Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
19.05.21
16:25 Uhr
CDU

Tobias von der Heide: TOP 18: Wichtiges Thema, um Rassismus und Diskriminierung zukünftig zu vermeiden

Kolonialgeschichte | 19.05.2021 | Nr. 162/21
Tobias von der Heide: TOP 18: Wichtiges Thema, um Rassismus und Diskriminierung zukünftig zu vermeiden Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
in Schleswig-Holstein haben wir in dieser Legislaturperiode angefangen uns intensiver mit dem Thema Kolonialismus zu beschäftigen. Das ist mit Sicherheit auch ein Verdienst des SSWs und seiner großen Anfrage zu dem Thema. Bei einer umfassenden schriftlichen sowie mündlichen Anhörung im Bildungsausschuss haben wir gesehen, dass das Thema vielfältig und komplex ist.
Und Schleswig-Holsteins „Kolonialgeschichte“ ist besonders komplex. Bis 1864 agierten Schleswig-Holsteiner als Angehörige des dänischen Gesamtstaaten in den dänischen Kolonien in Indien, Afrika und in der Karibik. Teilweise hatten sie dort sogar Grundbesitz und hielten sich Sklaven. Andererseits war Schleswig-Holstein mit seinen Häfen und Institutionen ab 1871 eng in die kolonialen Bestrebungen des Deutschen Kaiserreichs eingebunden. Wir haben also – wenn man so will – eine doppelte koloniale Vergangenheit.
Es geht bei der Aufarbeitung und der notwendigen Debatte um Themen wie die Provenienzforschung, wo in den schleswig-holsteinischen Museen schon Anfänge gemacht worden sind. Gerade das vom Bund finanzierte Projekt „Zwischen Kolonialismus und Weltoffenheit“ hat einen wichtigen Grundstein für eine museale und forschungsrelevante Vernetzung geschaffen. Wir befinden uns in Schleswig- Holstein in einer ersten grundlegenden Aufarbeitungsphase. Klar ist heute schon, dass noch weitere Schritte folgen müssen.
Es geht um den Umgang mit der Kolonialgeschichte bei der Fortbildung von Lehrkräften und der Behandlung im Schulunterricht. Das IQSH bietet Angebote an. Aber reichen diese Angebote aus, um das Thema angemessen zu würdigen?
Und es geht natürlich immer wieder um die Benennung von Straßen und Orten sowie Denkmälern mit belasteten Namen und Persönlichkeiten, die für intensive Kontroversen sorgen. Denn bei Persönlichkeiten wie Winston Churchill, Otto von Bismarck oder Konrad Adenauer, ist die Beurteilung allein mit dem Blick auf die

Seite 1/2
Kai Pörksen (Pressesprecher) | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Verbindung zum Thema Kolonialismus sehr verkürzt und wird ihren Lebensleistungen wahrscheinlich nicht gerecht. Mit Sicherheit, es gibt auch eindeutigere Beispiele. Es bleibt aber immer das Problem, das Kolonialismus ein Teil unserer Geschichte ist. Aber hat das Vertilgen von Straßennamen und Denkmälern nicht immer zur Folge, dass dieser schwierige Teil unserer Geschichte aus der sichtbaren Öffentlichkeit verdrängt wird. In der Anhörung im Bildungsausschuss wurde berichtet, dass die Kieler Gruppe Postkolonialismus gerade wegen umstrittener Straßennamen für dieses Thema durch Stadtspaziergänge ein Bewusstsein schafft.
Und: das finde ich, ist für die Politik am wichtigsten. Es geht darum als Staat für die Vergangenheit auch klar und eindeutig Verantwortung zu übernehmen. Ein sehr wichtiger Schritt in diesem Prozess ist in der vergangenen Woche bekannt geworden. Nach 6 Jahren Verhandlungen hat sich Deutschland mit Namibia auf ein Abkommen zur Wiedergutmachung deutscher Kolonialverbrechen verständigt. Bereits im Juli 2019 hat unser Ministerpräsident Daniel Günther bei seinem Besuch in Namibia das ausgesprochen, was Jahrzehnte nicht anerkannt wurde. Die deutschen Kolonialtruppen haben einen Völkermord - einen Genozid - an den Herero und Nama verübt. Und genau das wird jetzt schriftlich in einer Vereinbarung von den Außenministern beider Länder festgehalten und in 2 Wochen in Namibia unterschrieben. Unser Bundespräsident Frank Walter Steinmeier wird zu einem Festakt im namibischen Parlament kommen, um dort offiziell um Entschuldigung zu bitten. Ein überfälliger Schritt, der nun nach über 100 Jahren nach den grausamen Verbrechen endlich vollzogen wird. Es wurde Zeit!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe jetzt nur Schlagworte nennen können. Wir sehen daran, die Aufarbeitung unserer Kolonialgeschichte ist komplex!
Wir werden den Antrag in den Ausschuss überweisen. Ich will jetzt schon einmal sagen, dass ich mir sehr unsicher bin, ob ein Runder Tisch in der Lage sein wird, dieses so vielschichtige und breite Thema angemessen zu bearbeiten.
Und ich finde auch wichtig, dass wir dieses Thema nicht nur in der Vergangenheit denken. Als Jamaika-Koalition haben wir sehr bewusst das Thema Kolonialismus auch als Handlungsthema in den Aktionsplan gegen Rassismus aufgenommen. Auch mit dem Gedanken, dass es nicht alleine um die Aufarbeitung der Vergangenheit gehen kann, sondern auch um die Frage, wie wir Rassismus und Diskriminierung im hier und jetzt und in der Zukunft verhindern können.
Danke für die Aufmerksamkeit.



Seite 2/2
Kai Pörksen (Pressesprecher) | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de