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16.06.21
10:53 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 6,24,38,39+59: Mutlos. Kraftlos. Rückwärtsgewandt.

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 16. Juni 2021
Martin Habersaat: Mutlos. Kraftlos. Rückwärtsgewandt. TOP 6,24,38,39+59: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes mit weiteren Anträgen und einem Bericht (Drs. 19/2679, 19/3091, 19/3066, 19/3100, 19/3101, 19/3060 „Der Landtag verabschiedet heute die vermutlich letzte Novellierung des Schulgesetzes in dieser Legislaturperiode, in der es an größeren und kleineren Änderungen wahrlich nicht gefehlt hat. Gefehlt hat es bei dieser Novelle an Beratungszeit und an Mut, die wichtigen Themen anzupacken. Nachdem die Jamaika-Koalition ihren Änderungsantrag mit dürftigen Konsequenzen aus der Anhörung sehr kurzfristig vorgelegt hat und eine gründliche Beratung ihrer Vorschläge in der regulären Sitzung des Bildungsausschusses nicht möglich war - nicht einmal eine Beratung unserer Vorschläge, die wir rechtzeitig vorgelegt hatten - sollte es die Sitzung heute Morgen um 9.00 Uhr richten. Dieselbe Koalition hat dann allerdings im Ältestenrat darauf bestanden, die Schulgesetznovelle heute um 10 Uhr im Landtag aufzurufen. Das veranlasste selbst die leidensfähige und vieles möglich machende Landtagsverwaltung zu -berechtigter!- Kritik, weswegen wir zwar jetzt debattieren, aber irgendwann später abstimmen.
Die Anzuhörenden hatten übrigens wenig Kritik an den Änderungen, die die Koalition in diese Novelle hineingeschrieben hat. Die Kritik konzentrierte sich auf die Punkte, die nicht drinnen stehen. Die Elternvertretungen hatten gehofft, jahrelange Debatten um eine Verbesserung ihrer Arbeitsmöglichkeiten konstruktiv abzuschließen und fühlen sich nun vor den Kopf gestoßen. Alle Anzuhörenden hatten in überwältigender Mehrheit Regelungen zum Digitalunterricht eingefordert. Und das wäre ja auch eine sinnvolle Konsequenz gewesen nach zwei Jahren Corona. Stattdessen hat die Koalition sehr viel Arbeit auf Semantik vergeudet. Bildungsideologisch ist es ihr besonders wichtig, den Begriff der Pädagogik wieder aus dem Schulgesetz zu tilgen und ihn durch Bildung und Erziehung zu ersetzen. Konkret werden dann die Disziplinierungsmöglichkeiten gegen Schüler*innen ausgeweitet – viel mehr fällt Ihnen zur Erziehung nicht ein. SPD und SSW werden sich an diesem Punkt nicht verkämpfen; wir kümmern uns lieber darum, Konsequenzen aus zwei Corona-Schuljahren zu ziehen. Wir wollten Erreichtes sichern und neue Entwicklungen ermöglichen. Diese Schulgesetznovelle wäre eine Chance gewesen, einen klaren

1 rechtlichen Rahmen für den Unterricht zu schaffen, der nicht im Klassenzimmer stattfinden kann. Wir haben dazu einen Vorschlag gemacht, der für Schüler*innen und Lehrkräfte klar festgelegt hätte, dass der Distanzunterricht Teil der Schulpflicht bzw. Teil der Dienstpflicht ist und der zugleich Land und Schulträger in die Pflicht genommen hätte, den Schüler*innen und den Lehrkräften die tatsächlichen Möglichkeiten an die Hand zu geben, diesen Verpflichtungen nachzukommen. Natürlich freuen wir uns alle, dass jetzt Präsenzunterricht wieder möglich ist. Aber die Laptops dürfen doch jetzt nicht wieder im Klassenschrank verschwinden! Unsere Regelung hätte den Schulen die Möglichkeit gegeben, die vielerorts sehr positiven Erfahrungen zum Wechselunterricht zu vertiefen, bei digitalen Angeboten zu kooperieren oder im Einzelfall eben doch einmal in Distanz zu arbeiten - vielleicht gemeinsam mit einer Partnerschule im Ausland. Erfahrende Lehrkräfte wissen: Was im Ernstfall funktionieren soll, muss vorher geübt sein.
Der Beitrag von CDU, FDP und Grünen zu diesem Thema lautet: „Zur Erfüllung ihres Auftrags kann die Schule auch zur Verfügung stehende digitale Medien und Werkzeuge, insbesondere digitale Lehr- und Lernsysteme und Netzwerke, nutzen.“ Donnerwetter. Die Schule kann auch digitale Medien nutzen. Aber nur, wenn diese auch zur Verfügung stehen. Willkommen im Jahr 2021. Und so geht es weiter: „Im besonderen Bedarfsfall können digitale Lehr- und Lernformen an die Stelle des Präsenzunterrichts treten, wenn der Schule sowie Schülerinnen und Schülern digitale Lehr - und Lernmittel zur Verfügung stehen.“ Ja, und wenn nicht, is‘ halt schade… Anpacken statt rumschnacken? Gilt bei der CDU nur im Wahlkampf. Digital first? Nur, wenn die FDP es nicht in die Tat umsetzen muss.
SPD und SSW haben aus der umfangreichen mündlichen und schriftlichen Anhörung eine ganze Reihe von Anmerkungen aufgenommen, die Digitalisierung betreffend, auch solche, die die Elternarbeit an den Schulen gestärkt hätten. Dazu gehört für uns besonders die Forderung, den Landeselternvertretungen die Möglichkeiten einer Geschäftsführung an die Hand zu geben. Es geht hier nicht um Riesensummen, aber die Aufgaben der Eltern- und Schüler*innenvertretungen ist seit Beginn der Pandemie nun einmal anspruchsvoller und zeitraubender geworden. Es geht um mehr Demokratie und um eine Stärkung derer, die wir als wertvolle Berater*innen wahrnehmen sollten! Sie wollen das alles nicht oder Sie trauen sich nicht, das zu wollen. Deshalb lehnen wir Ihren mutlosen Gesetzentwurf heute ab. Aber wir können auch konstruktiv und haben Ihnen unseren Antrag heute noch einmal mitgebracht! Immerhin leugnen Sie die Bedeutung der Digitalisierung nicht, sondern wollen einen „strukturierten und moderierten Prozess zur Ausgestaltung der digitalen Schule“ starten. Schade, dass der nicht schon längst läuft. Meine Damen und Herren, wir sind 11 Monate vor Ende der Legislaturperiode und nicht am Anfang. Jetzt muss mal Schluss damit sein, immer



2 anderen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, dass nichts passiert. Dafür können wir Ihnen heute keine Absolution erteilen, indem wir diesem Antrag zustimmen.
Einen Pakt für mehr Schulsozialarbeit wollten Sie zwar nicht - wir erinnern uns an die denkwürdige Debatte von letztem Monat - aber ein Konzept gegen Absentismus dann doch. Vermutlich, weil das Schreiben eines Konzepts zunächst kostengünstiger ist als die Umsetzung eines solchen. Das kommt zu spät, wir kennen ja die Fristen, mit denen sie solche Berichte regelmäßig überziehen. Die Schulassistenzkräfte mussten Jahre (!) auf eine zugesagte Aussage zu ihrer Zukunft warten. Wir werden den Fortschrittsbericht zur Digitalisierung an den Schulen gern im Ausschuss vertieft diskutieren. Der Titel hat sich von Günter Grass inspirieren lassen, der sagte, der Fortschritt sei eine Schnecke. Jedenfalls warten die Lehrer*innen weiter auf ihre dienstlichen Laptops. Im Februar lag alles auf dem Tisch, bis heute sind die Geräte nicht bestellt. Herr Köller wirbt regelmäßig für tutorielle Systeme - in den Bericht verirren sie sich nicht. Überhaupt, der Bericht: Es geht nicht um Technik, sondern darum, was wir mit der Technik machen. Es darf nicht sein, dass die Geräte nach Corona wieder im Schrank verschwinden. Die Digitalisierungs-Offensiven dieser Regierung erschöpfen sich in dem Satz: „Bund, mach mal!“ Und parallel werden dann von den Kommunen so hohe Zuzahlungen verlangt wie nirgendwo sonst in Deutschland. Das reicht nicht!“



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