Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
25.03.21
10:33 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 3: Das Haus gewinnt immer, der Spieler verliert immer

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 25. März 2021
Dr. Kai Dolgner: Das Haus gewinnt immer, der Spieler verliert immer TOP 3: Gesetz zum Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Drs. 19/2816, 19/1986, 19/2650) "La maison gagne toujours", "Das Haus gewinnt immer" - ist eine Weisheit, die so alt ist wie die Spielcasinos selbst "Der Spieler verliert immer," ist der bittere Umkehrschluss.
In der Anhörung war das Argument zu hören, man könne eh nichts machen, dem Menschen sein nun einmal der Spieltrieb innewohnend. Richtig ist, dass Menschen einen angeborenen Spieltrieb, aber eben keinen angeborenen Glücksspieltrieb haben. Das kann nicht überraschen, denn Geld oder geldähnliche Objekte gibt es erst in den letzten 2% der bisherigen Existenz des homo sapiens. Es ist der Nervenkitzel des Risikos und das Belohnungssystem des Gehirns, das eigentlich dazu dienen sollte z.B. eine erfolgreiche Nahrungssuche zu wiederholen, dass zu endlosen Wiederholungen anstachelt. Gerade größere Anfangsgewinne erzeugen die Illusion, man könne halt doch das System schlagen.
Spielsysteme, heiße Tipps in ebooks, die für teures Geld verkauft werden und gleichzeitig auch noch die links zu den Onlinecasinos enthalten, fördern diesen gefährlichen Trugschluss. Punktsysteme, Jetons und alle anderen Mechanismen, die den Spieler vom echten Wert des Geldes ablenken tun ein Übriges. Das alles soll die Spieler darüber hinwegtäuschen, dass er dauerhaft nicht gegen die Statistik gewinnen kann. In der Forschung wird das "Magisches Denken" genannt und manchmal habe ich den Eindruck, dass das nicht nur bei den selbsternannten Querdenkern verbreitet ist. Ein Studienkollege hat Roulette einmal "Die Rache der Mathenerds" genannt.
Gegen diese Mechanismen, die schließlich zur Sucht führen können, ist niemand gefeit, auch wenn in der Anhörung behauptet wurde, ab einem gewissen Einkommen bzw. sozialen Status sei das kein Problem. Weder Status noch Intelligenz ist ein Bollwerk gegen die Spielsucht. Selbst Dostojewski, der in seinen großartigen Romanen die Psychoanalytik vorweggenommen hat, konnte zwar einen Roman über die Spielsucht schreiben, sich aber zeitlebens nicht aus ihr

1 befreien. Warum erzähle ich Ihnen das? Weil die Befürworter der Liberalisierung als Hauptargument immer angeführt haben, dass man durch die Liberalisierung einen Weißen Markt erschaffen könnte und die dortigen Anbieter dann auch ausreichend für den Schutz vor den Suchtgefahren sorgen würden. In der Anhörung hörte sich das dann aber ganz anders an. Praktisch jedes Instrument, das im Staatsvertrag dem Spielerschutz dienen könnte, wurde in Frage gestellt mit dem Hinweis, dann sei man ja gegenüber dem Schwarzmarkt nicht mehr konkurrenzfähig. Nehmen wir zum Beispiel die Beschränkung bei der Werbung. Schon die Tabakindustrie hatte jahrzehntelang wider besseres Wissen argumentiert, dass mit Werbung nur Markanteile verschoben würden, aber keine neuen Raucher generiere. Genauso wurden Limitdatei, Aktivitätsdatei, Pflichtwartezeiten, alles was den oben beschriebenen Prozesse zur Entwicklung einer Spielsucht entgegenwirken soll, angegriffen. Lediglich die Sperrdatei fand eine gewisse Gnade. Wenn jemand sich aber in eine Sperrdatei eintragen lässt, dann ist die Sucht längst eingetreten und er ist übrigens wirtschaftlich auch gar nicht mehr interessant. Aber nun wissen wir, wohin die Reise gehen soll. Nach dem Staatsvertrag ist vor dem Staatsvertrag. Mit dem Generalargument des Schwarzmarktes wird die Lobby alles daransetzen, auch die letzten Präventionsinstrumente des Staatsvertrages zu zernagen. Sie haben damals in Schleswig-Holstein bewusst die Tür geöffnet, die Anbieter haben ihren Fuß in den Spalt gesetzt und werden alles dafür tun, die Tür ganz aufzustoßen. Ich hatte Ihnen schon im letzten Frühjahr bei Ihrem euphorischen Begrüßungsantrag prophezeit, dass die anderen Bundesländer Schleswig-Holstein dafür sicher nicht auch noch belohnen werden. Deshalb kommt die gemeinsame Aufsichtsbehörde natürlich auch nicht nach Schleswig- Holstein. Das Haus gewinnt immer, der Spieler verliert immer. Wir werden dem Staatsvertrag nicht zustimmen.“



2