrigens gut beraten, nur das auf den Weg zu bringen, was wir auch wirklich für umsetzbar halten. Verordnungen, die mit einem Augenzwinkern gemeint sind, helfen niemandem. Und natürlich hat Politik die Verantwortung, weiter als bis zum nächsten Tag zu denken. Es ist leicht, auf die Verantwortungslosigkeit der Menschen zu schimpfen, die zum Beispiel trotz Corona an den Wochenenden kurz nach den ersten Schneeflocken massenhaft in die Winter- sportgebiete strömen. Aber man kann eben auch fragen, warum die Politik in den betroffenen Ländern offenbar nichts aus den Erfahrungen gelernt hat, die wir hier an der Küste im Sommer mit Tagestourismus hatten. Dann hilft eben auch die lauteste Forderung nach Ausgangssperren nicht weiter. Ob der 15-


7 Km-Vorschlag wirklich taugt und ob solche Mobilitätseinschränkungen verfassungsmäßig sind, darf man bezweifeln. Dass die MPK kurz nach ihrem Treffen wie ein Hühnerhaufen wirkt, hilft uns wirklich nicht, die Aufgabe zu bewältigen, die vor uns steht. Eine Corona-Inzidenzampel, bei er klar ist, wann welche Maßnahme erfolgt, wäre sicher sinnvoller als die Kraftmeierei mancher öffentlicher Stellungnahmen, die im übrigen oft im diametralen Gegensatz zu den regionalen Infektionszahlen steht. Es ist richtig, dass wir heute als Landtag zusammenkommen, um über die Ergebnisse der Länder-Beratungen zu diskutieren. Und ja, vielleicht müssen wir auch bald darüber reden, als Parlament für gesetzliche Grundlagen zu sorgen, wie uns das die Wissenschaft empfiehlt. Lassen Sie mich zum Schluss einen Satz von Yehudi Menuhin zitieren: „Freiheit ist nicht Freiheit zu tun, was man will; sie ist die Verantwortung das zu tun, was man tun muss.“ Dieser Verantwortung sollten wir uns in diesem Hause bewusst sein. Es liegt vieles vor uns. Aber wir können das schaffen.



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